Erdogans Skandal-Verein will seinen Einfluss ausweiten: Erneut will ein DITIB-Verein Träger für die sogenannte „freie Jugendhilfe“ werden, diesmal in Essen. Als Träger der freien Jugendhilfe hätte DITIB Essen eine bevorzugte Stellung bei partnerschaftlichen Beziehungen zu öffentlichen Trägern. Schaut man sich die DITIB-Jugendverbände genauer an, ist dort allerdings eine problematische Erziehung nach dem Scharia-Recht – mit Geschlechtertrennung und Frauendiskriminierung – zu beobachten.
Immer wieder fällt der Verband DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V.) durch Propaganda, Spionage, Sympathien mit den Grauen Wölfen und Antisemitismus auf. DITIB untersteht direkt der Auslandsabteilung der türkischen Religionsbehörde „Diyanet“, die wiederum unmittelbar dem türkischen Präsidenten Erdogan untersteht. Der Verein DITIB ist somit nicht unabhängig und erhält seine Weisungen aus Ankara. Auch die Imame sind türkische Beamte.
Durch die Auslandsabhängigkeit propagiert DITIB den politischen Islam des türkischen Präsidenten Erdogan. Doch der Verein fällt auch durch Antisemitismus auf. Besonders während des 2021 aufflammenden Nahost-Konflikts, als die islamistische Hamas einen Terrorkrieg gegen den Staat Israel begann, lancierten Diyanet und DITIB antisemitische Propagandakampagnen. DITIB Dietzenbach postete zum Beispiel eine propagandistische Landkarte, die Israel als Dieb des Landes darstellen sollte, mit den Worten „Free Palastine“. Und Diyanet befeuerten in Freitagspredigten, im türkischen Fernsehen, auf der eigenen Webseite sowie in sozialen Medien ebenfalls einen bedenklichen Antisemitismus.
DITIB gewinnt neue Vorteile
Je öfter DITIB-Vereine in Städten als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt werden, desto mehr Vorteile gewinnt der Verband insgesamt. Denn Träger der freien Jugendhilfe erhalten eine bevorzugte Stellung bei partnerschaftlichen Beziehungen mit öffentlichen Trägern. Dadurch kann DITIB am Jugendhilfeausschuss und an anderen Arbeitsgemeinschaften mitwirken sowie gemeinsame Projekte initiieren. Eine Trägerschaft bedeutet nicht automatisch, dass Vereine beispielsweise eine Förderung für Projekte erhalten. Jedoch setzen viele Projekte eine solche Trägerschaft voraus. Für DITIB Essen würden sich also tendenziell Türen öffnen und neue Möglichkeiten bieten.
Am 14. Dezember 2021 soll der Essener „Jugendhilfeausschuss“ entscheiden, ob DITIB Träger der freien Jugendhilfe gemäß § 75 SGB VIII werden soll. Dieses Gesetz von 1990 schreibt vor, dass Vereine als Träger anerkannt werden können, wenn sie: 1. auf dem Gebiet der Jugendhilfe seit mindestens drei Jahren tätig sind, 2. gemeinnützige Ziele verfolgen, 3. auf Grund der fachlichen und personellen Voraussetzungen erwarten lassen, dass sie einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe zu leisten imstande sind, und 4. die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit bieten.
DITIB-Jugendverband erzieht Kinder nach der Scharia
Für DITIB ist es ein Leichtes, diese Kriterien zu erfüllen. Seit vielen Jahren leitet DITIB sogenannte „Landesjugendverbände“ in Bundesländern sowie städtische Jugendverbände. Außerdem verfügt DITIB über einen Bundesjugendverband. Diese DITIB-Jugendverbände müssen jedoch kritisch betrachtet werden. So organisierte die DITIB-Jugend Ludwigshafen einen Vortrag einer türkisch-stämmigen Ärztin, die ein Kopftuch trägt. Auf Bildern in den sozialen Medien sieht man, dass vorne in der ersten Reihe die Jungen sitzen, dahinter durften die Mädchen Platz nehmen, die mehrheitlich Kopftücher tragen. Die Ärztin referierte zum Thema „Islam und Medizin“. Auf einem der Fotos ist eine Präsentations-Folie zu sehen mit dem Titel „Körper als Amanah, eine Leihgabe Gottes“.
