Tichys Einblick
Mensch und Macht

Die „Vierte industrielle Revolution“

Was uns derzeit bleibt, ist, auf die überlieferten "Werkzeuge" von Humanismus und Aufklärung,  auf unsere so mühsam erkämpften demokratischen Werte zu besinnen und denen, die uns in die "Vierte Industrielle Revolution" führen wollen, unsere Zustimmung zu verweigern.

Was ist der Mensch? Diese Frage haben sich Philosophen, Psychologen und Historiker über die Jahrhunderte immer wieder gestellt. – „Ist das ein Mensch?“ lautet der Titel von Primo Levi eindrücklichem Bericht über seine einjährige Leidenszeit in Auschwitz: In einer Extremsituation offenbart sich der Mensch – als Täter und als Opfer – in seiner ganzen Bandbreite.

Masse und Macht

Wie kann ich den Menschen so unterdrücken, formen und manipulieren, dass er zum gefügigen Untertanen wird, der meinen Interessen zur Stabilisierung der bestehenden Ordnung dient. Dass sich die Herrschenden diese Frage zu allen Zeiten gestellt haben, darf gerade heute nicht in Vergessenheit geraten.

Die auf rohe Machtausübung zielende und über die Jahrhunderte praktizierte „hard power“, wie sie Primo Levi im Übermaß erleiden musste – Unterdrückung und Folter, die physische und psychische Entwürdigung und Demütigung, die Ausbeutung der Arbeitskraft, die Angst und die Aufhebung jeder Privatheit – hat sich historisch als nicht nachhaltig erwiesen, weil sie letztendlich immer wieder mit Aufruhr, Widerstand und Umsturz rechnen musste und oft auch so endete.

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„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Mit der Entdeckung des Unbewussten hat man die nachhaltigere Wirkung von „soft power“ entdeckt. Sie beschreibt das gesamte Spektrum von Techniken zur Manipulation der öffentlichen Meinung, unterstützt und weitergegeben durch Netzwerke, Stiftungen, Think-Tanks und Lobbygruppen, durch Medien und Kulturindustrie, sowie durch den gesamten Erziehungs-, Bildungs- und Ausbildungssektor. Die Wirkungen solcher Soft-Power-Techniken sind für die Bevölkerung weitgehend nicht spürbar; bis auf das „Framing“ und „Nudging“ sind diese Methoden noch kaum ins Bewusstsein der Mehrheit gedrungen. Es ist also auch kaum mit Protesten gegen diese Formen der Indoktrination zu rechnen. 

Im Gegenteil: Durch gezielte Ablenkungsmanöver, durch seichte Unterhaltung, ungebremsten Sex, durch Stimulanzien jeder Art, Drogen zur Bewusstseinskontrolle und Dauerbeschallung mit immer derselben Love-Sex-Rausch-Thematik haben die Menschen begonnen, ihr Sklaventum anzunehmen. Aldous Huxley hat diese Gefahr schon in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in seiner Dystopie „Schöne neue Welt“ heraufbeschworen. Der beste Weg, die Menschen in einem Gefängnis zu halten, sei, dass ihm nicht bewusst wird, hinter Gittern zu leben. Auch das schlechte Gewissen ist leicht zu wecken, wenn der richtige Auslöser gedrückt wird. Parolen wie „Refugees welcome“, „Rettet den Regenwald“ und „Black lives matter“ zur Gewissenserleichterung und für ein moralisches Überlegenheitsgefühl gehen um die Welt und halten die Menschen oft in einer lähmenden Weltuntergangsstimmung. Wie es gelingt, die Bevölkerung durch die Mittel des Schürens von Angst fügsam zu machen, haben wir gerade erlebt. 

