Der größte Umweltsünder weit und breit – das ist der liebe Gott allzeit. [Sünder, nicht Sau, wir sind ja hier nicht beim WDR und es geht im folgenden vor allem um Gottes Bodenpersonal]. Nicht die Omas, die Chinesen oder Donald Trump, nein der Schöpfer höchstselbst ist es, der diese unangefochtene Spitzenposition seit Menschengedenken (und schon davor) innehat.
Besonders hervorzuheben ist sicherlich die vom Schöpfer persönlich veranlasste Sintflut, die man wohl als die größte Umweltkatastrophe in der Geschichte der Menschheit bezeichnen kann. Aber auch die ungezählten umweltzerstörerischen und teils auch – Gott bewahre! – klimaschädlichen Vulkanausbrüche, Erdbeben, Orkane, natürlichen Brände und so weiter kann man getrost ihm, dem Schöpfer, zurechnen.
Bewahrung der Schöpfung – das neue Wieselwort der Klimapropaganda
Obwohl der Schöpfer also nun nicht gerade ein leuchtendes Vorbild in Sachen Umwelt-, Natur- und Klimaschutz ist, ist seit geraumer Zeit dennoch allenthalben von „Bewahrung der Schöpfung“ die Rede. Und damit ist der etwas launigere Teil dieses Beitrags beendet.
Kaum noch ein Politiker oder Kirchenvertreter, der ohne diese Phrase auskommt. Es ist ein Wieselwort wie das von der sozialen Gerechtigkeit. Hört sich gut an, jeder kann jeder sich was anderes darunter vorstellen – von sauberen Flüssen bis zum Kampf gegen den Klimawandel. Und jeden, der dieses Paradigma infrage stellt, kann man verleumden – als Feind der Schöpfung, der Umwelt und der Menschheit.
Die Idee von der Bewahrung der Schöpfung nahm übrigens seinen Anfang 1983 auf der 6. Vollversammlung des Weltkirchenrates in Vancouver (siehe hier). Die DDR-Delegation machte den Vorschlag, einen „konziliaren Prozeß gegenseitiger Verpflichtung auf Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ zu beginnen. Der wurde dann auch beschlossen (siehe hier), und – fast als wäre es heute – verbunden mit dem Kampf gegen Rassismus und Sexismus (sowie Militarismus, Unterdrückung der Kasten und Klassenherrschaft).
Aber erst seit kurzem, vor allem mit dem Aufkommen der Klima-Dauerpropaganda, hat sich die religiöse Formel von der Bewahrung der Schöpfung so richtig in Politik und Gesellschaft – und Kirche – durchgesetzt.
Das Gefährliche daran: Zum ersten Mal in der Geschichte des Christentums scheint es einer politischen Ideologie zu gelingen, das Christentum konfessionsübergreifend und fast widerspruchslos für sich in Beschlag zu nehmen. Dir Kirchen tragen damit wesentlich zum Comeback des gottes- und menschenfeindlichen Sozialismus bei.
Bewahrung der Schöpfung – biblisch betrachtet substanzloses Gerede
Dabei steht das Gerede von der „Bewahrung der Schöpfung“ theologisch auf sehr dünnem Eis. Bei Jesus Christus findet man jedenfalls kein Eintreten für Umwelt, Natur oder Klima. Gestützt wird dieser Gedanke denn auch aus zwei Stellen des Alten Testaments.
In Genesis/Mose 1,31 heißt es, nachdem Gott alles geschaffen hatte: „Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut.“ Aus diesem Satz wird abgeleitet, dass die Schöpfung gut sei und es den Menschen obliege, sie zu hegen und pflegen und nicht zu zerstören.
So gut war das alles offenkundig aber auch nicht, was Gott gemacht hatte, wenn er seitdem eine Umweltkatastrophe nach der anderen und einen ständigen Wandel von Natur und Klima auslöst. Der ständige Wandel ist geradezu eine Konstante der Schöpfung.
Die zweite Bibeltextstelle ist Genesis/Mose 2,15: „Gott, der HERR, nahm den Menschen und gab ihm, seinen Wohnsitz im Garten von Eden, damit er ihn bearbeite und hüte (bewahre).“ Vor allem aus diesem Satz wird die Pflicht des Menschen zur Bewahrung der Schöpfung hergeleitet.