Unter der Überschrift „Verletzung/Veränderungen des Körpers“ steht: „… ist verboten ohne schariarechtlich erkennbaren Grund (inkl. Selbstmord)“. „Gewisse Überschreitungsgrenzen“ gebe es bei der Beschneidung aus medizinischen Gründen oder Trennung abgestorbener Gliedmaßen, so die Folie. Bedeutet das also, dass in DITIB-Jugendverbänden den Kindern auf deutschem Boden beigebracht wird, dass sie ihren Körper nur nach dem Scharia-Recht behandeln lassen dürfen? In Deutschland herrscht zwar Religionsfreiheit, aber kein Scharia-Recht. Hier gilt das deutsche Grundgesetz und gelten freiheitliche Werte. Jede Frau und jeder Mann kann über den eigenen Körper selbst entscheiden.
Geschlechtertrennung und Muslimbruderschafts-Nähe?
Deutsches Recht und Werte scheinen einigen DITIB-Verbänden jedoch genauso egal zu sein wie die im Westen errungene Gleichstellung von Frau und Mann. Bei vielen DITIB-Jugendverbänden wird Geschlechtertrennung praktiziert. Der Bund der muslimischen Jugend (BDMJ) veranstaltete 2019 das Seminar „Umwelt als Geschenk Allahs und der Umgang mit ihr im alltäglichen Leben“ in der DITIB-Moschee Mevlana Ludwigshafen, wo sich bereits für ein Foto Mädchen und Jungen getrennt voneinander aufstellen mussten. Der BDMJ wurde 2014 gegründet und ist faktisch der DITIB-Bundesjugendverband. Auf der DITIB-Webseite heißt es dazu: „Der BDMJ wurde auf der ersten ordentlichen Bundesdelegiertenkonferenz am 5. Januar 2014 in Köln gegründet. Er vertritt dabei die Interessen und Belange von ca. 850 Jugendgruppen und 15 Landesjugendverbänden unserer Religionsgemeinschaft auf Bundesebene.“ Der Einfluss des Verbandes ist also groß.
Zudem gibt es von DITIB-Jugendverbänden organisierte Veranstaltungen, die „nur für Mädchen sind“. Das bedeutet, Mädchen und Jungen werden schon in ihrer Jugend getrennt, indem nur separate Veranstaltungen für das jeweilige Geschlecht erlaubt sind. Solche finden sich beispielsweise beim Jugendverband DITIB-Ludwigshafen wieder; im Jahr 2020 fand in der DITIB Mevlana Moschee die Veranstaltung „Neuer Glaube neues Leben“ nur für Mädchen statt. Als Referenten wurden zwei junge Konvertitinnen eingeladen, die über den Übertritt zum Islam sprachen. Beide engagieren sich beim „Deutschsprachigen Muslimkreis Ludwigshafen/Mannheim“ (DMK LuMa), mit welchem DITIB kooperierte.
Eine der Referentinnen, Duo Mulas, nahm an dem Leadership-Programm „Aktive Stärkung Muslimischer Akteur*innen“ (ASMA) des Vereins „Inssan e.V.“ teil. Dem Verein Inssan wird eine Nähe zur Muslimbruderschaft nachgesagt; Vorstandsmitglieder verfügen über Verbindungen zu islamistischen Organisationen. Bei ASMA finden laut der Islamismusexpertin Sigrid Herrmann-Marschall „Treffen von muslimbrudernahen Organisationen statt“. Dass DITIB mit Muslimbruder-nahen und islamistischen Organisationen kooperiert, ist nichts Neues. Immer wieder fiel DITIB in den letzten Jahren damit auf, Muslimbrudernahe-Akteure in ihre Moscheen einzuladen. Doch es hat einen noch gravierenderen Beigeschmack, wenn es sich hier um Jugendverbände der DITIB handelt.
