Tichys Einblick
„Gesichert rechtsextrem“?

Die AfD und der Warnhinweis

Über alle deutschen Parteien wird standardmäßig mit ihren selbstgegebenen Kürzeln berichtet: Die SPD ist die SPD, die CDU ist die CDU, die FDP ist die FDP. Nur eine Partei kommt in unseren Medien nicht mehr ohne Verfassungsschutz-Siegel vor. Das soll wohl abschrecken, aber es bewirkt das Gegenteil.

picture alliance / ZB | Sascha Steinach

Achtung: Der nachfolgende Text könnte auf einige Leser verstörend wirken. Er kann auch Spurenelemente von Ironie enthalten. Personen mit Wahrheitsallergien werden gebeten, nur unter Aufsicht eines politischen Vormunds weiterzulesen.

„Die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestufte AfD“.

Deutschlands selbsternannte Leitmedien haben sich insgeheim darauf geeinigt, den Parteinamen der Blauen nicht mehr ohne diesen behördlichen Warnhinweis zu verwenden. Genauso, wie es für Bundesligareporter den Vereinsnamen Bayern München nicht mehr ohne den Zusatz „Rekordmeister“ gibt. Oder wie in Nordkorea der Name des Diktators Kim Jong-Un ganz offiziell (und bei Androhung der Todesstrafe) nicht ohne den Zusatz „Oberster Führer“ benutzt werden darf.

Bei uns bedurfte es dazu gar keines Befehls von irgendwem, das machen vor allem die – letztlich vom Staat via Zwangsgebühren mit obszönen Gehältern als PR-Agenten gemästeten – öffentlich-rechtlichen Journaktivisten ganz freiwillig. Auch bei der „Süddeutschen“, bei der „Zeit“, natürlich beim „Spiegel“ und anderswo sind sie eifrig und dienstbeflissen gerne dabei. Das volksferne Gendern musste schließlich auch nicht extra angeordnet werden.

Das sagt freilich mehr über das Selbstverständnis der Gesinnungskünstler im deutschen Medienbetrieb aus als über den tatsächlichen Zustand der AfD.

Unsere Führungsjournalisten plappern geradezu begierig alles nach, was ihnen vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) zum Thema AfD vorgesagt wird. Distanz zu staatlichen Einrichtungen, Skepsis gegenüber geheimdienstlicher Propaganda, eigene Prüfung der vorgelegten Behauptungen? Fehlanzeige.

Ein eherner Grundsatz des kritischen Journalismus ist: Alle Quellen sind zu prüfen, politische gleich doppelt (und Wikipedia dreifach). Übrigens ist es ein Irrtum zu glauben, diesen Grundsatz gebe es nicht mehr. Es gibt ihn natürlich immer noch. Deutschlands Medien halten sich nur nicht mehr daran: Denn das ist aufwändig und teuer und könnte am Ende sogar zu Einsichten führen, mit denen man sich im Medienbetrieb unbeliebt macht.

Das BfV ist eine weisungsgebundene Behörde. Unter seinem fürchterlichen Chef Thomas Haldenwang gibt das BfV heute ungefähr genauso unabhängige Einschätzungen ab wie das Robert-Koch-Institut (RKI) zu Corona-Zeiten. Die Verlautbarungen des RKI haben Deutschlands Leitmedien seinerzeit bekanntlich genauso wenig kritisch hinterfragt wie heute die Aussagen des BfV.

Die gebetsmühlenhaft wiederholte Einstufung von Landesverbänden oder der Jugendorganisation der AfD als „gesichert rechtsextrem“ ist dabei formal wie inhaltlich eine Zumutung. Sie bewegt sich auf dem faktischen Niveau von Karl Lauterbachs öffentlicher Versicherung, die Corona-Impfung sei „nebenwirkungsfrei“.

