Tichys Einblick
Die Klatsche von Karlsruhe

Die Ampel scheitert an der Wirklichkeit

Nicht nur beim Heizungsgesetz, auch beim Haushalt zeigt sich die Ampel unfähig: das Bundesverfassungsgericht kassiert Habecks Subventionsmonopoly ein. 60 Milliarden Euro fehlen. Lindners Haushalt ist mausetot. Vielleicht ermuntert das die Ampel, noch unsolider zu wirtschaften.

IMAGO

Das Bundesverfassungsgericht hat ein erfreulich eindeutiges Urteil gefällt. Allerdings muss man hinzufügen, dass auch die Rechtslage eindeutig war, so dass es schon erstaunlich ist, dass die Ampel und vor allem ihr Kassenwart Christian Lindner glaubte, mit diesem windigen Trick nach Art eines Winkeladvokaten durchzukommen, der darin bestand, die Schulden von Heute und Morgen bilanztechnisch in die Vergangenheit zu schieben. Der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts hat heute das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 für nichtig erklärt. Damit fehlen Lindners schon jetzt nicht seriösem Haushalt weitere 60 Milliarden Euro für Habecks sozialistisches Subventions-Monopoly. Man darf schon einmal Popcorn bereitstellen, wenn das Kleinreden des Desasters für die Ampel durch die Habeck-Medien inszeniert wird.

In einer ersten Reaktion und überraschend kurzen Erklärung gingen Bundeskanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck dünnlippig und denkbar schlecht gelaunt vor die Presse für ein Statement, das in zweierlei Hinsicht einmalig war, erstens in seiner Kürze und zweitens in seiner unverhohlenen Drohung den Bundesländern gegenüber – und damit gegenüber der CDU.

Wie weit ist eigentlich diese Bundesregierung von der Realität entfernt? Hat sie geglaubt, ein flottes Abendessen mit den Richtern werde das Problem lösen? Diesmal jedoch hätten die Bundesverfassungsrichter das Grundgesetz und die Finanzverfassung grundsätzlich und nachhaltig beschädigt und die Bundesrepublik zu einem rechtsfreien Raum deklariert. Lindner erklärte mit deutlichem Zorn oder mit großer Hilflosigkeit, was ja oft Hand in Hand geht, dass dieses Urteil Klarheit in Haushaltsfragen und im Umgang mit der Schuldenbremse geschaffen habe. Dieses wird Konsequenzen für den Bund, vor allem aber – und hier wurde Lindners Drohgebärde mehr als deutlich – für die Länder haben. Zähneknirschend gab Lindner bekannt, dass die Kreditermächtigung von 60 Milliarden Euro gelöscht sei und der Wirtschaftsplan für den Klima-Transformations-

Plan nur noch für 2024 gelte, für die darauffolgenden Jahre ein neuer Wirtschaftsplan aber erarbeitet werden müsse. Man ist an das GEG erinnert, man ist an den üblichen Pfusch der Ampel erinnert.

D.h. im Klartext, dass die Ampel versucht sein könnte, noch unsolider, wenn das überhaupt geht, zu wirtschaften, denn sowohl Lindner, als auch Habeck betonten, dass sie alle Verpflichtungen für 2024 erfüllen werden, was wohl heißen soll, alles, was man noch an Kreditmöglichkeiten hat im Jahr 2024 zu nutzen. Die Regierung lebt von der noch geduldeten Überziehung des Dispos. Lindner behaupte, dass der Etat für das Jahr 2024 nicht vom Urteil berührt sei. Das stimmt nur insoweit, als dass der offizielle Etat nur einen Teil des tatsächlichen Haushalts ausmacht, der andere Teil sind die gigantischen Sonderschulden, die man Sondervermögen nennt.

Im April 2021 hatte die damalige schon nicht mehr ganz so große Koalition mit dem Finanzminister Olaf Scholz( SPD) sich die Kreditermächtigung von 180 Milliarden Euro im nunmehr ersten Nachtragshaushaltsgesetz für das Haushaltsjahr 2021 um weiter 60 Milliarden erhöhen lassen. Begründet wurde die Ausnahme von der verfassungsrechtlichen Verschuldungsgrenze mit den Folgen der Corona-Pandemie, die aufgrund einer außergewöhnlichen Notsituation, mit einer Naturkatastrophe, die nicht voraussehbar war, eingetreten war, begründet. Die Bundesregierung hatte mithilfe ihrer Parlamentsmehrheit am 27. Januar 2022 das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz, das für den Haushalt 2021 gelten sollte, beschlossen. Das Ziel des Gesetzes bestand darin, dass die Erweiterung der Kreditermächtigung von 60 Milliarden, die dann doch nicht mehr von der Regierung Merkel-Scholz benötigt wurden, kurzerhand umgewidmet und dem Energie- und Klimafonds (EKF), der nun durch Wumms und Doppelwumms den Namen Klima-Transformations-Fonds erhielt, zugeschrieben wurden. Mit diesen 60 Milliarden sollten Habecks Transformationsdelirien mitfinanziert werden, die Förderprogramme für den erzwungenen Umstieg auf die Wärmepumpe, die Milliarden für die Förderung der Halbleiterindustrie in Magdeburg und in Dresden beispielsweise, für den Ausbau des Wasserstoffnetzes.

