Ein Schüler bereitete sich vor, Tee aufzubrühen. Ein anderer hatte Reiskuchen gebracht. Der Meister war unterwegs, und sie wussten noch nicht, wo er war, doch er würde bald wiederkommen. Beide Schüler freuten sich auf einen weiteren Abend mit dem Meister auf der Terrasse, Tee schlürfend, tief sinnend, beredt übers Schicksal spekulierend.
Als der Meister zu ihnen stieß, würdigte er die Vorbereitungen der Schüler, doch er bat sie, die Teeblätter und die Reiskuchen für den Moment bei Seite zu legen – er sagte: »Gäste sind willkommen, doch sollen sie etwas übrig lassen, wenn sie gegessen haben! Etwas für den Gastgeber und das meiste vom Gastgeber!«
Die Schüler verstanden das Rätsel nicht sogleich (sonst wäre es ja keines). Der Meister bat sie, ohne Tee und Reiskuchen, jedoch mit gespannter Vorsicht, einmal mit ihm auf die Terrasse zu gehen.
Er fragte: »Seht ihr das?«
»Es ist euer Garten«, sagte der Tee-Schüler, »ein Ort der Ruhe!«
Der Meister lächelte, und er sagte: »Seht hin! Seht genauer hin! Was ist anders?«
Da fiel es dem Reiskuchen-Schüler auf. »Die Spuren«, sagte er, »da sind Spuren im Gras. Sind das nicht die Spuren der Tatzen eines Tigers?«
Der Meister nickte, und er sagte: »Die Spuren waren schon heute morgen da.«
»Heute morgen?«
»Ja.«
»Wir haben vorhin doch die Terrasse gefegt, und ganz wie ihr sagtet, haben wir es besonders sorgfältig getan, so dass kein Krümel liegen blieb, warum haben wir die Spuren nicht gesehen?«
Der Meister atmete ein und aus, und wartete einen Augenblick, und nachdem er sich sicher war, dass die Schüler sich selbst geantwortet hatten, innerlich, dann erst setzte er jene Antwort fort: »In der Nacht schleicht ein Tiger ums Haus, so fürchte ich. Ich weiß nicht, ob der Tiger hungrig ist. Lasst uns die Fenster fest mit Brettern schützen und die Terrasse sauber halten!«
»Wissen die Nachbarn vom Tiger?«
»Ich habe mit den Nachbarn gesprochen. Ich bin von Haus zu Haus gegangen«, sagte der Meister, und ein weiteres Mal atmete er tief durch, jetzt schwerer, und er sagte noch: »Ein oder zwei Nachbarn werden wie wir die Fenster sichern. Ein oder zwei halten die Berichte vom Tiger für übertrieben. Weitere ein oder zwei aber, so fürchte ich, begrüßen den Tiger, und sie werden ihm sogar Fleisch auslegen, um ihn anzulocken.«
»Den Tiger anlocken?«, riefen beide Schüler im Duett, »warum den Tiger anlocken?«
Der Meister lächelte, und dieses Lächeln war traurig, und dann sagte er: »Unterschätze nicht die Langeweile der Ruhelosen.«
Es wurde Nacht. Meister und Schüler tranken Tee und aßen Reiskuchen, beim Mondlicht, das durch die Dachluke fiel.
Von draußen, vom Garten her, hörten sie den Tiger streifen, doch er zog weiter.
Dann hörte man Fauchen, und man hörte Schreie. Der Tiger war auf Menschen getroffen.
»Was wird nun passieren?«, fragten die Schüler.
Der Meister sagte: »Der König wird Tigerjäger losschicken.«
Niemand der Dreien lächelte nun, und sie schwiegen, denn es fiel ihnen die alte Redensart ein: Ich fürchte den Tiger, und noch mehr fürchte ich die Tigerjäger.