Formal ist das Diktum des BfV sowohl einer Demokratie wie eines Rechtsstaats schlicht unwürdig:

Denn Haldenwangs Schlapphüte berufen sich auf geheime Erkenntnisse – die sie aber nicht offenlegen, eben weil sie geheim sind. Der Verfassungsschutz sagt also: Wir können beweisen, dass die AfD gesichert rechtsextrem ist – die Beweise wurden aber verdeckt gewonnen, deshalb zeigen wir sie nicht.

Letztlich fordert das BfV von den Bürgern und von der Justiz also, ihm blind zu vertrauen – ohne jede Kontrolle, ohne jede Nachprüfung. Dass deutsche Gerichte das mitmachen (so, wie sie es schon in der Corona-Zeit mitgemacht haben), sagt auch einiges aus über den Zustand unseres Rechtsstaats.

Inhaltlich oszilliert das BfV zwischen Inkonsistenz und Zirkelschluss.

„Die AfD ist rechtsextrem, weil wir sagen, dass sie rechtsextrem ist“: Mit dieser Argumentation würde jeder Philosophie-Student im Grundkurs „Formale Logik“ glatt durchfallen. Im Programm der AfD findet der Verfassungsschutz ja bis heute keinerlei Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Tendenzen der Partei. Deshalb benutzt die Kölner Behörde nach eigenen Angaben „Aussagen führender Mitglieder“, die dem Grundgesetz widersprechen.

Nun ist es aber keineswegs grundgesetzwidrig, Kritik am Grundgesetz zu üben. Ex-Innenminister Thomas de Maizière hat kürzlich bei Caren Miosga erklärt, man brauche eine Reform unserer politischen Institutionen, und dafür müsse auch das Grundgesetz geändert werden. Und de Maizière dürfte selbst beim BfV nur schwerlich als Verfassungsfeind gelistet sein.

Selbstverständlich darf man sich Änderungen der Verfassung wünschen. Man darf nur nicht anstreben, diese Änderungen gewaltsam – also durch Umsturz – zu erreichen. Äußerungen eines führenden AfD-Politikers, der für die Bundesrepublik eine blutige Revolution fordert, sind bisher aber nicht überliefert. Und selbst wenn: Ist eine Organisation verfassungsfeindlich, nur weil es einige ihrer Mitglieder möglicherweise sind?

Darüber hinaus werden eindeutig grundgesetzwidrige politische Aussagen und Zielvorgaben vom BfV höchst selektiv verfolgt.

Vor der letzten EU-Wahl hat die Spitzenkandidatin der „Linken“, Carola Rackete, ausführlich dargelegt, dass sie Wahlen abschaffen will. Stattdessen sollten alle politischen Amts- und Mandatsträger künftig per Los bestimmt werden. Das sagte sie im ZDF-Morgenmagazin, also vor einem Millionenpublikum, und es dürfte Haldenwang und seinen Spitzeln schwerlich entgangen sein. Es sei denn, in Köln stehen sie nicht so früh auf.

Die Aussagen widersprechen natürlich eindeutig und massiv unserer im Grundgesetz festgelegten Staatsordnung und deren demokratischen Prinzipien. Aber weder Rackete selbst noch die „Linke“ wurden danach vom BfV wegen verfassungsfeindlicher Tendenzen öffentlich gebrandmarkt.

Auch die bekennende Kommunistin Sahra Wagenknecht hat der BfV nicht im Visier. Lustigerweise fordert deren neuer Club „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) inhaltlich weitgehend Ähnliches wie die AfD. Aber wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe.

Wagenknecht wird vom politischen Establishment gebraucht, um der AfD Stimmen abzujagen und die Blauen jenseits der Brandmauer halten zu können. Eine Beobachtung des BSW durch den Verfassungsschutz, gar eine öffentliche Einstufung als „gesichert linksextrem“, würde den politischen Interessen zum Beispiel der Sozialdemokraten enorm schaden. Die SPD stellt mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser gerade die Vorgesetzte von BfV-Chef Haldenwang. Aber damit soll selbstverständlich rein gar nichts angedeutet werden.