Der „demokratische Feudalismus“

Während der Staat verarmt, werden Top-Milliardäre immer reicher und mächtiger. Macht und Vermögen bündeln sich in immer weniger Händen. Bündel, auf Italienisch „fasces“, wurden übrigens die ein Beil umschließenden Ruten der römischen Liktoren genannt, die sie als Zeichen ihrer Amtsgewalt als höchste Staatsbeamten bei sich trugen. Die heutige Herrschaftsform könnte man auch mit dem Begriff „demokratischer Feudalismus“ bezeichnen. Unter dem Deckmantel der Demokratie ziehen uns Großkonzerne – wie früher die Feudalherren – das Geld für den Ausbau ihrer Herrschaftsbereiche aus den Taschen. Die Großen schlucken immer ungenierter die Kleinen; in der Krise unserer Tage wird das deutlich sichtbarer für die, die noch sehen und beobachten können. Durch die Corona-Maßnahmen stehen wir nun vor einem wirtschaftlichen Desaster, dessen Ausmaße sich heute noch niemand vorstellen kann.

Wahnsinn der Massen
Identitätspolitik oder die Zersplitterung der Gesellschaft
Angela Merkel hat seit ihrem Amtsantritt alles dafür getan, den Globalisten den Weg zu bereiten. Es lohnt sich, auf ihre Reden zurückzugreifen, in denen sie uns immer mal von ihren Plänen und ihrem „Demokratieverständnis“ erzählt, ohne dabei rot zu werden. Hier in einer Rede zur Vorstellung des Allensbacher Jahrbuchs der Demoskopie „Die Berliner Republik“ am 3. März 2010 in Berlin: 

„Aber genau deshalb bin ich auch zutiefst davon überzeugt, dass es richtig ist, dass wir eine repräsentative Demokratie und keine plebiszitäre Demokratie haben und dass uns die repräsentative Demokratie für bestimmte Zeitabschnitte die Möglichkeit gibt, Entscheidungen zu fällen, dann innerhalb dieser Zeitabschnitte auch für diese Entscheidungen zu werben und damit Meinungen zu verändern. Wir können im Rückblick auf die Geschichte der Bundesrepublik sagen, dass alle die großen Entscheidungen keine demoskopische Mehrheit hatten, als sie gefällt wurden. Die Einführung der Sozialen Marktwirtschaft, die Wiederbewaffnung, die Ostverträge, der Nato-Doppelbeschluss, das Festhalten an der Einheit, die Einführung des Euro und auch die zunehmende Übernahme von Verantwortung durch die Bundeswehr in der Welt – fast alle diese Entscheidungen sind gegen die Mehrheit der Deutschen erfolgt. Erst im Nachhinein hat sich in vielen Fällen die Haltung der Deutschen verändert. Ich finde es auch vernünftig, dass sich die Bevölkerung das Ergebnis einer Maßnahme erst einmal anschaut und dann ein Urteil darüber bildet. Ich glaube, das ist Ausdruck des Primats der Politik. Und an dem sollte auch festgehalten werden.“

The great reset

Vor unseren Augen vollzieht sich eine Neuordnung von dystopischen Ausmaßen. Global wurden und werden ganze Länder wegen eines Virus‘ lahmgelegt, über dessen Gefährlichkeit man anfangs noch gar nichts wusste und zu dessen Bewertung man nur wenige Wissenschaftler zuließ und sämtliche anderen wissenschaftlichen Expertisen ausgeschlossen hat.

„The great reset“ für eine „bessere Welt“ hat sich das „Weltwirtschaftsforum“ als Motto für seinen nächsten Gipfel 2021 vorgenommen. Klaus Schwab, Mastermind des Forums, will den Bevölkerungen die „neue Normalität“, die neue Technikwelt, als erstrebenswert verkaufen, und bereits im April trafen sich im Internet nachwachsende Anhänger der absoluten Künstlichkeit unter dem Motto „Reset everything“. Es geht um eine tiefgreifende Transformation der Gesellschaften; um Medien, Umwelt, Gesundheit/Impfungen, 5 G, Transhumanismus und um künstliche Intelligenz. Schon 2013  startete Barack Obama eine Initiative namens BRAIN (Brain Research through Advancing innovative Neurotechnology), die darauf abzielt, die Entwicklung von innovativen Neurotechnologien zur Förderung des Verständnisses des menschlichen Gehirns zu beschleunigen – natürlich wieder nur, um Krankheiten wie Alzeimer zu heilen und gelähmte Menschen aus dem Rollstuhl zu befreien. Zitat Obama: „We have a chance to improve the lives of not just millions, but billions of people on this planet through the research that’s done in this BRAIN initiative alone.“

Auslöschung der Vergangenheit

Machtkonzentrationen versuchen – wie früher, so auch heute – die Vergangenheit auszumerzen, auf dass nicht mehr auf die einst hart erkämpften Werkzeuge des Humanismus‘ und der Aufklärung zurückgegriffen werden kann. Man soll nur die Welt kennen und deren Regeln befolgen, die die Machthaber für uns unter Vorgabe der Gleichheit aller Menschen bereit stellen.