Das Problem hieran: Gott war es, der den Menschen eben aus diesem Garten Eden vertrieben hat, nachdem der Mensch verbotenerweise vom Baum der Erkenntnis gegessen hatte, und der überdies dafür sorgt, dass der Mensch dahin nicht mehr zurückkehren kann. Es ist also abseits jeglicher Interpretation des Begriffs „bewahren“ absurd, eine Aufforderung Gottes heranzuziehen, die für ein Gebiet galt, in dem sich der Mensch längst nicht mehr befindet.
Die Schöpfungs-Bewahrungs-Apologeten stehen damit vor einen doppelten – unlösbaren – intellektuellen Dilemma: Sie wollen die Schöpfung in einem bestimmten Zustand bewahren (z. B. mit einer bestimmten Globaltemperatur), die Gott selbst nicht bewahrt und die der Mensch auch nicht bewahren kann. Und sie müssen dem Menschen ein nicht unerhebliches Maß an Zerstörung der Schöpfung zugestehen, da es anderenfalls keinen technischen und wissenschaftlichen Fortschritt gäbe und eine Verbesserung der Lebensverhältnisse nicht möglich wäre. Wobei sie nicht in der Lage sind darzulegen, in welchem Zustand die Schöpfung konserviert (bewahrt) werden soll und welches Maß an Zerstörung zulässig sein soll.
Kein Freibrief für Zerstörung der Umwelt
Der Katechismus der katholischen Kirche sieht dementsprechend die Schöpfungsmitverantwortung des Menschen nicht darin, einen bestimmten Zustand der Schöpfung zu konservieren, sondern an deren Vervollkommnung mitzuarbeiten. Es heißt im Katechismus, Nr. 307: „Gott ermöglicht so den Menschen, vernünftige, freie Ursachen zu sein, um das Schöpfungswerk zu vervollständigen und zu ihrem und der Mitmenschen Wohl seine Harmonie zu vervollkommnen.“
Wie diese Mitverantwortung des Menschen auszusehen hat, gibt der Katechismus nicht vor. Er stellt das Wohl der Menschen in den Vordergrund und definiert weder Umwelt- oder Klimaziele noch das Maß der zulässigen Zerstörung der Umwelt. Wie dieses Wohl der Menschen am besten zu erreichen ist, muss Gegenstand der gesellschaftlichen/politischen Diskussion sein.
Illegitimes religiöses Verbrämen der eigenen politischen Ansicht
Nur zur Klarstellung: Das ist natürlich kein Freibrief, Umwelt/Natur nach Belieben zu zerstören. Niemand hat das Recht, die Lebensgrundlagen seiner Mitmenschen über das notwendige Maß hinaus zu beeinträchtigen oder zu zerstören. Das muss man gar nicht religiös begründen, sondern ist Ausdruck liberalen Denkens. Aber die Natur dient den Menschen, und nicht umgekehrt. Die Nutzung, auch die Zerstörung, der natürlichen Ressourcen der Erde hat den Menschen Wohlstand und Sicherheit gebracht. Mit diesen Ressourcen sorgsam umzugehen, die Gott zur Verfügung gestellt hat, ist ein Gebot der Vernunft. Wie stets ist hierbei abzuwägen zwischen den unterschiedlichen Interessen der einzelnen Menschen. Es ist daher beispielsweise ebenso legitim, gegen den Bau einer Fabrik einzutreten, weil Umwelt- und daraus folgend Gesundheitsschäden befürchtet werden, wie für deren Bau zwecks Erhöhung des Wohlstands und der damit verbundenen Verbesserung der Lebensverhältnisse.
Nicht legitim ist hingegen, wenn Kirchen als Institutionen und Kirchenvertreter sich bei diesem Abwägungs- und Entscheidungsprozess auf den Schöpfer oder die Bibel berufen, ihre (in Teilen noch vorhandene) religiöse Autorität in Anspruch nehmen und ihre eigene politische Sichtweise religiös verbrämen.
Grünen-Parteitag im Vatikan
Das hindert führende Kirchenvertreter jedoch nicht, die Bewahrung der Schöpfung als quasi 11. Gebot zu propagieren und eine Theologie des Klimauntergangs und Klimatods zu predigen.
