Tichys Einblick
„Friss oder stirb“

„Eine Sorte Mineralwasser sollte doch reichen“ – Aufschlussreiches aus linken Mündern

Unter dem Beifall seiner Genossen beklagte der Abgeordnete der Linkspartei, dass in seinem Supermarkt neben dem heimischen Mineralwasser noch eine ganze Reihe anderer Sorten im Angebot sind.

© Sean Gallup/Getty Images

In der Regel gibt es doch nichts Langweiligeres als das tagtäglich auf uns niedergehende Wortgesäusel der Politiker – immer wieder die gleichen Phrasen, inhaltsleeren Bekenntnisse und unverbindlichen Versprechungen. Umso erhellender sind die wenigen Momente, in denen etwas Unbedachtes mal eben so herausrutscht. Da tritt plötzlich etwas zu Tage, was man aus vielerlei Gründen besser verborgen hätte.

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Jüngstes Beispiel hierfür ist die Androhung der Vizepräsidentin des Europäischen Parlamentes, Katarina Barley (SPD), unbotmäßige EU-Mitgliedstaaten wie Polen oder Ungarn „auszuhungern“. Die Reaktion von dort kam prompt: „Welche Methoden des Aushungerns man denn anwenden wolle? Ein Vorgehen wie bei der Blockade Leningrads während des Zweiten Weltkrieges durch die deutsche Wehrmacht oder bei der Einkesselung und Zerstörung Warschaus zur Niederschlagung des Warschauer Aufstandes 1944?“

Der Begriff Aushungern aus dem Munde einer deutschen Politikerin weckt immer noch ungute Erinnerungen oder nehmen wir das fröhliche Beisammensein auf einer Strategietagung der sich zur Zeit Links-Partei nennenden SED vor nicht allzu langer Zeit in Kassel. Man war unter sich und fühlte sich frei, als unvermittelt die Frage aufkam, was man nach der nächsten linken Revolution in Deutschland mit den „Reichen“ machen solle.

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Einfach erschießen kam als passabelster Lösungsvorschlag. „Nein, nein“, stoppte der immerhin Parteivorsitzende Riexinger den Eifer. Zuvor sollten diejenigen, die es noch könnten, in Arbeitslagern ihren „Dienst für die Gesellschaft leisten“. Das erschrockene Echo währte nur kurz, führte aber dazu, dass man das Ganze als „Scherz“ bemäntelte. Die Millionen Opfer kommunistischer Diktaturen sind mahnende Zeugen, wie schnell aus derlei Scherzen grausame Realität wird. Auch heute gilt unverändert für alle Extremisten jedweder Couleur: Niemand kann später sagen, er habe es nicht gewusst. Denn in aller Regel sagen Extremisten und Demokratiefeinde rechts wie links oder religiös besessen offen, was sie vorhaben.

Fast schon harmlos mutet dagegen der Vorschlag eines Bundestagsabgeordneten der Links-Partei in einer Debatte der vergangenen Woche an. Thema war wie so oft die Reduzierung der CO2-Emmissionen im Straßenverkehr und damit verbunden die Verkehrswegeplanung. Unter dem Beifall seiner Genossen beklagte der Abgeordnete, dass es in seinem Supermarkt neben dem des heimischen Mineralwassers noch eine ganze Reihe anderer Sorten im Angebot befänden. Dabei würde doch das heimische Mineralwasser völlig ausreichen und man müsse nicht aus allen möglichen Teilen Deutschlands oder gar Europas überflüssiges Nass über viele Kilometer herantransportieren. Der Mann meint es tatsächlich ernst und im Brustton tiefster ehrlicher Überzeugung.

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Es lohnt sich über die Folgen der Umsetzung seines Vorschlags nachzudenken. Als erstes bliebe der Konsument auf der Strecke. Nach dem Motto: „Friss oder stirb“ habe dieser auf jegliche Vielfalt im Angebot zu verzichten. Da er ja keinerlei Wahlmöglichkeiten besitze, könnte man auch seinen Bedarf planen und die Produktion darauf einstellen. Eine Erinnerung an besonders warme Sommer in der DDR ist da sehr lehrreich. Da die Planwirtschaft der SED immer wieder neue Löcher aufriss, die mühsam ausgeglichen werden mussten, kam es immer wieder zu zum Teil wochenlangen Versorgungslücken. Alkoholfreie Getränke wurden dann durch Fruchtsirup ersetzt, der wohldosiert mit Wasser, wohlgemerkt während der nur stundenweisen Versorgung aus dem Hahn, aufgefüllt wurde. Geschmack und Qualität sind dem Zuteilungsprinzip jedoch fremd.

Was die Versorgung mit Mineralwasser betrifft, lässt sich nach dieser Ideologie natürlich auf alle Bereiche der Wirtschaft übertragen. Mangels Wettbewerb herrscht statt Vielfalt Eintönigkeit. Der Wille zu Innovationen geht verloren. Warum auch Innovationen? Das Konkurrieren der Marktteilnehmer um die jeweils beste Lösung verbunden mit eigenem Gewinnstreben bleibt auf der Strecke. Das Ausleben der Konkurrenz als Teil der freien Entfaltung des Menschen ist ideologisch nicht vorgesehen.

Das Desaster des vollständigen wirtschaftlichen Zusammenbruches der DDR, an dem alle Deutschen bis heute zu knabbern haben, müsste für die Ewigkeit als abschreckendes Beispiel jedermann noch für lange Zeit vor Augen stehen. Doch der süße Traum von der Gleichheit aller, wenn auch auf niedrigem Niveau, ist so verführerisch, dass manche ihn immer wieder aufs Neue träumen, obwohl sie das böse Erwachen eigentlich kennen müssten.

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