Nicht selten unterstellt man uns Deutschen, wir würden zu viel nachdenken. Zum Beispiel in Bezug auf das Kinderkriegen. Da lamentieren wir herum, machen uns (berechtigte) Gedanken über Vereinbarkeit von Familie und Beruf und das finanzielle Risiko und am Ende sind wir, wenn es ganz schlecht läuft, 45 und leben mit unseren 10 Katzen in einer Singlewohnung.
Und so kommt es, dass man als Islamkritiker pauschal als Rassist bezeichnet wird und der Ausländer zur unantastbaren heiligen Kuh, an dessen guter Seele keine einzige Sekunde gezweifelt werden darf. Das Fremde wird zum Guten per se verklärt, die andere Kultur zur grundsätzlichen Bereicherung, auch wenn man sich bis heute insbesondere in Bezug auf die islamische Kultur schwer damit tut, diese Bereicherung für die westliche Gesellschaft genau zu lokalisieren. Dass all das nicht das Geringste mehr mit präventiven Maßnahmen gegen nationalsozialistisches Gedankengut zu tun hat, sollte wohl auch dem Letzten ersichtlich werden. Ja, im Zuge der vehementen Bestrebungen des Nicht-Vergessens, des aufdringlichen Anerinnerns bzw. Antrainierens von Impulsreaktionen, hat der ein oder andere – und das trifft vor allem auf Presse und Politik zu – vergessen, wogegen man eigentlich anerinnert und wie der Nationalsozialismus eigentlich funktionieren konnte.
Aber das hält natürlich trotzdem nicht davon ab, anderen ständig die eigene gewagte Vorstellung dessen, was Nazis und Rassisten ausmacht, überzustülpen – und es hat gewirkt. Wir sind eine durch und durch verunsicherte Gesellschaft, welche längst jegliches Gespür dafür verloren hat, was man sagen darf und was nicht und was politisch korrekt ist und was nicht und ob politische Korrektheit überhaupt wichtig und richtig ist oder eigentlich nur etwas, was einen hemmt, zu sagen, was wirklich Sache ist.
Es ist jene Verunsicherung, die uns lähmt. Die uns hadern, zögern lässt. Die dafür sorgt, dass wir doch nicht den Artikel auf Facebook teilen, den wir gerne geteilt hätten. Dass wir uns in der Diskussion nicht äußern, obwohl wir uns hätten äußern wollen. Nicht aufmucken, Haltung zeigen, wo wir aufmucken und Haltung zeigen sollten. Und erst recht, dass wir nicht demonstrieren, für unsere Werte und Rechte auf die Straße gehen, wo wir es doch sollten. Wo es doch kein anderes Thema gibt, keine andere Politik als die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin und der generelle Umgang mit dem Islam hierzulande, wo es so sehr geboten wäre.
Am laufenden Band hören wir mittlerweile von Frauen, die von Asylbewerbern vergewaltigt werden. Dabei geht es nicht darum, zu behaupten, vorher wäre nicht vergewaltigt worden, aber diese Taten sind anders, sie sind neu und sie wären alle nicht passiert, ohne die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. Der Terror ist ebenfalls längst in Deutschland angekommen. Auch hier war die Balkanroute das Einfallstor.
Ohne „Migrationshintergrund“ nichts mehr wert?
Die Kanzlerin schert all das nicht. Sie trifft sich stattdessen mit den Opfern des Anschlags auf eine Dresdner Moschee. Da spielt es auch keine Rolle, ob die Hintergründe des Anschlags abschließend geklärt sind oder die Betreiber der Moschee Antisemiten. Ob es vielleicht auch einmal gut getan hätte, zu sehen, dass die Kanzlerin mit Opfern der Silvesternacht in Köln spricht. Der Mensch ohne Migrationshintergrund ist in Deutschland nun einmal nichts mehr wert, weil man ihn nicht als Statement gegen den Fremdenhass medienwirksam verwerten kann. Weil man nicht merkt, dass man mit solch einer Einseitigkeit in der Behandlung der Menschen nur noch mehr davon schürt. Weil er einfach seine Steuern zahlen und ansonsten den Mund zu halten soll, will er nicht als Rassist bezeichnet werden.
