Tichys Einblick
CDU, SPD und FDP waren einmal

Die Bonner Parteien ruinieren das Land

Die Totengräber von Parteien, die einmal das Nachkriegsdeutschland geprägt, geführt und gestaltet haben, sind unbeirrbar am Werk.

imago/Christian Ohde

Was ist aus Deutschlands Traditions-Parteien geworden? Man möchte verzweifeln, wenn man die größten Vorsitzenden aller Zeiten, Esken, AKK oder Lindner agieren sieht. Das Tafelsilber ist längst verscherbelt, jetzt geht es an die Substanz. Wo Ideologie auf Dummheit, Arroganz und Ignoranz trifft, türmen die treuesten Wähler.

Allein die letzten Wochen lehren einen, der das Polittheater seit 50 Jahren an vorderster Front beobachtet, das Grauen. Es ist sozusagen der letzte Akt, den die Avantgardisten des Absurden spielen, bis der Vorhang endgültig fällt. Christian Lindner steht mit seiner FDP am Rande des bereits ausgehobenen Grabes. Und jene Frau Esken ist verzweifelt dabei, es ihm gleich zu tun. Und AKK verkauft ihre CDU über dann Kohl/Merkel-lange Jahre an die CSU. Totengräber von Parteien, die einmal das Nachkriegsdeutschland geprägt, geführt und gestaltet haben. Heute kommentiert die FAS wieder mal rat- und fassungslos die Schlussinszenierung der SPD.

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Nehmen wir nur die absurde Twitterei der Nachfolgerin von August Bebel und Willy Brandt, von Helmut Schmidt und Hans Jochen Vogel. Dagegen sind die Trump-Tweets harmloser Trash. Jetzt meinte diese Frau sich doch allen Ernstes verbreiten zu müssen, der nachweislich linksextreme Anschlag auf das Büro des Berliner SPD-Bundestagsabgeordneten Tom Schreiber sei „unpolitisch“ gewesen. Unpolitisch! Wenn mit Kot „Bullenknecht“ an die Tür geschmiert wird. Unpolitisch! Ein Anschlag auf das Büro eines Parlamentarieres! Da schlagen Ideologie und Dummheit in Verblendung um. Nicht nur Schreiber selbst staunte und stöhnte laut über soviel Unsinn, auch der Traditionswähler aus der einstigen Herzkammer Ruhrgebiet (soviel Notärzte gibts gar nicht) oder aus der Berliner Arbeiterschaft schüttelt nur noch mit dem Kopf.

„Mach End, o Herr, mach Ende mit aller unsrer Not“ heißt es in einem alten Choral. Ob Olaf Scholz noch retten kann? An der Seite jener Frau Esken jedenfalls nicht. Das sieht man schon an ihrem „Pudel“ (sorry, aber so wurde zum Beispiel halbamtlich Kauder im Blick auf Merkel genannt), der einzig durch seinen rätselhaften Namen auffällt. Sind das nun zwei Vornamen oder nur einer mit einem doppelten Nachnamen, dessen erster Teil auch ein Vorname ist? Selbst alte Hasen in Politik und Medien verwechseln das dauernd. Mit diesen beiden Leuchten kann man keine strahlenden Schlachten gewinnen, höchstens einen Preis in der Vereinigung deutscher Bestatter. Wir werden Zeugen, wie die älteste Bundestags-Partei runtergewirtschaftet wird. Niemand fällt den Gewinnern der Casting-Show „Unfähigkeit siegt“ in den Arm. Mit ideologischen Giftspritzen a la „dieser Anschlag ist unpolitisch“ (nur weil er, wie 99 Prozent aller Berliner Anschläge, von links kam) oder „bei der deutschen Polizei herrscht latenter Rassismus“ oder „Rechtsextremismus bei der Polizei kein bedauerlicher Einzelfall“ oder ihr Rechtsextremismus-Generalverdacht gegen die Bundeswehr – so tötet man jegliche Lust, sich mit einer solchen Partei überhaupt noch ernsthaft zu beschäftigen.

Wobei wir bei AKK wären. Die Bundeswehr glaubte, mit UvdL, also Ursula von der Leyen, das Schlimmste überstanden zu haben. Doch da kannte man AKK von der Saar noch nicht. Die schafft mal eben das wichtige, oft lebensrettende Kommando Spezialkräfte (KSK) nahezu ab – ein später Sieg übrigens für die am Standort Calw einst agierende Juso-Ideologin Esken (ihr Wahlkreis!): Weg mit NATO, Bundeswehr und all den schießwütigen Rambos! Peter Struck dreht sich im Grabe um. Jetzt macht AKK den Weg frei. Zum Heulen. Doch der niedliche Name allein macht’s nicht.
AKK sollte eine Marke werden, heute ist er noch nichtmal ein Märkchen. Was haben die Medien nach ihrer Wahl zur CDU-Chefin gejubelt. Man mache sich den Spaß und hole alte Artikel und Sendungen mal ans Licht. AKK als großes Weltwunder, als die ganz Andere, als eine, die schließlich schon Wahlen (in einem landkreis-großen Kleinstaat) gewonnen hat und eine konservative Katholikin ist. Die journalistischen Kollegen müssten rot werden wie Esken und Kipping – vor lauter Scham und Schande für pure Fehleinschätzung. Dafür müsste es Irrtums- und Schwachsinnspreise geben, also jene, die ein gewisser Herr Relotius, auch bekannt als Märchenerzähler des Spiegel, einst bekam.

