Tichys Einblick
Deutsches Image

So wirken die Deutschen im Ausland: bayerisch, weltoffen, pedantisch – Sozialstaat-Trottel

Bayern ist gleich Deutschland. Über diese Formel klagten Kritiker von links bis rechts anlässlich des Kulturprogramms während des G7-Gipfels. Nur haben sie ein Problem: Sie haben diesem Bild von Deutschland kein eigenes entgegenzusetzen.

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IMAGO / Sammy Minkoff

Den ehrlichsten Blick auf deutsche Kultur haben die Händler am Frankfurter Flughafen. Keine Ideologie leitet sie – sie gehen nur nach dem, was sich verkauft. Und das ist ernüchternd für alle, die sich um das Deutschland-Bild im Ausland sorgen: Kuckucks-Uhren in allen Größen und Formen dominieren das Sortiment. Es folgen Bierkrüge, Schnapsgläser und Postkarten, auf denen die Loreley und das berühmte Gedicht von Heinrich Heine abgedruckt sind. Das Angebot lässt zwei Schlüsse auf das Bild der Deutschen im Ausland zu: Zum einen steht das Lokale fürs Ganze, zum anderen wirken wir auf unsere Besucher bestenfalls urig und altmodisch – schlimmstenfalls dümmlich und versoffen.

Seit 73 Jahren existiert die Bundesrepublik nun. Und sie tut sich immer noch schwer damit, eine eigene Identität zu entwickeln. Vor allem eine, die auch im Ausland als solche wahrgenommen wird. Das lässt sich durch die föderalen Strukturen der Republik erklären. Die Bochum-Touristik wird immer ein anderes Bild von Deutschland entwickeln wollen, als es die Kollegen in Süderbrarup oder in Görlitz versuchen. Dann kommt hinzu, dass solche Büros meinen, das Bild eines Landes so stark prägen zu können, dass sie nicht von einem Markenkern ausgehen müssen, sondern einen eigenen Markenkern entwickeln können. Aber sie irren. So stand zum Beispiel das Ruhrgebiet für Industrie und steht nun immer mehr für den Tod der Industrie. Egal wie viel Geld Landesregierungen in Kulturangebote pumpen, egal wie viele Touristik-Büros versuchen, ihre Kommunen als Kulturhauptstädte zu vermarkten. Wer an Essen denkt, denkt an architektonischen Brutalismus und vergangene wirtschaftliche Größe.

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Ein Image wächst. Hat man es erstmal, ist es schwer, es wieder los zu werden. Deutsche Schauspieler, die versucht haben, es in Hollywood zu packen, bekamen Jahrzehnte vor allem Rollen angeboten, für die sie die Uniform der SS oder der Wehrmacht überstreifen mussten. Das ging sogar noch Til Schweiger so, dem Steven Spielberg angeboten hatte, in „Saving Private Ryan“ den Deutschen zu spielen, dem Tom Hanks das Leben schenkt und der später Tom Hanks erschießt. Schweiger lehnte die Spielberg-Offerte ab – und behielt recht. Im Kino jubelten die Zuschauer, als der Deutsche erschossen wurde – auch in deutschen Kinos.

Nur spät und mühsam änderte sich im amerikanischen Film und Fernsehen das Bild der Deutschen – weg von dem Mann in der SS-Uniform. Ein neues setzte sich allmählich durch: der Sozialstaat-Trottel. Er ist gutmütig, viel zu gutmütig und dadurch höchst albern. Der erste seiner Art war die Figur des Otto in der Serie „Malcolm in the Middle“. Er betrieb eine Ranch mit Ferienangebot und stellte Malcolms älteren Bruder Francis ein. Egal wie viel Mist der in seinem Job baute, Otto verteidigite und belohnte ihn. Weil er in allem nachgab, tanzten ihm die Mitarbeiter auf der Nase rum – was immer wieder zu entsprechend absurden Situationen führte.

