Der Artikel 20 des Grundgesetzes, Absatz 2, regelt deutlich, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. „Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“ Unter Volk wird in diesem Zusammenhang laut Grundgesetz das „deutsche Volk“ verstanden, das sich „kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben“ hat.
Vom deutschen Volk wurde die Kommission des Rates der EU nicht gewählt, weder seine Kommissare noch sein Kommissionspräsident, weder Jean-Claude Juncker, noch Franz Timmermans, auch nicht Günther Oettinger. Ihre demokratische Legitimation ist mehr als fraglich. Diese Tatsache hindert die Kommission nicht in ihren Bemühungen, immer mehr Macht an sich zu ziehen, sich Schritt für Schritt zu einer – nicht gewählten – Regierung eines europäischen Zentralstaates aufzuschwingen.
Der neuerdings um die Wahrheit bemühte Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker, der früher allerdings das Motto vertrat: „Wenn es ernst wird, muss man lügen“, plant nach einem Bericht der WELT einen neuen Coup. Getreu seiner Maxime: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt“, besteht das Ziel seines jüngsten Vorstoßes in der Entmachtung der nationalstaatlichen Parlamente zugunsten der Brüsseler Bürokratie, was das deutsche Grundgesetz praktisch außer Kraft setzt, denn die Staatsgewalt ginge dann nicht mehr vom deutschen Volk aus, das seinen Willen in Wahlen zum Ausdruck brächte. Denn wo hat das deutsche Volk seinen Willen in der Besetzung der EU-Kommission zum Ausdruck gebracht?
Dieselbe EU-Kommission will nun demokratische Hindernisse schleifen, indem sie das Prinzip der Einstimmigkeit abschafft. Nun ist dieses Prinzip jetzt schon wie ein Schweizer Käse voller Löcher, denn es gilt beispielsweise nicht für die Fragen des Handels. Nun soll laut Bericht der WELT das Prinzip der Einstimmigkeit auch auf dem Gebiet „der Sozial- und Steuerpolitik von Grund auf“ verändert und durch das Prinzip der Mehrheitsentscheidungen ersetzt werden. Damit können die Nordländer gerade in so wichtigen Fragen wie der europäischen Arbeitslosenversicherung, der gemeinsamen Einlagensicherung der Banken, der Digitalsteuer und überhaupt der Erhebung von EU-Steuern von den Südländern und Frankreich überstimmt werden.
Gerade der französische Präsident, der sich nur mühsam im Amt hält und dringend Geld benötigt, hat sich auf die Seite der Südländer geschlagen und attackiert Deutschland wegen seiner Handelsbilanz. Es sei unsolidarisch, dass Deutschland aus dem Handel in der Euro-Zone große Gewinne erzielt, die auf Kosten anderer Länder der Euro-Zone gingen. Das müsse Deutschland kompensieren.
Das ist dreist, dreister jedoch ist, dass deutsche Politiker nicht widersprechen. Die viel beschworene Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft wurde durch die innere Abwertung Deutschlands durch die Hartz-Reformen erzielt. Den Preis für die neue Wettbewerbsfähigkeit haben die deutschen Arbeitnehmer bezahlt, ohne dass sie an den Gewinnen beteiligt worden wären. Die Statistikbehörde Eurostat hat ermittelt, dass die deutschen Bürger bezüglich des Vermögens gar nicht so reich und führend, sondern Mittelmaß sind und noch hinter Ländern wie Portugal oder Spanien liegen. Soviel zu der Propagandalüge vom „reichen Deutschland“.
Wenn die EU-Kommission das Prinzip der Mehrstimmigkeit auch in Fragen der Sozial- und Steuerpolitik durchsetzt, wäre der Weg frei für eine umfassende Umverteilung in der EU, der Erhöhung der ohnehin schon zu hohen deutschen Staatsquote und der Auflösung des Königsrechts des Parlaments, des Haushaltsrechts, der Weg geebnet. Die nationalen Parlamente werden entmachtet zugunsten einer EU-Bürokratie, die immer stärker die Züge einer Oligarchie annimmt, ganz im Sinne eines neuen Establishments, des neuen juste milieus, in anderen Worten der „Neuen Herrschaft“.
Dass die Niederlande und andere Nordländer von diesem Vorstoß nicht erbaut sind, lässt sich denken, doch darf daran gezweifelt werden, dass Deutschland sich diesen Ländern anschließt. Die Grünen hätten es ohnehin gern gesehen, wenn die Bundesrepublik den französischen Vorstellungen der Neuordnung der EU, Reform genannt, nicht nur entgegengekommen wären, sondern sie auch noch überboten hätten. Ging Emanuel Macron bei seinen Überlegungen für ein eigenes Budget eines Euro-Zonen-Finanzministers von 20-25 Milliarden aus, die nicht durch Zuweisungen, sondern durch direkte Steuereinnahmen an den nationalen Parlamenten und Regierungen vorbei eingezogen werden würden, so rechneten die deutschen Grünen sehr zum Schaden der deutschen Bürger mit einem Volumen von insgesamt 110 Milliarden Euro. Auch mit Blick auf die Enteignung und Ausplünderung der deutschen Bürger kennen die Grünen keine Grenzen.
Dieser angestrebte Abbau von Demokratie wird nicht nur hinter dem Rücken der Öffentlichkeit betrieben, sondern er wird versteckt hinter zweifelhaften Studien, die die Hälfte der Bundesbürger entweder als „rechts“ verorten oder behaupten, dass viele Bürger mit der Demokratie unzufrieden seien.
Über die sogenannte Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung sagt man genügend, wenn man erwähnt, dass eine der Autoren der Studie, Beate Küpper, dem Stiftungsrat der Amadeu Antonio Stiftung angehört. In diesem Zusammenhang stellt es keinen Zufall dar, dass die WELT alarmistisch titelt: „Unzufriedenheit über Demokratie am stärksten in Deutschland gewachsen“ und auf eine Studie des Pew Research Centre hinweist. Nun ist auch das Pew Research Center nicht unbedingt über jeden Zweifel erhaben, denn es wird getragen vom The Pew Charitable Trusts, einer Non-Profit-Organisation, oder einer NGO, wenn man so will, die über 600 Mitarbeiter beschäftigt und über ein Budget von 250 Millionen US-Dollar verfügt. Laut Wikipedia „engagiert sich“ die Organisation „unter anderem für den Schutz der Meere, der Umwelt und des Klimas.“ Allerdings hat selbst das Pew Research Center nicht die Unzufriedenheit mit der Demokratie ermittelt, sondern die Unzufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie, wie die WELT selbst im Artikel richtig stellt. Wenn Demokratiedefizite existieren, wie sie auch der renommierte Historiker Heinrich August Winkler für die EU mit Blick auf die Kommission diagnostiziert, dann kann es durchaus Ausdruck eines tiefen demokratischen Verständnis sein, mit dem Funktionieren der Demokratie unzufrieden zu sein. Existiert denn ein größeres demokratisches Engagement, als sich gegen die Einschränkung von Demokratie, gegen Demokratieabbau zu wehren?
Schaut man auf die Fakten, dann drängt sich der Eindruck auf, dass die Demokratie unter dem Deckmantel, die Demokratie zu verteidigen, zugunsten einer Neuen Herrschaft eingeschränkt werden soll. Die EU benötigt, will sie nicht zur Oligarchie werden, dringend das demokratische Korrektiv seiner Mitgliedsländer, darf den Bürger nicht entmündigen und die nationalen Parlamente als höchste Organe der europäischen Einigung nicht in ihren Kompetenzen einschränken.