Tichys Einblick
Türkische Randale

Die Nacht der schlechten Verlierer

Während die Sport-Moderatoren im TV ein fröhliches und friedliches Fußball-Fest zu verkaufen versuchten, sah die Wirklichkeit auf den Straßen und auch im Stadion selbst ganz anders aus. Es waren vor allem Türken, die Fairness und Respekt vermissen ließen.

picture alliance/dpa | Christoph Soeder

Sie kennen das: Wenn man hunderttausend Euro Schulden bei der Bank hat, hat man ein Problem. Wenn man hundert Millionen Euro Schulden hat, hat die Bank ein Problem. Der Witz zielt darauf ab, dass die Größe von Schwierigkeiten darüber entscheidet, wer wirklich in Schwierigkeiten steckt. Wir kommen gleich darauf zurück.

Die Sport-Kommentatoren im Fernsehen jubelten von einer „tollen Atmosphäre“ und einer “einmaligen Stimmung“ im Berliner Olympiastadion. Zu verdanken sei das den engagierten und emotionalen türkischen Fußball-Fans beim EM-Viertelfinalspiel der Türkei gegen die Niederlande.

Das war vor dem 2:1-Siegtreffer der Oranjes.

Danach war von Fans plötzlich nicht mehr die Rede. Es wurde das Spiel analysiert, und es ging um die Emotionen der Gewinner und der Verlierer auf dem Platz (die Sportberichterstattung heutzutage befasst sich fast ausnahmslos mit sogenannten Emotionen, weil die Moderatoren offenbar meinen, dadurch von ihren fehlenden Fachkenntnissen ablenken zu können). Die Fans spielten keine Rolle mehr.

Das ist etwas schade. Denn wenn Deutschlands Medien nicht so krampfhaft versucht hätten, ihr sündhaft teuer eingekauftes Produkt „Fußball-Europameisterschaft“ nur im allerbesten Licht scheinen zu lassen – dann hätte der deutsche Zuschauer etwas über die Realität von guten und schlechten Verlierern erfahren dürfen.

Noch im Stadion bewerfen Türkei-Anhänger die Fans der Niederlande mit Bierbechern. In der Berliner Fan-Zone zetteln türkische Fans nach dem zweiten Tor der Niederländer eine Massenschlägerei an.

Gegen Mitternacht feuern türkische Fans auf dem Breitscheidplatz am Kurfürstendamm Böller in die Menge. Dazu erschallen hier – wie auch anderswo – die mittlerweile unvermeidlichen „Free-Gaza“-Parolen.

Von „Fairplay“ und „Respekt“ – vom europäischen Fußball-Verband UEFA in unerträglich vielen Werbefilmchen rund um die Turnierspiele wie ein Mantra wiederholt – war auch vor diesem Match nicht viel zu spüren gewesen. In der Nacht vor dem Spiel hatten türkische Fans, wenig fair, vor dem Mannschaftshotel der Niederländer zahlreiche sehr laute (und natürlich verbotene) Feuerwerkskörper gezündet. Das sollte den Schlaf der Viertelfinal-Gegner stören.

Beeindruckend war aber vor allem die offen zur Schau gestellte völlige Abwesenheit von Respekt gegenüber der deutschen Rechtsordnung. Trotz Verbot zeigten zehntausende Türken den rechtsextremistischen sogenannten „Wolfsgruß“. Dabei wurden sie teilweise sogar von türkischen Polizisten beschützt, die im Rahmen einer Kooperation rund um das Spiel in Berlin in der deutschen Hauptstadt zum Einsatz kamen:

Die reguläre Berliner Polizei ist gegen diese massenhafte rechtsradikale Symbolik weitgehend machtlos. Zwar wird in der Hauptstadt kurzzeitig ein türkischer Fanmarsch gestoppt – aber das ist nur ein Alibi-Einsatz. Man stelle sich einmal kurz vor, was wohl los gewesen wäre, wenn mehrere tausend deutscher Fußballfans in der Berliner Innenstadt den Hitler-Gruß gezeigt hätten. Vermutlich hätte Nancy Faeser den Einsatz der Bundeswehr gefordert.

Aber was sollen die Sicherheitskräfte auch tun, wenn buchstäblich zehntausende Türken dann im Stadion selbst ungeniert den Wolfsgruß zeigen?

In Deutschland leben mehr als drei Millionen Menschen mit türkischem Migrationshintergrund. Etwas mehr als die Hälfte von ihnen sind Männer. Von denen sind 90 Prozent zwischen 16 und 60 Jahre alt. Das heißt: Bei uns leben etwa 1,3 Millionen türkischstämmige Männer im wehrfähigen Alter. Niemand weiß, wie viele von ihnen Anhänger des türkischen Präsidenten und Wolfsgruß-Fans Recep Tayyip Erdogan sind.

Aber man kann ganz gut schätzen. Von den in der Türkei wahlberechtigten Türken in Deutschland (also von all jenen, die entweder nur die türkische oder die türkische und die deutsche Staatsbürgerschaft haben) gaben bei der letzten Wahl 2023 zwei Drittel ihre Stimme an Erdogan.

Unter diesen Umständen ist es kein Wunder, dass die deutsche Politik und auch die deutsche Polizei nur sehr zögerlich gegen türkischstämmige Randalierer und Rechtsbrecher auf unseren Straßen vorgehen. Es ist hier, wie wir es ganz am Anfang dieses Textes beschrieben haben:

Inzwischen hat die Bank das Problem.

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