In der Serie „Die Simpsons“ kauften ein bayerischer und ein ostdeutscher Geschäftspartner das Atomkraftwerk des Springfielder Millionärs Montgomery Burns. Der hat es skrupellos aber erfolgreich über Jahrzehnte geführt. Die neuen, deutschen Besitzer führen Wohltaten im Betrieb ein, fördern ihre Mitarbeiter und eröffnen einen Firmen-Kindergarten. Zudem versuchen sie, die Sicherheitsmängel abzustellen und das Kraftwerk auf den neuesten Stand zu bringen. Damit scheitern sie. Weil sie mit den Reperaturen nicht hinterherkommen und weil sie das Werk nicht in seinem mangelhaften Stand betreiben wollen, überlassen sie es wieder Burns – zu einem Bruchteil dessen, was sie ihm gezahlt hatten. Danach läuft das Werk wieder wie vorher und als erste Maßnahme schließt Burns den Firmen-Kindergarten.

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Nun ließe sich nach dieser Folge sagen: Das Deutschlandbild ist das eines sozialen, ordentlichen Menschen, der es richtig machen will. Das ist ja nun nichts Schlechtes. Doch in einer anderen Folge widmen sich die Macher der Rückseite dieser Medaille: der Pedanterie. Die Simpsons vermieten ihr Haus an deutsche Rucksack-Touristen unter. Die geben sich zwar bewusst weltoffen, zermürben aber die Gastgeber mit ihren Beschwerden. Statt den Urlaub zu genießen, sammeln sie Reklamationen und halten Vorträge darüber, warum das amerikanische System dem deutschen unterlegen sei. Am Ende entschließt sich die Familie, lieber gar nicht mehr zu vermieten als modernen Deutschen.

Die Sitcom „Community“ zeichnet ein ähnliches Bild der Deutschen. Auch die versuchen an einem „Community College“ bewusst, in ihrer Attitüde nicht dem deutschen Nachkriegsbild zu entsprechen. Doch in all ihrer Modernität wirken die Austauschstudenten fies. Die Deutschen belagern den Tischfußball und den Lernraum der Studiengruppe, um die sich die Serie dreht. Durch ihre Pedanterie scheinen sie erst unbesiegbare Gegner zu sein, doch die Amerikaner finden Lücken im System, um die Deutschen auszutricksen. Die Studiengruppe lässt sie ein deutsches Kulturfest feiern. Doch in Zeiten der Wokeness ist es an dem College verboten, die eigene Kultur zu feiern. Weshalb der Dekan den Austauschstudenten den Zugang zum Lernraum verweigert.

Das deutsche Kulturfest in Community besteht übrigens auch wieder aus bayerischen Trachten, Bier in Humpen, Würsten, einer riesigen Schokotorte und einer visuellen Umsetzung des Songs „99 Luftballons“. Differenzierter ist das Bild der Deutschen im Ausland nicht. Auch weil es kaum einen Kulturmarkt gibt, der im fremdsprachigen Ausland eine Rolle spielt. Die Zahl deutscher Lieder und Filme, die es nach 1945 außerhalb Europas geschafft haben, lässt sich an den Fingern abzählen. Und gerade die Gruppe, die Bayern gleich Deutschland als Gleichung ablehnen, schaffen es nicht, einen eigenen Beitrag zum Deutschlandbild zu liefern – außer durch ihre Pedanz im internationalen Auftreten.

Wem es folglich wichtig ist, wie Deutschland im Ausland wahrgenommen wird, dem lässt sich nur Ernüchterndes sagen: Kuckucksuhren und Lederhosen werden die deutsche Wahrnehmung westlich des Rheins und östlich der Oder noch lange bestimmen. Schlicht, weil wir keine schnelle Erzählung entgegenzuhalten haben. Schon die Differenzierung, dass Kuckucksuhren nicht aus Bayern kommen, macht im Ausland kaum einer mit. Die langfristige Erzählung wiederum braucht ihre Zeit. Ein Anfang für ein besseres Bild der Deutschen im Ausland wäre getan, wenn wir es uns im Urlaub nicht zur Aufgabe machen würden, wirklich jeden Mangel des Hotels erfassen zu wollen. Ach so, dann eins noch: Ob Socken in Sandalen unserem Image im Ausland schaden, ist vielleicht wissenschaftlich nicht erfasst – modisch bleibt es aber definitiv ein Verbrechen.

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