Tichys Einblick
Ein Motto

Dummheit ist keine Meinung

Wenn Politiker sich an Kritik stören, erklären sie diese erst zu »Hass« und dann zur »Nicht-Meinung«. – Der Autor hat eine Idee, er stört sich sehr an mutwilliger Dummheit. Im Stil der Haltungsbürger erklärt er also: Dummheit ist keine Meinung!

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Legionen Herzen schlagen, ach, in meiner Brust, doch heute spürte ich derer zwei heftiger noch als die übrigen. – Ich las, was diese und jene Politiker zu fordern vorgaben (ich nehme denen schon länger nicht ab, alles wirklich zu wollen, was sie zu fordern vorgeben), und im selben Augenblick spürte ich, wie es mich in zwei Richtungen zog! (Von Zerreißen zu reden, wäre wohl zu viel, aber ein unangenehmes Jucken war es doch.)

Dit is Berlin

1666 brannte London. 1755 bebte Lissabon. 2016 trat in Berlin die rot-rot-grüne Regierung an. – Und, tatsächlich: Die Erfolgsmeldungen aus der Gute-Laune-Stadt reißen gar nicht mehr ab!

Sicher, in Berlin fehlen fast hunderttausend Wohnungen (morgenpost.de, 1.3.2019), Investoren werden vergrault (sagt die CDU, siehe bz-berlin.de, 1.3.2019), und in Berliner Flüchtlingsheimen spielen schon mal die Freunde zukünftiger Terroristen mit den Kindern nach, wie der IS seine Opfer hinrichtet (berliner-kurier.de, 23.2.2019), aber dafür gibt es jetzt eine Broschüre, die Theatern exakt vorgibt, wie sie sich gegen auch nur die kleinste Gedankenabweichung wehren (faz.net, 18.2.2019: »Die Gedankenpolizei ist schon unterwegs«).

Ja, in Berlin, da wird knallhart durchregiert, da kann man auf Menschen keine Rücksicht nehmen: Verkehrssenatorin Regine Günther entließ jüngst ihren Staatssekretär – man fragt sich: war sein Vergehen, dass er Darmkrebs bekam, oder dass er der »beste Verkehrsexperte der Stadt« genannt wurde (tagesspiegel.de, 5.12.2018), dass man ihn als »ungewohnt verlässlichen Ansprechpartner« lobte? (Gesetz 1 der 48 Gesetze der Macht lautet: »Stelle nie den Meister in den Schatten«.)

Wenn Berlin nur noch einen Weg fände, den Fleiß arabischer Clans zu besteuern, dann würde man auch weniger abhängig vom Länderfinanzausgleich! (tagesspiegel.de, 25.8.2018: »Brutalität krimineller Clans gefährdet sozialen Frieden«, und tagesspiegel.de, 23.3.2019: »Berlin bleibt größtes Nehmerland«)

Man muss es denen gönnen: Wer so erfolgreiche Politik macht, der darf sich auch ein »antifaschistisches Feierabendbier« gönnen! (Berlins grüner Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung: @dirk_behrendt, 10.10.2018/archiviert)

Jene knallharte Frau Günther, die hat jetzt einen ganz neuen Vorschlag aufs Berliner Tapet gebracht! »Wir wollen, dass die Menschen ihr Auto abschaffen«, sagt sie (welt.de, 1.3.2019). Die Straßen Berlins seien überlastet, und da sollen die Leute bitte auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen – dafür verbannt die Stadt nun wenigstens nach und nach die Obdachlosen aus den U-Bahnhöfen (tagesspiegel.de, 1.3.2019). – Autos verbannen? Ich fände es spannend, wenn Politiker ab sofort nur noch U-Bahn fahren – wie wäre es, wenn wir dann auch noch die Kinder der paar nicht-kinderlosen Politiker zum Besuch einer Brennpunkt-Schule verpflichteten?

Übrigens: Berlins Regierender Bürgermeister (Hans Mustermann, SPD) fährt (laut morgenpost.de, 21.11.2016) mit einer »motorisierten Festung« durch die rot-rot-grüne Powerstadt: Mercedes S 600 Guard, 530 PS, 325.000 Euro.

