Tichys Einblick
Mehr Utopie wagen:

Die Energiewende schadet ausgerechnet der Bio-Landwirtschaft

Die Konzeptlosigkeit und Ideologieseligkeit der Bundesregierung schadet der deutschen Landwirtschaft, der konventionellen, wie der ökologischen. Konventionelle Lebensmittel landen immer öfter in den Einkaufskörben derer, die noch vor kurzem nur Bio-Lebensmittel kauften.

IMAGO/photothek

Wenn die Bio-Landwirte glauben, dass die Grünen ihre Sachwalter und Interessenvertreter sind, könnten sie sich am Ende des Tages geirrt haben, denn die Grünen interessieren sich letztlich nicht für die Natur, sie haben aus der Natur eine Ideologie gemacht, deren Ziel die große Transformation ist, eine Gesellschaft aus Menschen, die vom Reißbrett der grünen Utopie stammen, und eine Wirtschaft, die nach der Pfeife wirtschaftsferner Ideologen tanzt. Ein Blick auf die Biobranche belegt das.

Bio-Lebensmittel boomten und für die Branche gab es nur eine Richtung – nach oben. Fragen um das Tierwohl, um den Geschmack von Lebensmittel, aber auch um die eigene Gesundheit spielten für immer größer werdende Kreise der Bevölkerung eine wachsende Rolle. Die Lebensmittelsupermärkte folgten dem Trend und kreierten ihre eigenen Produkte. Doch alarmieren seit neuestem Zahlen, die einen deutlichen Rückgang melden. Beispielsweise lagen die Tagesumsätze im März 2022 um 18 Prozent unter denen im März 2021. Allgemein wird ein Trend ausgemacht, auf die günstigeren Eigenmarken der Discounter und Supermärkte von den Markenprodukten umzusteigen. Konventionelle Lebensmittel landen immer öfter in den Einkaufskörben derer, die noch vor kurzem nur Bio-Lebensmittel kauften. Sicher spielt dabei auch eine Rolle, dass in der Zeit des Lockdowns mehr zu Hause gegessen und gekocht wurde, aber das kann man eher als tröstliche Teilerklärung sehen. In Wahrheit zwingt die Inflation, die Menschen auf billigere Produkte und auf Sonderangebote umzusteigen. Der Preisanstieg bei Lebensmitteln, bei Energie und bei Kraftstoffen hält ungebrochen an, und auch die Inflation wird nicht bei 7,9 Prozent stehen bleiben. Was die Inflation betrifft, kann man kurz und knapp einschätzen: das Biest ist frei und lässt sich bis auf weiteres nicht mehr einfangen. TE hat darüber berichtet.

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Deshalb hoffen die Bio-Bauern, dass die Mehrwertsteuer auf Bioprodukten gesenkt wird, um die Preisschere zwischen konventionellen und Bio-Produkten zu schließen. Der Geschäftsführer des Verbandes ökologische Lebensmittelwirtschaft, Peter Röhrig, argumentiert deshalb mit ideologischer Arroganz: „Das wäre ein Kaufanreiz bei Produkten, die volkswirtschaftlich sinnvoller sind.“ Man kann viel, und besonders, wenn es sich um tierische Lebensmittel handelt, ins Feld führen, nur nicht die volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit, denn das Argument verwechselt ethisch mit wirtschaftlich. Fragwürdig ist auch, ob ein Land wie Deutschland, das sich ernsthaft mit der Frage der Selbstversorgung zu beschäftigen hat, es sich leisten kann, die konventionelle Landwirtschaft stiefmütterlich zu behandeln oder braucht es hier nicht ein integratives Konzept, eine Kombination von konventioneller und biologischer Landwirtschaft. Doch davon ist man im Özdemir-Ministerium intellektuell weit entfernt. Statt der Realität ins Auge zu blicken, dass der Ausfall der Ukraine als Getreideproduzent und Russlands die Situation beträchtlich verändert, Preise nach oben schiebt und Verfügbarkeiten mit Fragezeichen versetzt, träumt Özdemir weiter davon, im Jahr 2030 einen Bioanteil von 30 Prozent zu haben. Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Sven Schulze ging mit Özdemirs Träumerei hart ins Gericht: „Die Bereitschaft, für eine gewisse Zeit auch mal von Parteiideologie abzusehen, muss in Situationen wie dieser selbstverständlich sein. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine kann es nicht nur darum gehen, das eigene Programm in Berlin stur durchzusetzen.“

Auch Özdemir weiß, dass er eine Mehrwertsteuersenkung für Bio-Produkte nicht umsetzen kann, schon aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht. Also schlägt er vor, die Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte zu streichen. Einen anderen Vorschlag hätte man von einem Agitator des Vegetarismus auch nicht erwartet. Fleisch soll sich nach Özdemirs Vorstellung offenbar die Mittelschicht und die Unterschicht nicht mehr leisten können, der Genuss von Fleisch bleibt dann den alten und den neuen Reichen, den vielen neuen Spitzen-Beamten, für die die Ampel unablässig Stellen schafft, den verdienten NGO-Funktionären, der neuen grünen Aristokratie vorbehalten. Doch soviel neue Reiche kann die Ampel gar nicht schaffen, dass sie die Biobranche trägt.

