In Hamburg hängt man an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr das Bild des Namensgebers ab, weil er eine Wehrmachtsuniform trägt. Ein kafkaesker Vorgang – und ein Skandal. Im rosaroten Opportunistenreich der Ursula von der Leyen, die schon gerne mal von „Säuberungen“ spricht, damit aber eine alles niederwalzende politische Überkorrektheit meint, ist nichts mehr sicher, was auch nur den kleinsten braunen Rostfleck der Geschichte trägt. Dabei vergessen sie und ihre Subalternen, dass es auch im Nationalsozialismus immer drei Seiten der menschlichen Medaille gab. Es gab jene, die es sich in diesem System bequem machten, es bis zum Schluss verteidigten. Andere bekamen späte Zweifel, trotz anfänglicher Begeisterung. Viele standen von Anfang an in Opposition, fügten sich dennoch ein in die Diktatur, ohne ihre humanistischen Werte zu verraten.
Der Wahn dürfte, denken wir die Sache logisch zu Ende, irgendwann auch vor Stauffenberg nicht mehr Halt machen. Wenn das politische Leichtgewicht Frau von der Leyen beim Einschlafen kurz nachdächte, welchen Identitätsstifter der Deutschen sie noch über die Klinge gehen lassen könnte, dürfte sie erst Recht nicht mehr vor dem Hitler-Attentäter zurückschrecken. Stauffenberg war ein Anti-Demokrat, der, so der britische Historiker Richard J. Evans, an zukunftsweisendem politischem Gedankengut „nichts zu bieten“ hatte. „Als Vorbild für künftige Generationen“ sei er „schlecht geeignet“. Sein Versuch, Hitler zu töten, Stauffenbergs Wunsch nach Frieden und einem Ende der Judenverfolgung dürften nun nach Lex Leyen jedoch nichts mehr gelten. Stauffenberg war Offizier der Wehrmacht. Das sollte inzwischen für eine Verbannung in die Mottenkiste schon reichen. Ein gruseliger Gedanke.
Drehten die Geschichts- und Interpretationspolizisten im Verteidigungsministerium jeden Stein aller Namensgeber von Bundeswehrkasernen und -einheiten um, fänden sie wohl überall noch ein übrig gebliebenes Staubkorn aus einer Zeit, in der die Wehrmacht viele Offiziere hatte, die dem Nationalsozialismus mit Abscheu begegneten und erkannten, dass sie einem Verbrecher dienten. Die diese Erkenntnis nutzen und einen Reifeprozess starteten, der bei von der Leyen und Vertretern im Kommiss irgendwann stecken geblieben ist.
Der Säuberungskurs der Ministerin ist damit nichts weiter als ein Kniefall vor dem Zeitgeist – eine entgleiste, politischen Opportunität.