Handwagen mit Ziegelsteinen
Im Text »Verwirrung und Terror sind verschiedene Dinge« schrieb ich im April 2018 (ich darf Ihnen im Licht aktueller Ereignisse den gesamten Essay neu ans Gemüt legen):
Des einen Terrorist ist des anderen Aktivist. Die heutige sogenannte »Antifa« wird in Methodik und Gewaltbereitschaft dem Straßenterror der SA immer ähnlicher, doch ihr Terror wird als »Demonstration« oder »Aktivismus« verharmlost – sie hat Sympathisanten und Unterstützer vor allem in der SPD, bei den Grünen und in den Redaktionen einiger deutscher Leitmedien, inklusive den Abendnachrichten des staatsnahen Fernsehens.
In den letzten Jahren ist praktisch allen nüchternen und neutralen Beobachtern des Zeitgeschehens deutlich geworden, dass die sogenannte »Antifa« alle Eigenschaften erfüllt, die es eigentlich braucht, um Terror-Organisation und -Ideologie wie der sogenannte »Islamische Staat« genannt zu werden. Eigentlich…
Ähnlich wie islamistische Terroristen gewissen ideologischen wie auch finanziellen Rückhalt in der Fassade nach »moderaten« Kreisen finden, so findet auch die Antifa-Terrorbewegung gewissen Rückhalt gerade in linken, anti-demokratisch geprägten Kreisen westlicher Politik und Medien.
Nach der unnötigen, erschütternden Tötung eines schwarzen Verhafteten durch einen weißen Polizisten in Minneapolis kam es in den USA zunächst zu Protesten, die bald in teilweiser Zerstörung des eigenen Lebensumfeldes mündeten (siehe dazu mein Essay »Minneapolis brennt – was wird sich aus der Asche erheben?«).
Aus den lokalen Unruhen und Plünderungen wurde etwas, für das wir im Deutschen kaum ein Wort haben – auf Englisch heißt es »riot« und es ist mit »Aufstand« oder »Aufruhr« ungenügend übersetzt.
Gewalttätige, brandschatzende Mobs rotten sich in verschiedenen US-amerikanischen Großstädten in Antifa-Kluften zusammen – und es fallen zwei Aspekte auf: 1. Diese Leute sind auffallend gut organisiert (bis hin zu Handwagen mit Ziegelsteinen, die sie in Brandherde fahren; siehe @dushanwegner, 31.5.2020), 2. man hört von weißen Antifa-Organisatoren, die Schwarze zur Gewalt aufstacheln (siehe etwa @jackposobiec, 31.5.2020). Wenige Monate vor den Wahlen, die wohl Trump auch mangels ernstzunehmenden Gegenkandidaten gewinnen wird, scheint die Antifa zu versuchen, die Vorarbeit für einen gewalttätigen Coup leisten zu wollen.
Aktuell erreichen uns aus Städten mit starken Antifa-Terrornestern stündlich neue Meldungen über Antifa-Anschläge (etwa aus dem ach-so-friedlichen Kanada, siehe @MrAndyNgo, 1.6.2020), und dank ubiquitärer Smartphone-Kameras leiden wir vielleicht an einer Armut an Zuversicht in die Zukunft der Menschheit, doch gewiss nicht an Bildern der Übungen zum großen »Purge«. Eine Aufnahme aber steht symbolisch für das, was »Antifa« in letzter Konsequenz bedeutet: Der Antifa-Mob zündet Habseligkeiten eines Obdachlosen an: @KenWebsterII, 1.6.2020, schlicht aus Lust an Demütigung des Schwächeren – also die Essenz dessen, was »links sein« und »wir sind mehr« wirklich bedeuten.
Einst jubelte man
Die USA sind ein etwas wehrhafteres Land als Deutschland, und man beginnt sich gegen die Antifa-Gewalt-Profis zu wehren. Einige schwarze Demonstranten wehren sich (@ReaganBattalion, 31.5.2020), erste Geschäftsbesitzer verteidigen ihr Lebenswerk mit Waffengewalt gegen den plündernden Mob (@dushanwegner, 31.5.2020).