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Obwohl es grundsätzlich richtig ist, dass Lebensmittel nicht in den Tank gehören, zeigt es die übliche Schwäche im logischen Denken der Grünen, weil Ideologie vor Logik kommt, wenn Özdemir komplett die Vorgaben für die Tankstellen streichen möchte. Dass zum einen die Politik, Bauern ermuntert hat, Ölpflanzen wie bspw. Raps anzubauen, und diese Bauern bei einem plötzlichen Wechsel vor dem Ruin stehen, macht einen plötzlichen Ausstieg unmöglich, zumal, wenn man zur gleichen Zeit möglichst gestern kein Erdöl aus Russland mehr beziehen möchte. Es zeigt das übliche Schema der Grünen, zugleich aus Kernkraft und aus fossilen Energieträgern auszusteigen. Aber Cem Özdemir möchte im Grunde nicht Deutschland, sondern die Welt ernähren, während im Vergleich Ungarns Viktor Orbán zuerst Ungarn mit Lebensmitteln versorgen will. Was in Ungarn über den eigenen Verbrauch produziert wird, darf exportiert werden.

Die deutsche Konzeptlosigkeit und Ideologieseligkeit schadet der deutschen Landwirtschaft, der konventionellen, wie der ökologischen – und dem deutschen Volk, denn es sind die Menschen in Deutschland, die Energie- und Lebensmittelpreise, die um die Wette steigen, bezahlen müssen. Dabei ist die Lösung für die Menschen und für die Landwirte sehr einfach. Sie lautet, den Inflationstreiber Energie zu zähmen, indem die CO-2-Steuer gestrichen, die Mineralölsteuer und die Mehrwertsteuer gesenkt wird, zudem die Kohleverstromung erhöht, die noch laufenden Atomkraftwerke am Netz gehalten und der Ausbau der Kernkraft mit allen verfügbaren Mitteln vorangetrieben wird. Zudem sollte man sich bei Sanktionen zurückhalten, vor allem was Erdöl und Erdgas betrifft – und stets dabei bedenken, dass jeder markige Spruch teuer wird, er sofort in Dollar oder Rubel umgerechnet wird.

Aber die Grünen und die inzwischen de facto von ihnen geführte Bundesregierung wird diesen Weg nicht einschlagen, sondern den wirtschaftlichen Abwärtsweg ihrer Wirtschaftsutopie weiterverfolgen, und da es abwärts immer schneller als aufwärts geht, die Geschwindigkeit für einen Beleg dafür halten, erfreulich schnell voranzukommen. Denn der Fetisch der Energiewende, das ideologische Projekt der großen Transformation geht den Grünen über das Wohl der Biobauern, deren Produkte sich durch die auch von der Energiewende getriebenen Inflation in einem Maße verteuern, dass immer mehr ihrer Käufer ihre Produkte sich schlicht nicht mehr leisten können. Man wird sehen, wie viel Bio-Bauern unter grüner Herrschaft aufgeben müssen. Das muss den Grünen keine Sorgen bereiten, denn am Ende ist wie immer Wladimir Putin schuld. Jeder weiß doch dank der Öffentlich-Rechtlichen, dass die Grünen keine Fehler begehen – es liegt einfach nicht in ihrer Natur.

Dass diejenigen aber, die sich bisher noch für die Klientel der Grünen hielten, beispielsweise die Bio-Bauern draufzahlen werden, wird die Grünen nicht kümmern. Denn die Grünen stehn nicht für die Umwelt ein, sie haben lediglich aus der Umwelt eine Ideologie gemacht. Es geht ihnen auch nicht wirklich um den Umweltschutz, nicht wirklich um den Tierschutz, nicht wirklich um das Klima, es geht ihnen um eine Ökotopia, um eine woke Gesellschaft eines behäbig aufgeblasenen juste milieus, um eine Utopie der Übersättigten.

Einst wollten die Grünen für die Vögel und für die Bienen Politik machen, für die Vögel und Bienen sperren sie nun den Himmel mit Windrädern voll, für die Fische, die heimische Meeresflora und –fauna rammen sie nun Off-Shore-Beton- und Eisenmassen in den Meeresboden, den sie so versiegeln, für die Biobauern treiben sie mit ihrer Energiepolitik die Lebensmittelpreise nach oben, bis immer weniger Menschen sich Bio leisten können. Ein Baum versorgt etwa 12 Menschen mit Sauerstoff, indem er CO-2 umwandelt, doch Bäume en masse müssen den Windparks und den Stromtrassen weichen.

Man sollte sehr nervös werden, wenn man sich in einer Gruppe befindet, für die die Grünen Politik zu machen verkünden, mit Ausnahme natürlich der vielen Identitäten, aber da wären sie wieder bei sich selbst.

Die von der Realität gestellte Frage lautet bezüglich der Bio-Landwirtschaft: Energiewende oder Bio-Landwirtschaft? Das sollten die Bio-Landwirte wissen. Es geht nicht um Ideologie, sondern um die Wirklichkeit, um das reale, das tägliche Leben der Menschen.

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