Im Jahre 2020 starben bis zum 4. Juni rund 90 Afro-Amerikaner durch Polizeieinsätze. Doch von 1,3 Milliarden Schwarzafrikanern weltweit leben nur 48 Millionen in den Vereinigten Staaten. Im Subsahara-Raum mit heute 1,1 Milliarden Einwohnern starben seit 1970 in gewaltsamen Konflikten mindestens 9 Millionen Menschen. Zusätzlich – so errechnet Lancet – verloren allein zwischen 1995 und 2015 im Gefolge von 15.441 Gewaltausbrüchen – von Stammeskämpfen bis zu Genoziden – rund 5 Millionen Kinder unter 5 Jahren ihr Leben.
Amerikas Blacks haben 2019 eine Prokopfkaufkraft von 28.000 Dollar. Es geht um insgesamt 1,3 Billionen Dollar. Das klingt beeindruckend, ändert aber nichts daran, dass schwarze Familien mit einem durchschnittlichen Vermögen von 17.000 Dollar nur über ein Zehntel der Reserven von Weißen verfügen. Gegenüber ihren Mitbürgern aus Ostasien stehen sie noch schlechter da. Das kann auch nicht überraschen. Schließlich erreichen sie 2019 im mathematischen Universitätseingangstest (SAT) nur 457 Punkte, während die aus China oder Korea stammenden Schüler mit 637 Punkten uneinholbar vor allen übrigen liegen.
Der Umfang dieser Aufgabe wächst überdies sprunghaft. Denn 1950 ist nur einer von zwölf Weltbewohnern afrikanisch. Heute ist es einer von sechs. In dreißig Jahren soll es einer von vier sein. Die für 2050 erwarteten 2,1 Milliarden Bewohner des Subsahara-Raums übertreffen Deutschland um den Faktor 25, die Schweiz oder Österreich sogar um den Faktor 250. Am deutlichsten allerdings zeigen die Kinder unter 15 Jahren, wohin die demografische Reise geht. Vierzig von 100 weltweit – nach lediglich zehn im Jahre 1950 – leben dann zwischen Tschad und Namibia. Zusammen mit dem Nachwuchs in der Diaspora erreichen sie vom globalen Nachwuchs dann fast die Hälfte.
Gerade die tüchtigsten Afrikaner sind skeptisch über den Aufstieg ihres Kontinents. Sie wissen, dass etwa von den besonders streng gesiebten 253.000 PCT-Patentanmeldungen des Jahres 2018 nur 300 aus dem Subsahara-Raum kommen. Ohne Südafrika sind es mit 25 sogar nur ein Zehntausendstel des Gesamtertrages.
Wer wenigstens den Standard der amerikanischen Landsleute noch bei Lebzeiten erreichen will, muss mithin auswandern. Nach einer Gallup-Erhebung von 2017 will das ungefähr ein Drittel. Damit wären heute rund 365 Millionen Afrikaner bereit für den schweren Weg in die Fremde.
Am besten stehen ihre Chancen im europäischen Kulturraum; denn unter 1,44 Milliarden Chinesen gibt es nur 16.000 und unter 127 Millionen Japanern lediglich 9.000 Afrikaner. Die Anglo-Staaten verlangen – noch mit Ausnahme der USA – den Nachweis hoher Kompetenz bereits vor Grenzübertritt. Geradezu ideal dagegen wirkt die Europäische Union. Unter 450 Millionen Einwohnern (ohne UK) beherbergt sie höchstens 13 Millionen Afrikaner. Dreißig von hundert haben sich (2019) ungebührlich behandelt gefühlt. Hingegen empfinden (2016) in den USA immer noch 43 Prozent Ungleichheit. Europa punktet also mit seiner Entfernung von den Sklaverei-Verstrickungen Nordamerikas.
Will die EU auch nur den Anteil der USA (ca. 13 %) erreichen, käme sie auf 58 Millionen, also 45 Millionen weitere Zuwanderer aus dem Subsahara-Raum. Die Bundesrepublik allein, die bisher nicht einmal eine Million beherbergt, könnte 10 Millionen zusätzliche künftige Afrodeutsche willkommen heißen.
Obwohl die 45 Millionen von Europa eine herkulische Anstrengung erforderten, würde in Afrika eine Entlastung kaum verspürt werden. Zweifellos würden die beiden Kontinente einander entschieden ähnlicher und damit Amerika auch.
Gunnar Heinsohn (*1943) lehrte von 2011 bis 2020 Kriegsdemographie am NATO Defense College in Rom.