Tichys Einblick
Bayernwahl

Die meisten Medien bleiben der CSU falsche Berater

Der Ausgang der Landtagswahl wird in den Medien als ein Sieg der Befürworter von Merkels Asyl- und Migrationspolitik gefeiert. Die CSU solle daher Seehofer als Parteichef stürzen und auf Merkels Linie einschwenken. Die große Mehrheit der bayerischen Wähler will dies allerdings nicht.

© Getty Images

Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen sowie in den meisten überregionalen Tageszeitungen wird der Ausgang der bayerischen Landtagswahl als ein Beweis dafür interpretiert, dass die bayerischen Wähler mehrheitlich keine restriktivere Asylpolitik wünschten. Die CSU habe deswegen mit ihren asylkritischen Attacken gegen Merkel die Wahl krachend verloren, während die Grünen mit ihrer Politik der grenzenlosen Zuwanderung die eigentlichen Wahlsieger seien. Die CSU solle deswegen nicht nur ihren Parteivorsitzenden Seehofer auswechseln, sondern ihre Kritik an Merkel einstellen und am besten mit den Grünen eine Koalition bilden. Als formidable „Trauzeug*innen“ dieser neuen bayerischen Ehe, die die Grünen liebend gerne eingingen, böten sich vermutlich Anne Will und Maybrit Illner an.

CDU und CSU, das ist wie ….
CDU und CSU: Wenn eine Stiefschwester der anderen in die Suppe spuckt
Die beiden Talkshow-Diven haben zusammen mit Robert Habeck und Annalena Baerbock sowie mit zahlreichen anderen Medienvertretern wochenlang die Stimmung gegen den asylkritischen Kurs der CSU angeheizt, die Rechnung aber ohne die bayerischen Wähler gemacht. Diese haben nämlich mit zusammen 59 Prozent den drei asylkritischen Parteien CSU, Freie Wähler (FW) und AfD ihre Stimmen gegeben und nur mit insgesamt 27,2 Prozent für die Grünen und die SPD votiert, die sich nicht nur in Bayern, sondern bundes- und europaweit für eine Politik grenzenloser Zuwanderung stark machen. Die 5,1 Prozent Stimmen für die FDP lassen sich keinem der beiden Lager eindeutig zuordnen, da bis heute unklar ist, wo diese Partei in der Asyl- und Migrationsfrage tatsächlich steht.

Die Verluste der CSU sind somit keineswegs dem Umstand geschuldet, dass die bayerischen Wähler mehrheitlich gegen eine Wende in der Asyl- und Migrationspolitik sind, sondern dass es der CSU nicht gelungen ist, die Wähler davon zu überzeugen, dass sie diese Wende herbeiführen kann. Laut Infratest dimap haben rund 160.000 ehemalige CSU-Wähler deswegen der AfD ihre Stimme gegeben und rund 160 000 den Freien Wählern. Gleichzeitig hat die CSU aber auch rund 170.000 Wähler, die kein restriktiveres Vorgehen in der Asylpolitik wollen, an die Grünen verloren. Dies soll nun, ginge es nach den Mainstream-Medien, der Grund dafür sein, daß die CSU Seehofer stürzt und Merkels liberale Linie in der Asylpolitik übernimmt. Einer der Befürworter dieses Vorgehens ist Theo Waigel, der frühere CSU-Parteivorsitzende und Bundesfinanzminister unter Helmut Kohl.

In maximaler Entfernung zum Wähler
Angela Merkels Nicht-Schlüsse aus der Bayernwahl
Die Wählerwanderungen von der CSU hin zur AfD und den Freien Wählern auf der einen sowie zu den Grünen auf der anderen Seite legen das Dilemma, in dem die CSU seit Merkels Grenzöffnung steckt, offen zutage. Hätte sie gegen Merkel nicht nachhaltig opponiert, hätte sie wahrscheinlich nicht so viele Wähler an die Grünen, dafür aber noch mehr Wähler an die AfD oder die Freien Wähler verloren und überdies nicht rund 150.000 Wähler von der SPD gewonnen. Außerdem hätte sie sich gegen den offenkundigen Willen der Mehrheit der bayerischen Bevölkerung gestellt, die ein ebenso rechtskonformes wie restriktiveres Vorgehen in der Asyl- und Migrationspolitik wünscht. Damit würde sie sich auf einen ähnlichen Weg wie die SPD begeben. Diese hat die Interessen und Wünsche des Großteils ihrer früheren Stammwählerschaft inzwischen auf dem Altar einer neuen Heilsreligion der „multikulturellen Einwanderungsgesellschaft“ den Interessen und Wünschen eines neuen, überwiegend in den Großstädten beheimateten ökoliberalen Kleinbürgertums geopfert. Da die SPD als Partner der Großen Koalition zu asylpolitischen Zugeständnissen insbesondere an die CSU gezwungen ist, geht ihr diese Wählerklientel inzwischen aber auch zusehends Richtung Grüne und Linke von der Fahne.

Die CSU-Führung ist angesichts dieser Sachlage gut beraten, Waigels Empfehlungen nicht zu folgen, sondern ihren asyl- und migrationskritischen Kurs gegen Merkel und die SPD nicht nur in Bayern, sondern im Bund auch auf die Gefahr hin fortzusetzen, dass die Koalition in Berlin noch vor dem Ende der Legislaturperiode platzt. Ihre Beteiligung an der Merkel-Koalition im Bund hat der CSU in der Landtagswahl nicht genutzt, sondern geschadet. Der Versuch, die bayerischen Wähler davon zu überzeugen, dass man als kleinster Koalitionspartner in Berlin gegen die Kanzlerin eine Wende in der Asyl- und Migrationspolitik herbeiführen könne, ist aufgrund des Widerstands von CDU und SPD wie aber auch mangels eigener Courage gescheitert. Der Abstieg in den Umfragen unter die 40 Prozent-Marke begann mit dem Verzicht der CSU-Führung auf die von Seehofer angekündigten Rückweisungen illegaler Asylbewerber an den deutschen Grenzen. Wer laut bellt, sollte im Ernstfall auch beissen oder eben nicht bellen, sonst verliert er an Glaubwürdigkeit. Das hat die einen CSU-Wähler zu den Grünen und die anderen zur AfD und zu den Freien Wählern getrieben.

Verbiegen, bis es passt
Nachwahl-Logik: Die Bayernwahl - medial betrachtet
Die seit dem Herbst 2015 andauernden Auseinandersetzungen zwischen CDU, CSU und SPD machen aber auch deutlich, dass es für die Verwirklichung politischer Konzepte in einer Koalitionsregierung Partner braucht, deren Konzepte den eigenen nicht diametral widersprechen. In Bayern dürfte diese Voraussetzung für die CSU mit den Freien Wählern weitgehend erfüllt sein. In Berlin ist sie es mit der Merkel-CDU und der SPD in der Asyl- und Migrationsfrage, der Mutter aller derzeitigen politischen Probleme, offenkundig nicht. Dies ist jedoch kein Grund, die eigene Linie zu verlassen und deren Konzepte zu übernehmen. Das würde den Glauben der Wähler an die von der CSU versprochene Wende in der Asyl- und Migrationspolitik endgültig zerstören.
Die mobile Version verlassen