Der türkische Präsident, Muslimbruder und Israelhasser Recep Tayyip Erdogan schickt über Deutschland eine eigene Partei in die „Europawahl“ vom 9. Juni 2024. Mit größter Wahrscheinlichkeit bekommt der türkische Autokrat auf diese Weise ein Standbein im EU-Parlament, wiewohl die Türkei nicht Mitglied der Europäischen Union ist. Die deutsche Erdogan-Partei soll „DAVA“ heißen: „Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch“ – eng verbunden mit der Erdogan-Partei AKP = Adalet ve Kalkınma Partisi (deutsch: Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung).
Die „DAVA“ fordert, „Menschen mit ausländischen Wurzeln ihre Rechte in vollem Umfang“ zu geben. Diese erlebten oftmals „bei der Suche nach Wohnungen, bei Bewerbungen, aber auch in vielen alltäglichen Situationen wie bei Behördengängen, dass sie nicht als vollwertige Mitglieder von der europäischen Gesellschaft angenommen werden“. Die „DAVA“ verlangt zudem „eine pragmatische sowie ideologiefreie Flüchtlingspolitik“ und weitere Sozialleistungen, um Kinder- und Altersarmut zu bekämpfen (siehe hier und hier).
„DAVA“-Wählerpotential und Infrastruktur: alles bestens
Die in Deutschland gegründete „DAVA“ hat hier ein hohes Wählerpotential. Deshalb nimmt Erdogan den Anlauf auch hier und nicht in Frankreich oder Belgien oder den Niederlanden oder Österreich. Immerhin leben knapp 2,5 Millionen Muslime mit deutschem Pass und mit Wahlrecht in Deutschland. Von den 2,5 Millionen haben geschätzt 1,5 Millionen Türkischstämmige einen deutschen Pass. Eine weitere Million könnte nach dem vermutlich im Mai 2024 in Kraft tretenden neuen „Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts“ (StARModG) eines Tages hinzukommen. Dieses StARModG war am 19. Januar 2024 von der „Ampel“-Mehrheit im Bundestag verabschiedet worden. Für die „Europawahl“ dürfte es noch keine Wirkung entfalten, dafür sind die Fristen bis dorthin zu kurz.
Jedenfalls ist Erdogan in Deutschland bei den hier lebenden Türken – und wohl auch anderen Muslimen (etwa Syrern) – äußerst beliebt. Nicht freilich bei den Kurden, die statistisch ebenfalls zu den „Türkischstämmigen“ zählen. Bei der türkischen Präsidentschaftswahl vor knapp sieben Monaten erhielt Erdogan aus Deutschland rund 500.000 Stimmen, was etwa einem Stimmanteil von 67 Prozent entspricht. Es kommt hinzu: Bei der „Europawahl“ 2024 dürfen in Deutschland erstmals Sechzehnjährige wählen. Unter diesen macht der türkische bzw. muslimische Anteil rund ein Drittel aus.
Ferner kommt hinzu: Die „DAVA“ wird die türkischen Infrastrukturen in Deutschland nutzen können. Dazu gehören Tausende an Türken-Vereinen sowie fast dreitausende Moscheen und muslimische Gebetshäuser. Die Mehrzahl der Türken-Vereine steht Erdogan nahe. Von den Moscheen wird ein gutes Drittel von DITIB getragen. DITIB ist ein Verein, der unmittelbar der türkischen Religionsbehörde DIANET und damit direkt Erdogan untersteht. DITIB heißt: Diyanet İşleri Türk İslam Birliği (deutsch: Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V.). DIYANET bedeutet: Diyanet İşleri Başkanlığı (deutsch: Präsidium für Religionsangelegenheiten). Es ist gut vorstellbar, welche Empfehlungen dort an die Gläubigen gehen. Von einer solchen Infrastruktur können die zwei anderen Parteien-Neugründer Wagenknecht und Maaßen nur träumen.
Erdogans vier Statthalter
Vier Erdogan-Leute sollen ins EU-Rennen gehen. Alle vier Genannten haben sich früher für Erdogans AKP oder deren Vorfeldorganisationen eingesetzt:
- Der Hamburger Arzt Mustafa Yoldas (53). Er fiel dem deutschen Innenministerium bereits wegen „Unterstützung der Hamas und ihr nahestehender Organisationen“ auf. Bis 2010 leitete er die „Internationale Humanitäre Hilfsorganisation“. Danach wurde sie verboten.
- Ali Ihsan Ünlü, ebenfalls Arzt, aus Niedersachen. Aktuell ist er Funktionär der türkischen Organisation DITIB.
- Der 42-jährige Anwalt Fatih Zingal, der früher SPD-Mitglied war. Aus Ärger über Thilo Sarrazin trat er aus. Den Genozid an Armeniern bezweifelt er.
- Parteichef ist der selbst ernannte Menschenrechtsaktivist Teyfik Özcan. Er war früher ebenfalls Mitglied bei der SPD. Heute ist er strammer Erdogan-Anhänger.
Reaktionen auf Bundesebene
Für den CDU-Innenexperten de Vries ist hier klar eine Strategie erkennbar: „Muslime als Opfer einer rassistischen Mehrheitsgesellschaft darzustellen und sich als deren Interessenvertreter aufzuspielen.“ Die Bundesregierung sollte diese Parteigründung „unter keinen Umständen auf die leichte Schulter nehmen“, rät de Vries. „Ich halte es für dringend geboten, dass unsere Sicherheitsbehörden alle Aktivitäten dieser Partei und ihre Verbindungen zur türkischen Regierung genauestens beobachten und einschreiten, wenn es zu einer direkten Einflussnahme der türkischen Regierung kommt … Mit der Gründung der türkisch-islamistischen Partei ‚Dava‘ hat Präsident Erdogn neben Ditib nun einen weiteren Hebel in der Hand zur politischen Einflussnahme in Deutschland und wird versuchen, dieses neue Machtinstrument auch zu nutzen.“