Am Morgen des 31.5.2020 stellte ich fest:
Antifa ist eine Terror-Organisation und -Ideologie. Ihre Täter gehören verhaftet und verurteilt, ihre Geldgeber gehören offengelegt und verfolgt, ihre Sympathisanten überprüft und beobachtet. Das Problem ist, dass diese Banden gewissen Leuten nützlich zu sein scheinen. (@dushanwegner, 31.5.2020)
Etwas später folgte Trump mir (ja, das ist Ironie in eigener Sache), als er erklärte:
The United States of America will be designating ANTIFA as a Terrorist Organization. (@realdonaldtrump, 31.5.2020)
Trump hatte es schon früher angedeutet, die Antifa auch offiziell zur Terror-Organisation zu erklären (siehe dazu auch »Es ist 2019 und in Deutschland bekennt man sich wieder öffentlich zur politischen Gewalt« vom 28.7.2019) – die »riots« 2020 machen es US-Democrats sehr schwer, für die Gewalttäter einzustehen (aber nicht denkunmöglich – die Wahl ist wahrscheinlich ohnehin verloren).
In den USA werden endlich diese von manchen Journalisten und gewissen Kreisen »gedeckten« Terroristen auch offiziell zu Terroristen erklärt, was Verfolgung und Prävention einfacher macht. Währenddessen geschieht in Deutschland etwas, das selbst für deutsche Verhältnisse bemerkenswert ist. Schon länger wird von gewissen Politikern etwa offen gefordert, die »Antifa« direkt aus Steuermitteln zu bezahlen (statt lästige Umwege zu gehen?!). Der SPD und ihrem Dunstkreis aber gelingt es, uns einzig darin zu überraschen, wie tief ihre Feindschaft zu allem Anstand und den Werten der Demokratie wirkt: Während Menschen leiden und Innenstädte brennen, angezündet von erstaunlich gut organisierten Antifa-Terroristen, bekennen sich diverse Politiker und öffentliche Personen dazu, selbst »Antifa« zu sein (ich spare mir die Links zu diesem wenig demokratischen Mist – unter »ich bin Antifa« kann man es selbst finden, wenn man möchte).
Einst jubelte man Hitlers Terror-Banden zu, heute bekennt man sich zum Antifa-Terror. Es gibt einige Deutsche (nicht alle, aber gefährlich viele!), die an politischer Gewalt geradezu gruselige, wenn nicht sogar ans Erotische grenzende Lust empfinden.
Ihnen und mir fremd
Der zielgerichtete Plünderer, der die Gelegenheit beim Schopfe packt und sich ein Smartphone, neue Marken-Turnschuhe oder ein Lego-Set stiehlt, er hat noch mehr mit Ihren und meinen Begriffen – ja, auch den moralischen – gemeinsam als ein Antifa-Terrorist.
Der Plünderer möchte dasselbe wie Sie und ich – schöne Dinge, hergestellt von »Kapitalisten«, so »günstig wie möglich«. Und: Auch der Plünderer hält das Plündern wahrscheinlich nicht für moralisch richtig. Er ahnt, dass es falsch ist (wenn auch linkes Denken ihm beigebracht hat, dass die Lust im Moment die entscheidende Moral ist). Der reine Plünderer ist nicht »Antifa«.
Die Antifa ist nicht »einer von uns«. Antifa ist Ihnen und mir fremd. Antifa ist ein Gewaltkult, eine fanatische Ideologie und eine Form von Gehirnwäsche. Die dumpfen Antifa-Soldaten (nicht die »Organisatoren«, welche Ziegelsteine etc. aushändigen) sind gehirngewaschen, mit universellem Hass geimpft, und gewissen politischen Lagern kommt ihre Gewalt sehr gelegen (bis die eher simpel gestrickten Antifa-Schläger anfangen, die Medien anzugreifen, derer Werkzeug und/oder Lieblinge sie eigentlich sind).