Man lese nur einmal die Rede des katholischen Kardinals Reinhard Marx anläßlich der Amazonas-Synode im Oktober 2019 im Vatikan. Bei 448 Wörtern enthielt die Rede den Begriff Klima einschließlich Zusammensetzungen achtmal, den Begriff Ökologie/ökölogisch fünfmal und die Worte Jesus, Christus, Gott, Glaube, Bibel jeweils 0 (in Worten: Null) Mal. Das war reinster Polit-Sprech, ein paar „Highlights“: „Klima ist ein kollektives Gemeingut“, „Ausstieg aus den fossilen Energieträgern und ein umfassender ökologischer Wandel“ erforderlich, „nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster entwickeln“, „… droht der Tropenwald komplett auszutrocknen, mit unkalkulierbaren Folgen für das Weltklima“. Als wenn der Grünen-Parteitag im Vatikan abgehalten worden wäre. Oder theologisch gesprochen: das Klima als neuer Götze.
„Neuauflage“ von Kirche im Sozialismus
Ganz neu ist diese Annäherung von Christentum an sozialistische Vorstellungen nicht. In der DDR-Diktatur gab es die Formel von der „Kirche im Sozialismus“. Diese Formel war keine bloße Ortbestimmung oder nur der legitime Versuch, der Kirche ihren Lebensraum in einer glaubensfeindlichen Gesellschaft zu erhalten. Sie war ideologische Positionsbestimmung und Ausdruck des Bestrebens, Sozialismus und Christentum zu verbinden.
Vor allem die Leitung der evangelischen Kirche machte sich diese Formel zu eigen. An der Basis gab es aber durchaus zahlreiche andere Stimmen. Die katholische Kirche hingegen lehnte die Formel ab. Ihr damaliger Papst Johannes Paul II verstand sich als strikt antisozialistisch. Ihm war noch bewusst, dass sich Christentum und Sozialismus diametral gegenüberstehen. Auf der einen Seite der Glaube an einen persönlichen Gott, auf der anderen Seite eine Weltanschauung, die diesen Glauben an Gott bewusst und radikal ablehnt.
Für die katholische Kirche in der DDR galt, was Bischof Spülbeck sagte: „Für den katholischen Christen ist die DDR ein fremdes Haus. Er hat an dessen Grundlagen nicht mitgebaut, erhält sie sogar für falsch. Die Frage ist nur, wer macht in diesem Haus die Treppe sauber.“ Ungeachtet all ihrer – zum Teil schäbigen – Verstricktheit in die DDR-Diktatur boten letztlich beide Kirchen dennoch auch Menschen mit systemablehnenden, antisozialistischen Vorstellungen Raum und Zufluchtsmöglichkeit, und zwar nicht nur physisch, sondern vor allem geistig.
Kirchen als Handlanger fremder Polit- und Finanzinteressen
Um so mehr muss es erschrecken, mit welcher Willfährigkeit sich die christlichen Kirchen heutzutage den Propagandisten des Klimawandels andienen. Wie sehr sie (öko)sozialistischen Vorstellungen eine religiöse Legitimation verschaffen.
Theologisch ist dies – wie gezeigt – nicht zu rechtfertigen. „Machet die Erde untertan“, heißt es in Genesis/Mose 1,28. Das kann man sicher auch etwas weniger drastisch übersetzen. Doch seit jeher haben die Menschen diese Aufforderung Gottes genauso so verstanden. Als Ebenbild Gottes sind sie zwar Teil der Schöpfung, stehen aber über der Natur. Das Christentum ist keine Naturreligion und kennt hingegen keine Heiligkeit der Natur oder des Klimas.
Die Kirchen indes machen sich zu Handlangern fremder Polit- und Finanzinteressen. Indem sie mit ihrer Beteiligung an der Dauerpropaganda von der Bewahrung der Schöpfung und des drohenden Klimatods einseitig in einen höchst kontroversen politischen Meinungsstreit eingreifen. Indem sie auch an der sozialen Ächtung Andersmeinender mitwirken. Indem sie mitmachen bei dem Versuch, den Menschen einzureden, sich für ihren Lebenswandel schämen und schuldig fühlen zu sollen. Kurz: Die Kirchen verraten ihren Glauben.
Aber noch ist nicht alle Hoffnung verloren. Bei Wikipedia (Stand: 16.01.20) heißt zum Stichwort „Bewahrung der Schöpfung“: „Diese Interpretation der Bibel ist keineswegs universell; viele christliche Kirchen, gerade auch außerhalb Deutschlands, sehen es nicht als Aufgabe der Kirchen, sich beim Umweltschutz zu betätigen.“