Die Schlagzeilen passen in Deutschland einfach nicht mehr zusammen. Immer wieder heißt es, wir hätten einen Arbeitskräftemangel. Um offene Stellen zu besetzen, müssten wir eine millionenfache Zuwanderung forcieren. Kanzler Olaf Scholz (SPD) spricht offen von dem Ziel 90 Millionen Einwohner. Fünf Millionen neue Menschen also, weil es an Arbeitskräften fehlt und an Einzahlern in die Rentenversicherung?
Nur: Die Schlagzeilen passen halt nicht mehr zusammen. Die Beiträge zur Rente werden nach der Bundestagswahl steigen. Über ein (noch) höheres Renteneintrittsalter laufen bereits die Diskussionen. Und trotz allen Arbeitskräftemangels ist die Zahl der Arbeitslosen auf 2,7 Millionen Betroffene gestiegen – die Zahl der erwerbsfähigen Empfänger von Bürgergeld sogar auf über 4 Millionen Menschen. Knapp die Hälfte davon sind Zuwanderer.
Die Geschichte vom Arbeitskräftemangel stimmt schon. Auf ihre Weise. Es fehlen Menschen, die arbeiten wollen. Das wirkt sich verheerend aus. In Zeiten, in denen die Schonung von Ressourcen durchaus ein Thema sein sollte, vergammeln in Deutschland die Ernten auf dem Feld. Die Stimberger Zeitung berichtet von einem Betrieb in Oer-Erkenschwick, der aufgegeben hat. Der findet keine Mitarbeiter mehr, die Erdbeeren pflücken wollen. Die Früchte „vergammeln“ auf dem Feld, wie die Stimberger Zeitung berichtet.
Den Empfängern von Bürgergeld ist kein Vorwurf zu machen, dass die Ernte auf den Feldern verrottet. 563 Euro und eine geheizte Wohnung gratis zahlt ihnen der Staat, wenn sie nicht arbeiten gehen. Wenn sie sich weigern zu arbeiten, droht ihnen der Entzug des Geldes für zwei Monate, beteuert Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Doch die Hürden für diese Strafe hat er selbst so unüberwindlich gemacht, dass sie fast nie greift.
Geht der Empfänger von Bürgergeld Erdbeeren ernten, tut er sich selbst keinen Gefallen. 150 Stunden im Monat ist er auf den Feldern. Bei Regen oder Hitze. Er bückt sich und buckelt. Am Ende hat er dafür vielleicht 200 Euro mehr, als wenn er den ganzen Monat zu Hause geblieben wäre. Oder je nach Steuerklasse und Lebensumständen sogar weniger. Das Bürgergeld hat die Frage, ob man arbeiten will, nicht nur zu einer Frage der Faulheit gemacht – sondern zu einer Business-Entscheidung. Wer im Bürgergeld lebt, kann sich leicht finanziell besser stellen, als wenn er die Ernte einholt. Warum sollte er dann also diese harte Arbeit erledigen?
Das Bürgergeld ist nur Teil einer staatlichen Interventionsspirale. Mit diesem Begriff ist gemeint, dass der Staat die Situation durch Eingriffe verbessern will, damit aber mehr Schaden als Nutzen anrichtet. Wenn er die neuen Schäden mit weiteren Eingriffen ausgleichen will, schafft er immer mehr Schäden. Und am Ende klappt gar nichts mehr. Oder wie Franz Josef Strauß (CSU) schon vor 50 Jahren gescherzt hat: Wenn die Sozialisten die Macht in der Sahara übernehmen, passiert erst einmal gar nichts, aber nach zehn Jahren wird der Sand knapp.
Die Höhe des Mindestlohns sollte durch eine unabhängige Kommission festgelegt werden – damit der dem politischen Missbrauch entzogen ist. So lautete das Versprechen der SPD vor nicht einmal zehn Jahren. Doch Versprechen der SPD haben weniger Bestand als Schnee in der Sahara. In dieser Wahlperiode haben Scholz und Heil den Mindestlohn per politischem Eingriff erhöht und nächstes Jahr wollen sie mit dem nächsten Eingriff Wahlkampf machen.
Also kommt die Inventionsspirale zum Einsatz: Erdbeeren müssen importiert werden. Verleger sollen Steuergeld erhalten, damit ihre Zeitungen ausgetragen werden. In Städten zahlt der Staat Empfängern von Bürgergeld Leistungen im Wert von 1500 Euro, damit sie nicht für weniger als 12,41 Euro arbeiten gehen. Das kostet aber Geld. Der Staat kommt mit dem nicht mehr aus, was ihm der Bürger abdrückt. Obwohl es so viel ist wie noch nie.
Also erhöht er die Steuern, was mehr Betriebe in die Pleite führt und den Abstand zum Bürgergeld für Arbeitnehmer verkleinert und noch mehr zum Wechsel animiert. Oder der Staat macht Schulden. Das treibt aber die Preise nach oben. Also muss der Mindestlohn wieder erhöht werden und das Bürgergeld auch und die Investitionen in Unternehmen, die aus sich heraus nicht mehr rentabel sind. Dafür braucht der Staat mehr Geld. Und die Interventionsspirale dreht sich und dreht sich.
Die Schlagzeilen in Deutschland passen durchaus zusammen. Sie sind Ausdruck einer dysfunktionalen Wirtschaft, verursacht durch eine dysfunktionale Politik: Wohnungen, die gebraucht werden, aber nicht mehr bezahlbar sind. Menschen, die nicht arbeiten, obwohl es einen Arbeitskräftemangel gibt. Oder Ernten, die auf dem Feld verrotten, obwohl das Land eine Regierung hat, die sorgsam mit Ressourcen umgehen will. Wer mit dem Staat eingreifen will, tut das in bester Absicht – aber am Ende geht ihm der Sand in der Sahara aus. Oder weniger lustig: Ihm verrotten die Ernten.