Die Antifa ist allem fremd, was wir in uns Mensch nennen. Die Antifa steht für das, was wir als Demokraten – mehr noch: was wir als Menschen überwunden haben wollten. Die Antifa steht für Machtergreifung durch Gewalt.
Ja, ich weiß, dass die Antifa technisch eine Fortsetzung der kommunistischen Kampfgruppen ist. Doch ideell, in der Seele dieser Terrorbande, ist die Antifa nicht mehr und nicht weniger als die neueste Inkarnation des Faschismus.
Die Tigerjäger
In der Geschichte vom Meister und dem Tiger hatten einige der Nachbarn tatsächlich blutige Fleischstücke ausgelegt. – Warum?
Hofften sie, dass der satte Tiger von ihnen ablassen wird? Wollten sie sich mit dem Tiger verbinden? Hofften sie, den Tiger für ihre Zwecke zähmen und dann gegen die eigenen Feinde einsetzen zu können? Es ist recht gleichgültig, warum sie es taten – sie taten es, und es kann tödlich enden.
Der Meister und der Schüler saßen in der Nacht daheim, tranken Tee, aßen Reiskuchen – und dachten darüber nach, dass der König die Tigerjäger schicken würde.
Der Tiger, der heute um unser Haus schleicht, ist der Geist, der Antifa überhaupt möglich macht. In einem Land, das seine demokratischen und sonstigen Sinne beisammen hat, müsste es ein Skandal sein, wenn Politiker sich offen zu Terror-Gruppen bekennen – während eben diese Terror-Gruppen gerade in den USA die Städte buchstäblich in Flammen setzen. Von Deutschland gilt, immer wieder und auch hier: Es ist ein Skandal, dass es kein Skandal ist.
Liebe Freunde
Im ideellen Kern des Faschismus steckt die Wahnidee, dass organisierte Gewalt eine Legitimation zur absoluten Machtausübung ist. Faschisten brüllen Dinge, die wie »Wir sind mehr!« klingen, sie ziehen durch die Städte und wollen vernichten, was sie als »schwächer« empfinden.
Die Antifa, diese neue »rote SA« ist auch in Deutschland aktiv, bedroht Menschen oder legt Brände (siehe etwa »Wenn Kräne brennen«).
In den USA beginnen die Menschen, sich gegen die anti-demokratische Gewalt zu wehren, teils mit Waffen – in Deutschland nimmt die Regierung den Menschen die Waffen weg. Deutsche Journalisten und Politiker ermutigen die Feinde der Demokratie – und wenn es dir nicht gefällt, dann halt halt die Klappe. (Nur, falls Sie sich wundern, dies ist 2020, nicht 1920, wie Sie auch an der Abwesenheit von Jazz, Stil und Lebenslust erkennen können.)
Trinkt einen Tee, liebe Freunde, und, ja, verbarrikadiert eure Fenster. Ich fürchte den Tiger, und noch mehr fürchte ich die Tigerjäger – und fast noch mehr als beide fürchte ich die Verschwendung von Lebenszeit.
Über Antifa zu reden, das bedeutet, über Leute zu reden, deren brutale Vulgarität eigentlich keine Sekunde unserer Zeit verdienen – doch die Gefährlichkeit dieser Banden zwingt uns die Aufmerksamkeit auf.
Schützt euch vorm Tiger, und nehmt euch dann später in Acht vor den Tigerjägern – doch noch mehr, gerade heute, nutzt jede Stunde, kostet jede Minute aus!
Geht vor denen in Deckung – und dann lasst euch so wenig Zeit wie irgend möglich von denen stehlen. Jede Sekunde ist uns nur einmal geschenkt, ob draußen die Vögel in der Sonne singen – oder ob der Tiger in der Nacht ums Haus schleicht.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com
Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.