Auch heute werden von Ahnungslosen wieder Denkmäler von ihren Sockeln gestoßen; Filme, Videos und Sendungen sollen aus dem kollektiven Gedächtnis getilgt und Bücher verfemt werden, anstatt sich kritisch mit der komplexen, unser Menschsein spiegelnden Vergangenheit auseinanderzusetzen, was nur möglich ist, wenn man die eigene Geschichte kennt. Heute heißt es: Weg damit! Egal ob Bismarck, Leopold II von Belgien oder Ghandi. Machen wir tabula rasa, fangen wir bei Null an, ist die Devise. Die taz ist besonders eifrig dabei, die Deutschen und ihre Kultur pauschal niederzuschreiben. Denis Yücel empfindet den „baldigen Abgang der deutschen Kultur“ als „Völkersterben von seiner schönsten Seite“. Und Hengameh Yaghoobifarah weiß: „So engherzig, trotzig, bitter und kleinlich, das ist die deutsche Kultur.“ Beobachtet man die Situation und hört man den notleidenden Künstlern zu, geht es den Mächtigen mit dem Lockdown auch darum, die Kulturlandschaft insgesamt abzuschaffen.

Die Vergangenheit als Lehrmeister

Greifen wir auf Werke und Ereignisse der Vergangenheit zurück, finden wir Beispiele, die uns eine Orientierung geben könnten. Fjodor Dostojewskijs Roman „Die Dämonen“ ist zum Beispiel auch heute noch – nach 150 Jahren – hoch aktuell. Die dramatische Handlung stellt das Modell eines Umsturzes in einer russischen Provinzstadt des vorrevolutionären Russland dar, ausgeführt von einer kleinen Gruppe skrupelloser, menschenverachtender Aufrührer, denen jedes Mittel recht ist, um ihre umwälzenden Ziele zu erreichen. Wie immer bei fanatischen Weltverbesserern geht es dabei wieder um die Schaffung eines „neuen Menschen“.  Dostojewskij nimmt voraus, was im Namen der Gleichheit im zwanzigsten Jahrhundert geschehen wird. 

Im Europa der 68er wurden Mao und seine Bibel von antiautoritären Studenten, Linksradikalen und Intellektuellen gleichermaßen gefeiert. Während der „Große Vorsitzende“ und seine Kulturrevolution Millionen Menschen in Verzweiflung und Tod trieb, galt er den 68ern als Vorbild für eine neue Ordnung. Studentenführer Rudi Dutschke in einer Diskussion mit u.a. Rudolf Augstein und Ralf Dahrendort an einem Tisch – ja, das war damals noch möglich: „Revolution ist nicht ein kurzer Akt, wo mal irgendwas geschieht und dann ist alles anders. Revolution ist ein langer komplizierter Prozess, wo der Mensch anders werden muss.“ 

Gewinner ist die Islam-Fraktion
Rassismus als Instrument eines Kampfes politischer Ideenlehren
Die Vergangenheit hat gezeigt: Der Mensch bleibt – mit seinen tiefsten Abgründen bis in die höchsten kulturellen Höhen – der Mensch, wie er sich in der Geschichte von jeher mit allen seinen Facetten gezeigt hat. Dass der Mensch per se moralisch gut ist, kann nur ein Heuchler behaupten, der keine Selbstkritik kennt oder irgendwelche Zwecke mit dieser Aussage verfolgt.

