Warum sich die Werteunion gründet, lässt sich in zwei Worten zusammenfassen: Kai Wegner. Der hat in Berlin den Wahlkampf eines Konservativen geführt und gewonnen. Doch als Regierender Bürgermeister zeigte er sich dann sofort als grüner als Renate Künast und Robert Habeck zusammen (TE berichtete). Daraus lassen sich zwei Erkenntnisse ziehen: Eine relevante Menge der Deutschen will eine konservative Politik. Doch wenn sie diese wählt, bekommt sie die Grünen. Im Original als Koalitionspartner. Oder in Form von Politprofis, denen es wichtiger ist, in den Szeneclubs ihrer Stadt gemocht zu werden, statt ihre Wahlversprechen zu erfüllen.
Die CDU unter Kai Wegner oder Friedrich Merz ist eine Marke, die nicht hält, was sie verspricht. Die CDU ist wie ein beliebter Schokoriegel aus den 1970er-Jahren. Doch die Firma dahinter hält 2024 einen veganen Tofu-Brätling für angemessener. Weil die alte Marke aber etabliert ist, will die Firma diese auch nicht aufgeben. Also bringt sie den Tofu-Brätling unter dem Namen des Schokoriegels auf den Markt. Der verkauft sich zwar noch ganz gut, aber ein großer Teil der Kunden fühlt sich betrogen.
Genau diese betrogenen Kunden sind die Zielgruppe für die Werteunion, die sich um Hans-Georg Maaßen am Samstag als Partei in Bonn gründen. Kein zufällig ausgewählter Ort. Die Werteunion will an die Werte der alten Bonner Republik anknüpfen. Die ist 40 Jahre lang durchgängig von CDU oder FDP regiert worden. Deren Ex-Wähler hat die Partei als wichtigste Zielgruppe ausgemacht.
Ein Fakt ist heute vergessen: Als die AfD 2013 erstmals zur Bundestagswahl angetreten ist, kamen deren meisten Stimmen nicht aus dem Reservoir der Nicht-Wähler oder der CDU-Stammwähler – sondern aus dem Reservoir der FDP-Stammwähler. Damals war noch die Währungspolitik Angela Merkels (CDU) das wichtigste Thema der AfD. Die SPD hat ebenfalls – auch wenn ihre Verantwortlichen das nicht gerne zugeben – seit 2013 massiv Wähler an die AfD verloren. Früher als die CDU.
Deren Wähler hielten länger zur Partei. Das lag zum einen an der Bindungskraft der Person Merkel und ihres Versprechens, in Deutschland so wenig wie möglich zu verändern. Bis zur Aufgabe der Grenzen 2015 hat diese Strategie Merkel zu einer hoch beliebten Politikerin gemacht, die 2013 nur knapp an einer absoluten Mehrheit vorbeigeschrammt ist. Zum anderen lag es an der Mentalität der CDU und ihrer Wähler. Konservative sind – der Name verrät es – enger an Gewohntes gebunden. Sie geben eine Ehe nicht so schnell auf, eine Mitgliedschaft im Verein oder eben eine Partei ihrer Wahl.
Ein CDU-Mitglied, das die Partei lange nicht aufgegeben hat, obwohl sie sich in offene Feindschaft zu ihm gestellt hat, war Hans-Georg Maaßen. Seit 2015 ist jeder Hinweis auf negative Folgen der unkontrollierten Einwanderung ein Angriff auf die deutsche Staatsräson. Seit 2015 verschließt die CDU die Augen vor jedem hässlichen Bild, das die Politik ihrer Kanzlerin produziert hat – wie eine Vierjährige es mit den Monstern hält, die sie im Fernsehen erschrecken.
Der Fall Maaßen begann, als er die Berichterstattung von staatlichen und staatsnahen Medien anzweifelte, wonach es in Chemnitz eine „Hetzjagd“ auf Einwanderer gegeben habe. In seiner Funktion als Präsident des Verfassungsschutzes. Am schlimmsten daran war: Maaßen behielt recht. Die Gewalt war von linken und islamisch motivierten Tätern ausgegangen, nicht von rechten. Doch im Deutschland des „Wir schaffen das“ konnte nicht sein, was nicht sein durfte. Und wie einst die Trojaner verfolgten die Deutschen den, der die Wahrheit gesagt hat. Zumindest die echten Grünen und die grünen Parteien mit anderem Namen und Logo taten das. Zuerst drängten sie Maaßen aus dem Amt des Leiters des Inland-Geheimdienstes, dann zerstörten sie seinen Ruf, zumindest versuchten sie es – die CDU sprang ihrem Mitglied nicht nur nicht zur Seite. Die Partei Konrad Adenauers stellte sich an die Spitze der Hetzjagd und betrieb seinen Rauswurf.
