Tichys Einblick
Haushalt

Die Bundesregierung ist in Casino-Laune

Die Staatskrise als Chance: „Klimaschädliche Subventionen“ könnten abgeschafft und die Erbschaftssteuer erhöht werden. Irgendjemand wird für die Milliarden bluten müssen. Lindner wird sich trotz aller Ansagen beugen müssen – denn eine Alternative hat er nicht.

IMAGO / Fotostand

Robert Habeck wird in Berlin gebraucht. Das hat ihm Olaf Scholz klargemacht – daher keine Reise nach Dubai. Die Ampel muss über den Haushalt reden. Das wäre zwar auch am Freitag möglich gewesen, als der Bundestag darüber debattierte – aber da war Scholz bekanntlich selbst in Dubai.

Die Anekdote zeigt, wie ernst es die Bundesregierung mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dem Nachtragshaushalt oder der Schuldenbremse meint. Es herrscht eine Mentalität wie nach dem Bankrott im Spielcasino. Man nimmt noch eine Hypothek auf das eigene Grundstück auf, im Glauben, den Zaster schon bei der nächsten Roulette-Runde zu gewinnen. Irgendwann werden sich Massenmigration und Energiewende schon lohnen.

Das Bürgergeld steht nicht zur Disposition – und das nicht erst seit den jüngsten Tagen. Die SPD kann es nicht aufgeben, gehört es doch zu den wenigen Parteiprojekten, mit denen sie Stimmenfang betreiben kann. Die Grünen wollen nicht von ihren Klimageldern lassen. Und die FDP behauptet, bei dem Verzicht auf Steuererhöhungen und Einhalten der Schuldenbremse halte es sich um „Leitplanken“ der Regierungsbeteiligung. Müsste sie also nicht spätestens jetzt endlich Konsequenzen ziehen?

Aber warum sollte sie das tun: Keine der Koalitionsparteien zieht Konsequenzen. Der neue Haushalt wird genauso dubios zusammengezimmert wie der letzte. Die Ampel wird in den nächsten Tagen die besondere Not des Landes erklären. Angesichts der vielen Probleme, vor denen Deutschland steht, müsste dann „jeder“ dazu beitragen, die Staatskrise beizulegen. Abgesehen natürlich von denjenigen, die sie zu verantworten haben.

Bereits jetzt mahnen die Grünen an, die „klimaschädlichen Subventionen“ zu streichen. „Das sind Subventionen, von denen vor allem Menschen mit hohen Einkommen profitieren und die klimaschädliches Verhalten bevorteilen“, fasst der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven-Christian Kindler, zusammen. Dazu gehört das berühmte „Dieselprivileg“ oder das „Dienstwagenprivileg“. Die Reihe ließe sich fortführen.

In der SPD läuft man sich indessen dafür heiß, zwei sozialdemokratische Traumprojekte anzutreiben: die Erhöhung der Erbschaftssteuer und die Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Generalsekretär Kevin Kühnert sagte am Samstag: „Die SPD fightet, dass es kein Sparhaushalt wird, dass nicht die Ärmsten die Leidtragenden sind.“ Arbeitnehmer mit einem normalen Vollzeitjob zahlten in Deutschland etwa 20 Prozent Einkommenssteuer, Erben von großen Unternehmen dagegen im Schnitt lediglich 2,8 Prozent Erbschaftssteuer, sagte er der Funke Mediengruppe. Ende der Woche kündigte er eine Debatte zur Erbschafts- und Schenkungssteuer an.

Krise, das heißt auch immer Möglichkeit. Den Grünen und den Roten kommt sie gelegen, um die „sozialen Ungerechtigkeiten“ zu beseitigen, heißt, möglichst vielen Leuten noch mehr wegzunehmen, um Transformationsprojekte zu fördern und damit der eigenen Klientel das Geld anderer Leute zuzuschustern. Die Gelben werden dem, wie schon in den letzten Monaten, erst grummelnd zusehen, dann den Aufstand proben – und zuletzt im Bundestag zustimmen.

Denn Lindner sieht eine große Verantwortung für Deutschland. Schließlich, so der Finanzminister, würde es ohne die FDP eine Große Koalition geben. „Und die letzte große Koalition hat uns doch die vielen Probleme bei Migration, planwirtschaftlichem Klimaschutz überhaupt erst hinterlassen, Vernachlässigung der Bundeswehr. Das halte ich für das Land nicht für die bessere Konstellation“, so der FDP-Chef. Also: Lieber schlecht regieren, als dass andere regieren.

Die Frage bleibt: Was könnte eine schwarz-rote Koalition noch schlimmer machen als die real-existierende? Das ist natürlich rein hypothetisch. Aber im Grunde kündigt Lindner damit an, dass er erpressbar bleibt. Die Optionen auf eine Regierungsbildung haben nur SPD und CDU/CSU, nicht die FDP, weil sie – wie die Union – die einzige mögliche Variante ausschließt, mit der eine Alternativkoalition möglich wäre. Und solange es für die FDP keine Alternative gibt, folgt alternativlose Casino-Politik. Nach dem Besuch im Ampel-Casino dürfte dann nicht nur der Bankrott des Landes, sondern auch seiner Partei bevorstehen.

Anzeige
Die mobile Version verlassen