Es kann nicht weit her sein mit der deutschen Schauspielkunst, wenn eine Sophia Thomalla zu einer angeblich begehrten Mimin wird. Und es kann nicht weit her sein mit der Geschmack-Bildung des deutschen Michels, wenn eine solche junge Dame in den Sozialen Medien zur Ikone und in Talkshows zum Stammgast wird. Ihre Masche: Provozieren – notfalls in noch so kleiner Münze. Aber es scheint sich auszuzahlen.
Jetzt hat sie zwar nicht die Hosen, aber fast alle Kleider heruntergelassen und sich – nur mit Lendenschurz und Bustier bekleidet – in lasziver Pose kreuzigen lassen. Nicht mit Nägeln, sondern nur mit Fesseln. Als Model für die online-Lotto-Gesellschaft Lottohelden.de. Zu Weihnachten, wo – da war doch was? – eigentlich der Karfreitag mit Kreuzigung zu tun hätte. Weder Bildung noch Geschmack. Model wie Sender.
Aber was soll’s! Rudimentäre Kenntnisse des Jahreskalenders oder gar des Kirchenjahrs gehören heutzutage nicht mehr zur Allgemeinbildung. Frau Thomalla pardoniert sich für dieses Unwissen selbst, und zwar so richtig mit Ossi-Klischee als eine im Oktober 1989 in Berlin-Ost Geborene: „Wenn man wie ich in einer Familie aus dem Osten aufgewachsen ist, dann ist die Kirche als Institution oft eben nicht so ein großes Thema wie für andere. Ich respektiere aber jeden, der seine Form des Glaubens lebt.“ Sie jedenfalls glaubt an Karma.
Nun hat man Thomalla zu Sandra Maischberger zu einem Jahresrückblick eingeladen. Von wegen „#Me too“ und so. Vor allem aber wohl wegen ihres Auftritts als Jesa Christa – oder so ähnlich. Dort legte sie sich noch einmal mit einer Philippika für ihre Kreuzpose ins Zeug: „Ich persönlich möchte ja niemanden angreifen.“ Und: „Ich finde es nur bizarr, dass Sie mir, obwohl die Kirche viele Hinrichtungen, Kreuzigungen, Hexenverbrennungen in alter Grauzeit hatte […] und pädophile Eskapaden in der Neuzeit, mir etwas vorwerfen.“ Weder Bildung noch Geschmack.
Man kann sich intelligenter um Kopf und Kragen reden. Auffällig freilich bleibt, dass weder ein evangelischer noch ein katholischer Würdenträger im Rang eines Bischofs protestiert. Da lässt man nur mal Thomas Sternberg, den Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, aufmarschieren und sagen: „Das ist nicht einmal Kunst. Nur geschmacklos und dumm. Erbärmlich, dass ein Unternehmen glaubt, nur durch Verletzung religiöser Gefühle werben zu können. Andere Künstler haben schon viel intelligenter mit diesem Tabubruch gearbeitet.“
Ach ja, das sollten wir nicht ganz vergessen: Sophia Thomalla hat sich zur Bundestagswahl für Angela Merkel schwer ins Zeug gelegt. Seit 2012 ist sie sogar CDU-Mitglied. Aber das mit dem „C“ scheint sie nicht so richtig internalisiert zu haben. Aber die Merkel-CDU ja auch nicht mehr.