Maaßen ist ein Konservativer. Er hat die Attacken aus der eigenen Partei lange geduldet. Er hat zugesehen, wie Politiker wie Wegner konservativen Wahlkampf machen, um dann grün zu regieren. Er hat Friedrich Merz ins Amt des Partei-Vorsitzenden geholfen, in dem der Blackrock-Mann dann ebenfalls sofort den konservativen Mantel abwarf und grüne Politik machte – mit einer Frauenquote als erster Wegmarkierung. Merz hat dann seine Unterwerfung damit amtlich gemacht, dass er Führungspersonal eingestellt hat, das ihn unter Merkel und deren Nachfolge-Platzhaltern öffentlich verhöhnt hat.
Maaßen hatte einen langen Geduldsfaden. Doch der ist mittlerweile gerissen. Wie der von 10.000 anderen Menschen, die zur Werteunion gehören oder einen Mitgliedsantrag gestellt haben. Die Gründung neuer Parteien ist immer ein Risiko. Die meisten sind schiefgegangen. So hat das „Bündnis Deutschland“ eine große Vorarbeit geleistet, bevor es sich im November 2022 gründete. Doch strategische Fehlentscheidungen, vor allem aber fehlendes charismatisches Führungspersonal, verhinderten bisher einen Durchbruch der Partei.
Nun ist Maaßen sicherlich kein Volkstribun. Die große Rede ist nicht sein Ding. Er ist Beamter. Spitzenbeamter, aber Beamter. Doch durch die Hetzjagd, die Grüne und grüne Parteien unter anderem Namen gegen ihn veranstaltet haben, ist er zu einer Galionsfigur derer geworden, die unzufrieden sind mit der Ampel und der CDU unter Merkel, Merz und den beiden Platzhaltern dazwischen, die allmählich vergessen werden. Bürger, die wahrnehmen, wie unter der Ampel Wirtschaft und Wohlstand aus ideologischen Gründen vor die Wand fahren. Und die zunehmend spüren, wie Doppelstandards gelten.
In den Medien, aber auch in der Justiz und eben im Verfassungsschutz – die allesamt Blockaden und sogar den Sturm auf Ministerien und Flughäfen feiern, wenn das von Klima-Extremisten kommt. Aber die hysterisch das Dritte Reich 4.0 an die Wand werfen, wenn etwa Bauern das Gleiche wie die Klima-Extremisten tun – oder bedeutend Harmloseres.
Maaßen hat Organisationserfahrung wie kaum ein Zweiter im Land. Die Werteunion besteht schon lange, hat entsprechend funktionierende Strukturen aufgebaut. Mit 10.000 potenziellen Mitgliedern verfügt sie auch über ausreichend Fußvolk, ohne das eine Partei nicht sein kann. Die neue Partei steht vor zwei schweren Aufgaben. Sie darf nicht von den Radikalen überrannt werden, die sich von neuen Parteien immer magisch angezogen fühlen. Und sie steht einer weitgehend feindlichen Presselandschaft gegenüber. Die bekennt sich immer offener zur politischen Einseitigkeit und wird in ihrer Berichterstattung entsprechend dreister. Auch fließt immer mehr staatliches Geld direkt oder indirekt an diese Medien. Wes Brot ich ess’ …
Mit Maaßen bekommt die Werteunion aber voraussichtlich einen Vorsitzenden, der mit beidem umzugehen weiß. Das Potenzial ist da. Es gibt ausreichend Menschen in Deutschland, die eine CDU wählen wollen, dann aber auch verlangen, dass da CDU drin ist. Das gilt im Übrigen auch für FDP und SPD. Mit der Werteunion kommt nun die Partei, die die eigentliche CDU sein will und sein kann. Und damit auch interessant wird für Wähler, die sich eine SPD wie unter Helmut Schmidt oder eine FDP wie unter Hans-Dietrich Genscher wünschen.