Wenige Wochen nach ihrer Kür war jedem kundigen Kenner klar, wohin die Reise geht. Die Bodenhaftung löste sich in Anbiederung auf. Der Berliner Zeitgeist hatte sein nächstes Opfer. Es begann mit einem harmlosen Fastnachts-Witz beim Stockacher Narrengericht: „Opfer“ waren die Nutzer transsexueller Toiletten. Es folgte ein Tsunami moralischer Entrüstung, den AKK mit der richtigen Bemerkung konterte: Deutschland leidet an Humorlosigkeit. Da spürte man noch das Saarland in den AKK-Knochen. Doch auf Druck Merkels (was sonst) die Rolle rückwärts. AKK war in „Berlin“ angekommen, wo man laut FDP-Kubicki (der einzige liberale Lichtblick) aus dem verträumten Kiel kommend „entweder zum Hurenbock oder zum Trinker wird“. Will sagen: Der Mainstream ist so mitreißend, dass er alles Bodenständige und Normale schnell verschluckt. Das ist die Crux des Standortes Berlin. Ja, Bonn war anders. Man könnte Bände darüber schreiben. Nebenbei: dass CSU-Söder plötzlich Fan der „Ehe für alle“ ist, kann nur Unkundige wundern. Schlüsseldatum für das Anbiedern Richtung Grüne ist der 4. September 2019: Da begrüßte Bayerns MP auf der Zugspitze die Greta-Jünger mit den Worten: „Ich bin der Markus. Und das ist der Thorsten, der Umweltminister“. Kniefall vor dem Zeitgeist.

AKK ging erstmal vor der LSU, der Lesben- und Schwulenvereinigung der CDU, in die Knie. Sie entschuldigte sich bei Hinz und Kunz, als habe sie in Stockach ein Verbrechen begangen. Für die Werteunion dagegen ist weder Zeit noch Platz. Ungerügt und ohne Folgen durfte einer der prominentesten CDU-Funktionäre, Elmar Brok, die Vertreter der Werteunion im Nazi-Jargon als „Krebsgeschwür“ diskriminieren. So begann alles, was sich nun lawinenartig fortsetzt. Die treuen Wähler wissen nicht mehr, für was eigentlich die Union steht. Vor Jahren hätte man mich nachts wecken können mit der spontanen Frage: „Für was steht die CDU? Bitte in 1:30“ (also in der klassischen Länge eines TV-„Aufsagers“). Kein Problem, da kannte man noch den Markenkern: Ehe und Familie, Wehrpflicht, Atomkraft, soziale Marktwirtschaft, bürgerliche Politik in schwarz-gelber Konstellation etc pp.

Mit Adenauer rauf, mit Kohl runter
75 Jahre CDU: Anmerkungen zu einem Jubiläum.
Ach, die FDP! Erinnern Sie sich noch an den knorrigen Otto Graf Lambsdorff, an den Weinköniginnen-küssenden bodenständigen Marktwirtschaftler Rainer Brüderle, an den Weltreisenden Hans-Dietrich Genscher? Inzwischen darf man getrost sogar Guido Westerwelle, den mit dem Spaßmobil, als Urgestein bezeichnen. Der holte die legendären 14, 6 Prozent und damit die Liberalen aus dem Tal der außerparlamentarischen Tränen. Er hielt gefürchtete Bundestagsreden. Messerscharf. Der sprach knallhart von „spät-römischer Dekadenz“ und scharte Hardcore-Stammwähler um sich. Guido! Und das ist gerade mal fünf Jahre her. So schnell hat sein Porsche-fahrender Nachfolger die Partei zerlegt, gedrittelt.

Die WELT (selbst manchmal BILD) bemüht sich zwar gefühlt alle zwei Tage in allen möglichen ganzseitigen einseitigen Ergüssen der im Todeskampf dahinsiechenden FDP Leben einzuhauchen. Sinnlos! Was hätte jener Guido jetzt, zu „Corona-Zeiten“, alles angeleiert, um die Liberalen im Spiel zu halten: Freiheit gegen den Söder-Merkelschen Gouvernantenstaat, Schutzpatron des von der aktuellen Irrsinns-Politik gebeutelten Mittelstandes, Seit an Seit schreiten mit Handwerkern, Einzelhändlern, Familien-Unternehmern. Aus lauter Angst, der AfD zu nahe zu kommen, verzichten CDU/CSU und vor allem FDP auf alles, wirklich alles, was ihren Markenkern einmal ausmachte. Das Massensterben ganzer Branchen hat wenig mit „Corona“, aber viel mit der völligen Unfähigkeit der Herrschenden zu tun. Traditionsnamen verschwinden, und daran sind weder Grüne noch Linkspartei schuld.

Dass Leute ohne Kernkompetenz, politisches „Standing“ und hilflos Karriere-fixiert gerade heute den Ton angeben, ist wie ein Fluch. Mit denen hätte es, nur um ein historisches Beispiel zu nennen, das gefeierte Mogadischu im Oktober 1977 nie gegeben. Die hätten lieber die RAF-Terroristen frei gelassen. Allen voran jene Frau Esken, die die RAF womöglich zu einem Kita-Stuhlkreis pervertiert hätte, natürlich völlig unpolitisch. Und zur aktuellen Lage von Pleiten, Massenarbeitslosigkeit und einer „verlorenen Generation“ (so der linke Tom Krüger): Männer wie Kohl, Genscher oder Schmidt hätten auf den Rat der erzliberalen New York Times gehört, wo es zu Beginn dessen, was man Etiketten-schwindlerisch als „Corona-Krise“ bezeichnet, in Wahrheit jedoch eine Krise unvermögender Parteiführer ist, hieß: „Das Löschen darf nicht verheerender sein als der Brand.“ Nun verbrennt mal eben unser ganzes System. So what!

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