Auch auf Bildern des DITIB-Jugendverbandes Essen finden sich bei Vortragsveranstaltungen Mädchen und Jungen voneinander separiert. Oft sind vom Betrachter aus gesehen die Jungen rechts und die Mädchen links platziert. Auf einigen Veranstaltungen finden sich Hinweise wie „Für Damen und Herren“ oder „Am Ende des Vortrages können Brüder und Schwestern getrennt ihre Fragen stellen“. Selbst bei einem einfachen Picknick im Grünen im Jahr 2018 wurden die Jugendlichen nach ihrem Geschlecht auf die Picknickdecken verteilt. Das Muster wiederholt sich auf nahezu allen Bildern über viele Jahre hinweg.
Derzeit führt die islamistische Taliban-Regierung in Afghanistan dem Scharia-Recht entsprechend die Geschlechtertrennung ein, sodass an der Kabuler Universität die Frauen separat von den Männern sitzen müssen. Der einzige Unterschied zwischen Taliban und DITIB: Das Taliban-Regime hat zwischen den Geschlechterzonen einen Vorhang aufgehängt, um die Frauen für die Männer unsichtbar zu machen.
DITIB Essen: Kein Sex vor der Ehe!
Mehrmals im Jahr finden bei DITIB-Jugendverbänden, darunter dem Verband Essen, Vorträge über „Die Ehe im Islam“ statt. Angeblich gebe es eine „hohe Nachfrage“. Für solch einen Vortrag kam im Jahr 2018 der stellvertretende Generalsekretär der DITIB Köln, also ein Vorstandsmitglied der DITIB-Zentrale, persönlich als Referent beim Essener Jugendverband vorbei. Auf fast allen Bildern, die auf den Social-Media-Accounts des Jugendverbandes Essen zu finden sind, müssen die Mädchen getrennt von den Jungen sein – egal ob sitzend oder stehend. Auf einigen Programmflyern, die TE vorliegen, steht explizit „Jugendtreffen. Für Schwestern und Brüder“. Bei einigen „Jugendtreffs“ sind nur junge Männer zu sehen, wie sie mit Getränken an Tischen sitzen; weibliche Gesellschaft war bei solchen Treffen offensichtlich nicht erlaubt.
Verfolgt man die Beiträge über „Die Ehe im Islam“ genauer, erschließt sich die konsequente Geschlechtertrennung: Die DITIB will nicht, dass Mädchen und Jungen „Unzucht“ vor der Ehe begehen – aus schariarechtlichen Gründen. Bei den DITIB-Vorträgen „Ehe im Islam“ müssen die Mädchen ebenfalls getrennt von den Jungen sitzen. In einem Beitrag von 2018 steht unter einem veröffentlichten Bild zu solch einem Vortrag: „‚Nähert euch nicht der Unzucht (zina)‘. Der erste Blick – auch auf social media – ist nicht richtig, wenn dies mit Absicht erfolgt. Ein Muslim muss seine Blicke senken und dementsprechend handeln. (…) Jede Annäherung ohne die rechtliche und islamische Eheschließung ist problematisch“. Auch in einem weiterem Beitrag des Essener Jugendverbandes steht: „Alle Zusammenkünfte ohne nikah (Ehebund) sind verboten“.
Diese Beiträge legen nahe: Die DITIB bringt in ihren Jugendverbänden den Kindern bei, dass die Mädchen bis zur Ehe Jungfrau bleiben sollen, denn alles andere wäre schariarechtlich „Unzucht“.