Was ist „rechtsextrem“?

Auch die inflationäre Schaffung von Lehrstühlen zur „Faschismusforschung“ an deutschen Universitäten hat bei der Beantwortung dieser Frage nicht geholfen, eher im Gegenteil. Noch nicht einmal jahrzehntelang als gesichert geltende Kernelemente sind noch unumstritten.

Der berufsjugendliche Poster-Boy aller Ungebildeten ohne Geschichtsverständnis, Tilo Jung, bezeichnete vor ein paar Jahren das DDR-Regime als „rechts“. Er meinte das keineswegs ironisch, sondern todernst. Das zeigt, wie beliebig ein gewisses Milieu inzwischen Begriffe verwendet.

Wenn man sich frühere Äußerungen von Helmut Schmidt oder auch von Gerhard Schröder zur Migrationsfrage heute noch einmal anhört, dann sind zu den politischen Forderungen der AfD oft keine Unterschiede mehr zu erkennen. Waren Schmidt und Schröder nun selbst rechtsextrem? Wahrscheinlicher ist, dass mit dem Begriff „rechtsextrem“ inzwischen alles diffamiert wird, was nicht zum Weltbild der in Medien und Politik dominierenden woken Neo-Jakobiner passt.

Für die ist eben alles „Nazi“, was nicht grün ist. Dabei fehlt ihnen aber die Selbstdistanz – und in Fällen wie Claudia Roth, Emilia Fester, Ricarda Lang und anderen wohl auch die intellektuelle Grundausstattung – um sich selbst zu hinterfragen. Wenn es etwas gibt, was „Nazi“ war, dann sicher unstrittig der Antisemitismus. Doch heute ist Antisemitismus (außer bei unseren muslimischen Gästen) nirgendwo ausgeprägter als im grün-linken Lager. Dort gibt es erkennbar mehr Judenhasser als bei der AfD. Wo also sitzen die „Nazis“?

Der „gesicherte Rechtsextremismus“ des BfV ist formal wie inhaltlich, pardon, lächerlich.

Trotzdem übernimmt der Großteil der deutschen Meinungsmacher das Label. Das zeigt, wie weit sich unsere Medien inzwischen von ihrem Publikum entfernt haben. Denn natürlich soll die feste Wortverbindung „die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestufte AfD“ abschrecken. Es soll ein Warnschild sein: Achtung! Vorsicht, Lebensgefahr! Nicht anfassen!

Doch erreicht wird das Gegenteil.

Die fortwährende, ununterbrochene Dauerbeschallung mit Gegen-rechts-Propaganda hat die Menschen mürbe gemacht. Aber nicht so, dass sie nachgeben und mitmachen. Sondern so, dass immer mehr Leute die Nase voll haben und sich abwenden. Wer, wie das grün-linke Konglomerat in Medien und Politik, in immer demselben alarmistischen Ton und in immer derselben panischen Lautstärke alle und jeden als „Nazi“ bezeichnet – der darf sich nicht wundern, wenn das Publikum irgendwann auf Durchzug stellt.

Und so wirkt das BfV-Label für die AfD inzwischen nicht wie ein abschreckender Warnhinweis, sondern eher wie ein Orden: Seht her, wir sind dem politischen Establishment so lästig, dass es uns sogar den Inlandsgeheimdienst auf den Hals hetzt.

Die Ampel missbraucht eine Behörde zur politischen Feindmarkierung. Und die der Ampel nahestehenden Medien betätigen sich wieder einmal als Regierungslautsprecher. Doch statt dem Feind Anhänger abzunehmen, werden ihm nur weitere Unterstützer zugetrieben. Sowas kommt von sowas. Das passiert, wenn Politik und Medien die Bürger nicht mehr verstehen.

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie bitte Ihre Verfassungsschützerin, Ihren Verfassungsschützer oder in Ihrem Fernseher.

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