Tichys Einblick
Zwei Jahre Anschlag auf Nordstream

Die offene Wunde am Herzen der Ampel

Zwei Jahre Anschlag auf die Ostsee-Pipeline Nordstream. Zwei Jahre tappen Regierung und Ermittlungsbehörden im Dunkeln. Offiziell. Die Affäre zeigt unter anderem, wie maßlos überfordert Justizminister Marco Buschmann ist.

IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Tauchen in der Tiefe der See. Gewaltige Ladungen von Sprengstoff und Täter, die nach einer auffälligen Tat scheinbar unauffindbar verschwunden sind. Von Anfang an war klar, dass der Anschlag auf die Ostsee-Pipeline Nordstream nicht die Tat von Privatleuten gewesen sein kann. Dass es Staaten, Militär und Geheimdienste benötigt hat, um einen solchen Anschlag komplett folgenlos ausüben zu können.

Seit zwei Jahren bezieht sich die Ampel auf die Ermittlungen des Generalbundesanwalts, wenn es um die Täter geht. Seit zwei Jahren schweigen die Generalbundesanwälte zu der Tat, weil sie den „Erfolg der Ermittlungen“ nicht gefährden wollen. Dabei haben erst amerikanische und dann deutsche Journalisten längst darüber berichtet, dass die USA ihren Partner Deutschland vorab über die Tat informiert hätten. Dass die Spur in die Ukraine führt. Und dass es einen Täter gibt, der unter den Augen deutscher Behörden im Partnerland Polen gelebt habe, von wo aus er rechtzeitig untertauchen durfte. Journalisten wissen das. Der Generalbundesanwalt hat in Sachen Nordstream bisher keinerlei Erfolg – und will den auch nicht gefährden.

Die jüngsten Berichte des Spiegels gehen sogar weiter: Demnach wusste der damalige ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyi von der Tat und habe sie abgesegnet. Die Täter kamen mutmaßlich aus der Ukraine, der ukrainische Oberbefehlshaber wusste davon und die Täter genossen die Hilfe mächtiger Freunde. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyi soll aber nichts davon gewusst haben, versichert der Spiegel – vielleicht hat Selenskyi es aber auch vergessen oder verscholzt.

Die Ukraine und die USA sind Bündnispartner der Deutschen. Ohne dieses Bündnis wäre Deutschland militärisch, wirtschaftlich und sicherheitspolitisch verloren und hilflos. Es entspräche durchaus der Staatsräson, über die Beteiligung der Partner hinwegzusehen – auch wenn deren Angriff auf unsere Infrastruktur eigentlich unerträglich ist. Staatsmänner müssen da manchmal durch und Generalbundesanwälte dann halt davon reden, dass sie ihre Erfolgslosigkeit nicht gefährden wollen.

Doch da wäre noch Marco Buschmann. Justizminister und das Gesicht zur Krise der 0,8-Prozent-Partei FDP. Er hat sich wenige Tage nach der Tat von Deutschlands größter Boulevard-Zeitung ablichten lassen und angekündigt: „So jagen wir die Pipeline-Saboteure“. Entweder hat der Justizminister seinerzeit gewusst, dass Deutschland die Saboteure nur jagen, aber nicht fangen darf – und war trotzdem eitel genug, sich für das großspurige Versprechen feiern zu lassen. Oder Buschmann war so naiv, die sich aufdrängenden Verstrickungen der Partner sowie die sich daraus ergebenden Notwendigkeiten nicht zu erahnen oder auch nur für möglich zu halten. So oder so. Für das Amt des Justizministers hat er sich damit als massiv überfordertes Leichtgewicht herausgestellt.

Buschmann hat mit seiner PR-Aktion die Sabotage zur Sache der Bundesregierung gemacht. Der Justizminister hat gezeigt, dass es weder Wladimir Putin braucht, noch das Internet oder „Putin-Trolle“, um den Staat zu delegitimieren. Buschmann hat sowohl das Vertrauen in die Kompetenz deutscher Ermittlungsbehörden erschüttert, als auch in die Ehrlichkeit der Bundesregierung und in die Zuverlässigkeit der deutschen Partner. Nordstream bleibt somit die offene Wunde am Herz der Ampel. Sie blutet – und hat ihren Anteil daran, dass die Partei des Justizministers ausblutet.

Anzeige
Die mobile Version verlassen