Milch im Earl Grey

Der Klügere gibt nach, deshalb werden wir von diesen Leuten regiert. Bei aufmüpfigen Kindern heißt es ja gelegentlich, es sei besser, sie zu ignorieren, denn die Aufmerksamkeit würde sie nur noch motivieren; bei gewissen Krachkolumnen rate ich ja explizit dazu (siehe: Wie Gaffer beim Logikunfall). Doch, wie geht man damit um, wenn Politiker mit echter Macht (oder zumindest in deren Nähe) mit dermaßen hanebüchenen Ideen daherkommen, dass einem die Milch im Earl Grey sauer wird?

Im besten aller möglichen Deutschlande plärrt die Propaganda ja den latent totalitären Slogan: »Hass ist keine Meinung«. – Es ist natürlich auf mehr als einer Ebene falsch und undemokratisch, doch was wäre, wenn wir uns, als Denkexperiment, davon inspirieren lassen?

Die Stöckchen

Ich schlage versuchsweise ein neues Motto vor, nämlich: »Dummheit ist keine Meinung!«

Wenn jene meinen, berechtigt zu sein, abweichende Meinung erst als »Hass« zu etikettieren, und dann aus dem Spektrum des grundgesetzlich Geschützten herauszunehmen, könnten wir nicht das Dumme als Nicht-Meinung deklarieren und damit aus der Debatte herausnehmen?

Anders als jene, die recht unverhohlen sogar die Benennung wichtiger, aber für deren kindliches Gemüt störender Fakten als »Hass« wegdrücken, gebe ich an, was meine Definition der Dummheit sein könnte. Als Weiterentwicklung meiner kleinen Dummheits-Theorie (siehe: »Es gibt kein Recht auf Dummheit«) könnten wir heute formulieren: Dummheit ist das fahrlässige Ignorieren von Zusammenhängen, relevanten Fakten und Erfahrungswerten.

Linkes Denken kollabiert schnell (siehe auch »Ein merkwürdiger Zeitpunkt in unserem Leben«), wenn man es an Fakten, Kausalitäten und Erfahrungswerten misst. Linkes Denken wird regelmäßig dann grausam, wenn es an echten Menschen geprüft wird, siehe DDR, CSSR, Kuba (eine lange Liste) oder aktuell Venezuela.

Wie sollen wir damit umgehen, wenn Politiker provokant Dummes sagen? Wenn sie etwa, wie nun in Berlin, die Autos abschaffen wollen? Wenn sie in verständlicher Umfragennot nun auch Kinder wählen lassen wollen, wie aktuell die irrlichternde Populistin Katarina Barley? (siehe pnp.de, 2.3.2019) Wenn sie wie ihr Parteikollege Stegner wirre Verschwörungstheorien verbreiten? (@ralf_stegner, 27.2.2019/archiviert)

Man solle nicht über jedes Stöckchen springen, so heißt es – doch wenn das Land mit den »Stöckchen« in den Morast simplizistischer Dummheit getrieben wird, ist unser Springbedürfnis nicht das eigentliche Problem.

Dummheit ist keine Meinung – wenn wir dieses Motto eine Zeit lang probieren wollten, wie würden wir es anwenden?

Stop!

»Stop making stupid people famous!«, so wird immer wieder gerufen, wenn wieder eine Schnellverglühende mit irgendeinem anzüglichen Filmlein berühmt wurde. – Man möchte dem deutschen Wähler zurufen: Stop making people powerful, who say stupid things!

Meine ich es ganz ernst? Ganz unernst? Wohl weder noch. – Wollen wir es ausprobieren, wie es sich anfühlt, in den mannigfachen Herzen, die uns in der Brust schlagen?

Wenn wieder mal ein Politiker einen undurchdachten, ideologiegetränkten und faktenfremden Vorschlag einbringt, sagen wir doch einfach: Nee, das diskutieren wir nicht, denn das ist dumm, und Dummheit ist keine Meinung!


Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com.

Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.

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