Nun könnte man ewig so weitermachen und auf die Politik, die Medien und Leute schimpfen, die Lamya Kaddor einen Integrationspreis verleihen. Die eigentliche Frage lautet jedoch: Warum lassen wir uns das gefallen? Warum wehren wir uns nicht gegen die eigene Degradierung?
Und da sind wir wieder: Bei der Verunsicherung, die uns lähmt. Die manchen von uns immer noch das Gefühl gibt, dass es vielleicht doch sein könnte, dass wir die Schuldigen sind. Dass wir irgendetwas falsch machen oder die falschen Ansichten haben. Oder weil wir Angst um unseren Job oder vor sozialer Isolierung haben, auch wenn es so viel mehr gibt, die so denken wie wir, als wir glauben.
Auf der anderen Seite stehen nur allzu oft jene, die sich gar nichts mehr sagen lassen. Die es irgendwann satt hatten, sich als Nazi bezeichnen zu lassen. Für die all diese Diffamierungen, das Stigma des Rechten seine Wirkung verloren hat. Aber auch das birgt Gefahren, auch hier fehlt oft das Maß. Es verkehrt sich ins Gegenteil und die wenigstens davon merken irgendwann, dass ihre Kritik in Hass umgeschlagen ist und dass auf sie der Begriff des Rassisten am Ende wirklich zutrifft.
Die Straße zurückerobern
Es sind jene, die uns zusätzlich zu den Moralisten verunsichern. Jene, mit denen wir natürlich nicht in einen Topf geschmissen werden wollen. Das ist vor allem ein Problem in Bezug auf die Straße, die Demonstration. Was ist die richtige Form von Protest? Es ist jene Frage, über die wir mindestens so lange nachdenken, wie über das Kinderkriegen. Bis es irgendwann zu spät ist. Bis wir mit 10 Katzen in unserer Singlewohnung hocken und uns irgendwann in einem der islamischen Gottesstaaten in den Parallelgesellschaften des Landes wiederfinden.
Was tut man, wenn all die Worte im Netz, das Teilen von Artikeln, die vielen Diskussionen nichts nützen? Wenn der Protest nur gehört wird, wenn er eben nicht friedlich ist? Wenn er beleidigend und mitunter rassistisch ist? Was, wenn die Straße nur als Möglichkeit für die andere Seite dient, uns alle in die rechte Ecke zu stellen und sich dort deswegen größtenteils nur noch jene anfinden, die man nicht mehr erreicht, denen all das mittlerweile egal ist?
Vielleicht müssen wir genau darüber aufhören, nachzudenken. Vielleicht müssen wir einfach die Straße zurückerobern. Uns weder vor der einen noch der anderen Seite scheuen und unseren eigenen inneren Kompass als Wegweiser in der Frage nutzen, was man sagen und tun darf und was nicht.
Ist es Nazi, gegen den Ausverkauf der weiblichen Freiheit auf die Straße zu gehen? Ist es rassistisch, die eigenen liberalen Werte gegen die Einflüsse der islamischen Ideologie zu verteidigen? Ist es richtig, den einen ein absolutes Recht auf kulturellen und religiösen Stolz einzuräumen, wenn wir uns selbst dafür als Nazis betiteln lassen? Was ist uns am Ende wichtiger? Immer politisch korrekt gewesen zu sein oder die Freiheit verteidigt zu haben? Das Risiko, falsch zu liegen, besteht immer. Ob man auf die Straße geht oder zu Hause bleibt. Die Frage ist: Welche Konsequenzen bei Fehleinschätzung schwerer wiegen.