Die SPD fordert in ihrem Wahlprogramm, dass die Abgeltungsteuer abgeschafft werden soll: „Wir wollen Einkommen aus Arbeit und Kapital wieder gleich besteuern, indem wir die Abgeltungsteuer abschaffen.“ Sie argumentiert, es sei „ungerecht“, dass Arbeitseinkommen höher besteuert würden als Einkommen aus Kapital.
Auf den ersten Blick ist das plausibel. Denn während die Abgeltungsteuer für Zinsen und Dividenden 25 Prozent beträgt, liegt der Höchstsatz bei der Einkommensteuer bei 42 beziehungsweise bei 45 Prozent („Reichensteuer“) – jeweils plus Soli.
Mehrfachbesteuerung
Beispiel: Nehmen wir an, eine GmbH hat einen Gewinn von 100 erwirtschaftet. Dann gehen davon 30 Steuern ab. Auf den Rest, also 70, entfällt derzeit die Abgeltungsteuer (inklusive Soli) von rund 26,4 Prozent. Das ergibt noch einmal eine Steuerlast von 18,48 Prozent. Insgesamt zahlt der Unternehmer bislang also in der höchsten Progressionsstufe einen Grenzsteuersatz von circa 48,5 Prozent Steuern, wenn man die Steuern, die das Unternehmen zahlt und die Steuern, die er als Privatperson zahlt, zusammenzählt.
Vergleich: Eine Privatperson zahlt in der höchsten Progressionsstufe einen Grenzsteuersatz von 45 Prozent plus Soli, zusammen 47,5 Prozent. Mit Blick auf Dividendeneinkünfte kann also gar nicht die Rede davon sein, dass Einkommen aus Kapital durch die Abgeltung steuer günstiger besteuert werden.
Will die SPD den Sparer schröpfen?
Was die SPD genau will, weiß man nicht. Auf mehrfache Nachfragen wurden Antworten fest versprochen, aber nie gegeben. Nimmt man ernst, was die Partei fordert, dann träte bei Abschaffung der Abgeltungsteuer der persönliche Einkommensteuersatz an die Stelle der bisherigen Regelung. Zugleich soll die Reichensteuer von derzeit 45 auf künftig 48 Prozent plus Soli angehoben werden.
Ein Unternehmer, der dem höchsten Steuersatz in der Einkommensteuer unterliegt, hätte also eine Grenzsteuerbelastung von 50,64 Prozent, die auf die verbliebenen 70 des Unternehmensgewinns (nach Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer) angewendet würde. Er müsste also noch einmal 35,45 Prozent Steuern bezahlen. Zusammen mit den 30, die er auf Unternehmensebene bezahlt hat, wären das 65,45 Prozent – fast zwei Drittel des Gewinns.
Sparer, das steht auf jeden Fall fest, sollen trotz Niedrigzinsen richtig abgezockt werden. Die Steuerlast auf Zinsen würde auch für Durchschnittsverdiener höher als bisher ausfallen und für Spitzenverdiener fast doppelt so hoch (48 Prozent statt 25 Prozent, jeweils plus Soli). Warum aber will die SPD Sparer, die durch die Niedrigzinspolitik (von der der verschuldete Staat profitiert) ohnehin gestraft sind, jetzt auch noch bei den Minizinsen schröpfen?
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe 09/2017 von Tichys Einblick Print erschienen >>