Im Kern geht es darum, den gewaltigen Finanz-Bedarf für den Aufbau der Habeckschen Subventionswirtschaft zu bewältigen. Die Ansiedlung des Chip-Herstellers Intel in Magdeburg subventionieren die deutschen Steuerzahler mit annähernd 10 Milliarden Euro. Der Chiphersteller Infineon, der sich in Dresden ansiedelt, kann mit Steuergeldern

in Höhe von 1 Milliarde Euro rechnen. Siemens Energy bekommt 7,5 Milliarden vom Staat, um nicht bei der Produktion von Windkraftanlagen in die Knie zu gehen, Thyssen Krupp für die Herstellung von grünem Stahl 2,1 Milliarden Euro, für den Bau der erforderlichen Gaskraftwerke als Back up, wenn die Kohlekraftwerke heruntergefahren werden, werden an staatlichen Subventionen 60 Milliarden Euro benötigt, für die Wasserstoffproduktion in Namibia 10 Milliarden Euro und für den Ausbau des Wasserstoffnetzes sollen 19,7 Milliarden Euro verpulvert werden.

Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen und sie wird ja fast täglich vom Bundeswirtschaftssubventionsminister Habeck fast täglich erweitert. Hierfür stehen zwei Sondervermögen, also Sonderschulden oder Schattenhaushalte, die nicht der Schuldenbremse des Grundgesetzes unterliegen, zur Verfügung: der Wirtschaftsstabilisierungsfonds und vor allem der Klima-Transformations-Fonds (KTF). Der KTF hat ein Volumen von 2023 bis 2026 von rund 177,5 Milliarden Euro. Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes fallen nun 60 Milliarden weg, so dass der Fonds „nur“ noch 117,5 Milliarden Euro, im Wesentlichen an Kreditermächtigungen vorbei an der Schuldenbremse des Grundgesetzes enthält.

Dass Lindners Haushalt schon zuvor nicht aufging, dass mehr Gelder von den Fachministern verlangt wurde, als Lindners Haushalt hergibt, dürfte angesichts der Mehrkosten durch Bürgergeld, Kindergrundsicherung, die sich jeden Tag weitervollziehende Turbo-Migration in das deutsche Sozialsystem niemanden verborgen geblieben sein. Nun fehlen auch noch die 60 Milliarden – damit ist Lindners Haushalt tot, mausetot.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte Bild: „Der Ampel fliegt ihre unseriöse Haushaltspolitik um die Ohren.“ Die Bundesregierung habe Milliarden, die sie nicht hätten anrühren dürfen, genommen, um daraus „ihre links-grünen Luftschlösser“ zu finanzieren. Brandenburgs CDU-Chef Jan Redmann twitterte: „Mit dem Nachtragshaushalt hat das #Bundesverfassungsgericht die Förderungen des #Heizungsgesetzes gekippt. Keinesfalls darf dieses ohnehin falsche Gesetz jetzt ohne Förderung in Kraft treten. Die #Ampel muss es aufheben, damit die Mieter und Hausbesitzer nicht im Regen stehen.“

CDU-Chef Friedrich Merz stellt auf Twitter fest: „Karlsruhe hat die Selbstbedienungsmentalität der #Ampel-Regierung gestoppt und die #Schuldenbremse gestärkt. Ein wesentlicher Eckpfeiler der Haushalts- und Finanzplanung der #Bundesregierung bricht damit in sich zusammen.“ ™ #BVerfG“ Und : „Wir erwarten, dass der #Bundeskanzler nun einen verfassungskonformen #Bundeshaushalt vorlegt. Das ist eine Frage der politischen Führungsverantwortung für unser Land.“ ™ #BVerfG“

Das ist mehr als die erwartbare Reaktion der Opposition, sondern es zeigt die ganze Haltlosigkeit von Lindners Finanz- und Habecks Wirtschaftspolitik. Es führt wieder einmal – wie oft wird das noch nötig sein? – die ganze Haltlosigkeit des Versuches der Transformation der Wirtschaft in eine Staatswirtschaft vor Augen, den absurden Versuch einen staatmonopolistischen Kapitalismus grün lackiert durch die Hintertür der Subventionen und Interventionen einzuführen.

Weshalb konnte die Ampel glauben, dass dieser dreiste Trick durchgeht? Denn die Begründung des Bundesverfassungsgerichts hätte Lindners Juristen dem Behördenchef doch zuvor ins Stammbuch diktieren können, nicht zu vergessen Lindners Amtsvorgänger, der nun als Bundeskanzler dessen Chef ist? Dass sich das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz dreist über das Prinzip der Jährlichkeit hinwegsetzte, kann man nur mit der Arroganz der Macht oder einem fehlenden Rechtsbewusstsein erklären. Wenn man Schulden aufnehmen darf, und sie in die Bilanzen vergangener Jahre schiebt, weil es dort eine Ausnahmeregelung von der Schuldenbremse gab, dann gibt es keine seriöse Haushaltplanung mehr. Dann kann man alles machen. Es wird Zeit, dass diese Regierung, dass Habeck und Lindner verdeutlicht wird, dass sie nicht alles dürfen.

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