Besonders betroffen von dieser Regelung sind junge Frauen in patriarchalisch geprägten Familienverhältnissen: Ihnen ist Sex vor der Ehe verboten, auch damit die Familienehre nicht verletzt wird. Geschieht dies dennoch, müssen viele Frauen um ihr Leben fürchten. In Deutschland sind bereits Hunderte sogenannte Ehrenmorde begangen worden.
„Zina“ (arabisch = Unzucht/Ehebruch) gilt in der arabischen Welt als „Verbrechen“. Erst letztes Jahr hetzte der türkische Diyanet-Chef Ali Erbas gegen Homosexuelle und „Unzucht“, daraufhin fragte die Tageszeitung Welt die DITIB vergeblich nach ihrer Haltung. Der Koran fordert für unzüchtige Unverheiratete hundert Peitschenhiebe, für Verheiratete fordert die Überlieferung die Todesstrafe durch Steinigung (Sure 24,2 f). Beispielsweise wird im Iran zina mit Steinigung („radschm“) bestraft. Durch den Laizismus hat in der heutigen türkischen Rechtspraxis das Wort „zina“ seinen direkten Bezug zur Religion verloren. Doch in der Türkei ist die Anzahl begangener Ehrenmorde sehr hoch.
Frauendiskriminierendes Erbrecht
Zudem behauptet der DITIB-Jugendverband Essen, dass die Frau nicht das Recht hat, mehr zu erben als der Mann. Davon war die Rede während eines Jugendtreffens – das scheinbar nur für Jungs bestimmt war – unter dem Titel „Geschlechterrollen im Islam“. „Aufgrund der Pflicht des Mannes, für seine Familie Sorge zu tragen und weil er dadurch erhöhte Anforderungen und Leistungen zu stemmen hat, steht dem Mann beim Erbe mehr zu als der Frau“, steht unter einem Beitrag von 2018.
Vielen muslimischen Frauen in Deutschland fällt es schwer, sich gegen ihren Mann oder ein anderes männliches Familienoberhaupt zu behaupten, indem sie ihre Selbständigkeit einfordern. Denn in konservativ-patriarchalischen Familien ist es der Frau verboten, zu arbeiten und ihr eigenes Geld zu verdienen. Ganz besonders, wenn es sich um einen Beruf handelt, der für eine Frau als unwürdig eingestuft wird wie zum Beispiel Handwerksberufe. DITIB vermittelt den Jugendlichen mit solchen Inhalten, dass die Frau weniger wert ist als der Mann, da die Frau nicht die Rolle zugebilligt bekommt, beruflich für die Familie Sorge zu tragen. Diese Rolle wird nur dem Mann zugesprochen. DITIB verbreitet also alte Rollenbilder, die Deutschland bereits seit Jahrzehnten überwunden hat.
Initiative der Linken in Essen gegen DITIB als Träger der freien Jugendhilfe
Der junge Politiker Civan Akbulut (Die Linke) ist im Jugendhilfeausschuss als „beratende Person“ vertretungsberechtigt. Akbulut ist Mitglied im Integrationsrat Essen und startete einen Aufruf, um zu verhindern, dass DITIB Träger der freien Jugendhilfe wird. Nach eigenen Angaben sei er im Integrationsrat Essen damit jedoch alleine. Auf der Webseite von DITIB-Essen steht: „DITIB Türkisch-Islamische Gemeinde zu Essen e. V. verfolgt Ziele, die ausschließlich mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland im Einklang stehen. Wir bekennen uns zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Unser Verein ist eine Überparteiliche Organisation und verbietet jede Art von parteipolitischer Aktivität in den Vereinsräumen.“ Die DITIB-„Essen Fatih Moschee“ wiederum versteckt ihre Nähe zum türkischen Staat nicht: Auf der Webseite wird direkt zum türkischen Generalkonsulat Essen verlinkt.
Die DITIB-Jugendverbände in Ludwigshafen und Essen haben bisher auf eine Anfrage nicht Stellung genommen.