Wo sind die Intellektuellen geblieben, die unser kulturelles Erbe verteidigen? Willy Brandt hatte noch Schriftsteller wie Günter Grass als Wahlhelfer und Berater. Helmut Schmidt spielte Klavierkonzerte mit Justus Frantz und Christoph Eschenbach, war sein Leben lang mit Intellektuellen und Autoren befreundet und schätzte deren Meinung. Hamed Abdel Samad hat z.B. von einer Einladung in das Haus des Kanzlers berichtet. Gerhard Schröder lud Schriftsteller zum Abendessen und Gedankenaustausch ein. Zum Teilnehmerkreis der Treffen gehörten u.a. Martin Walser, Walter Jens, Günter Grass, Christa Wolf und der Philosoph Peter Sloterdijk; sowie die Regisseure Volker Schlöndorff und Jürgen Flimm. – Wer kennt heute noch diese Namen? Und welche Namen werden heute in diesem Zusammenhang genannt? Viele, denen unser kulturelles Erbe noch am Herzen liegt, sind aus der Öffentlichkeit verschwunden (entfernt worden). Heute heben der Frisör Udo Walz, Sportler wie Arne Friedrich und Franziska van Almsick, die Schauspieler Heiner Lauterbach und Sophia Thomalla, Popstars wie Lena und Heino und Regisseure wie der frühere APO-Sympathisant Volker Schlöndorf Angela Merkel in den Himmel.

Die Reduktion des Menschenbildes auf einen „neuen Menschen“

Durch die Genderideologie und die Orientierung an sexuellen Minderheiten verschwimmt das klassische Bild Mann-Frau-Kind-Familie, mit dem sich die Menschheit bis heute identifiziert hat. Die uns jetzt aufoktroyierte „neue Normalität“ ist schon lange in der Entwicklung und fühlt sich alles andere als „normal“ an. Es ist eine schizophrene Kunstwelt, an die sich der Mensch anzupassen hat, ohne je gefragt worden zu sein. Transhumanismus will die Grenzen menschlicher Möglichkeiten durch den Einsatz technischer Verfahren erweitern. Absurderweise unter der Maxime der Wiederentdeckung und Rettung der Natur, von der wir uns gleichzeitig emotional immer weiter entfernt haben. Man will uns einreden, dass diese von einer Machtelite geschaffene Welt die bessere für uns ist.    

Künstliche Intelligenz klingt beeindruckend, doch Intelligenz allein beschreibt den Menschen keinesfalls. Das abendländische Menschenbild, das christliche Bild des Menschen, das Bild des Humanismus, der Aufklärung und der Psychoanalyse ist ein anderes, ein unendlich reicheres, komplexeres, emotionales, fantasiebegabtes, nach Transzendenz strebendes – mit einer Seele – wie immer man Seele verstehen will.

Interview Talk Radio London
Douglas Murray, Winston Churchill und Ausschreitungen unter dem BLM-Banner
Viele unserer Mitmenschen haben sich in diesen Jahren anscheinend problemlos mit der Macht gleichgeschaltet und sind für jedes Gegenargument unzugänglich geworden, ohne den Schaden wahrzunehmen, zu dem sie durch ihre Ahnungslosigkeit und Untätigkeit beitragen. Die Älteren glauben, dass alles noch so funktioniert, wie sie es in ihrer Kindheit und Jugend gekannt haben und ignorieren die schon von George Orwell in seiner Dystopie „1984“ geschilderten Gefahren einer weltweiten Überwachung und Kontrolle, indem sie ihre Daten, d.h. ihr privates Leben, sorglos preisgeben. Die Jungen wachsen schon in die schöne neue Welt hinein und wissen kaum noch etwas vom reichen geistigen Jahrhunderterbe unseres Kontinents. Den Blick auf ihr I-Phone gesenkt bemerken sie nicht, wie sich ihr Horizont immer mehr verengt. Durch das ihnen eingepflanzte Gefühl, auf der richtigen Seite, auf der Seite der moralisch Überlegenen, zu stehen, glauben sie, über alle Zweifel erhaben zu sein und das Recht zu haben, differenziertere Meinungen auszugrenzen.

Das Einzige, was uns derzeit bleibt ist, die Augen offen zu halten, sich auf die überlieferten „Werkzeuge“ von Humanismus und Aufklärung,  auf unsere so mühsam erkämpften demokratischen Werte zu besinnen und denen, die uns in die „Vierte Industrielle Revolution“ führen wollen, unsere Zustimmung zu verweigern.

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