Tichys Einblick
divide et impera

Deutschlandtrend: unbeliebt, unbeliebter, Ampel

Die Zahlen drücken aus, dass Deutschland verunsichert ist. Immer mehr Bürger sehen, dass es wirtschaftlich und gesellschaftlich bergab geht. Die Zahlen spiegeln ein in sich selbst zerfallendes Land. Die Ampel spaltet, weil sie sich nur so an der Macht hält. Aber es wird immer einsamer um sie.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Zuweilen muss man über Nachrichten sprechen, über die sich eigentlich nicht zu sprechen lohnt, weil sie keinen Neuigkeitswert mehr besitzen. Man könnte philosophisch sagen, dass ein Land, in dem Nachrichten nichts Neues mehr erzählen, sondern das Alte, das Bekannte nur als noch grauer, als noch verstaubter, als noch gestriger wiedergeben, wenn der heutige Tag zum Vorgestrigen wird, dass dieses Land seine Wirklichkeit verliert: Es wird immer unwirklicher, immer kafkaesker. Man fühlt sich an die bleierne Breschnew-Zeit erinnert, die man auch die Zeit ohne Uhren nannte.

Es überrascht erst einmal nicht, dass im aktuellen Deutschlandtrend von Infratest Dimap im Auftrag von ARD-„Tagesthemen“ und WELT 85 Prozent der Befragten damit unzufrieden sind, wie die Regierungsparteien miteinander umgehen. Man könnte spotten, dass der Deutsche es eben harmonisch liebt. Wenn schon Unfug, dann bitte harmonisch, wenn schon Untergang, dann bitte geordnet, wenn Zank, dann leise, bitte noch etwas leiser. Doch das ist eben nur ein Drittel der Wahrheit.

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Das zweite Drittel der Wahrheit besteht darin, dass Dauerstreit in der Regierung, so nervig der auch ist, ertragen werden würde, wenn das Richtige geschähe, wenn es aufwärts und nicht immer schneller abwärts ginge – und zwar in allen gesellschaftlichen Bereichen: in der inneren Sicherheit, der Infrastruktur, der Wirtschaft, der Bildung, der Rente, überhaupt in den Sozialsystemen. Aufwärts geht es nur im Bereich Schulden – ach ja, und: Politikergehälter. Boomte die Wirtschaft, führe die Bahn pünktlich, könnten Frauen und Mädchen sich frei zu jeder Tages- und Nachtzeit im öffentlichen Raum bewegen, könnten die sich wie die Kesselflicker streiten, und es würde nur ein paar Schöngeister stören. Der dritte Teil der Wahrheit findet sich in der Inkompetenz der Regierung, denn ein Teil des Dauerstreits ist nur Teil des Schwarzer-Peter-Spiels.

Wenn sich 85 Prozent der Bürger unzufrieden damit zeigen, „wie die Regierung ihre Politik den Bürgern erklärt und vermittelt“, gehört das zum Fake-Potential von Umfrageinstituten innerhalb der Brandmauer, denn diese Frage gehört sich schlicht in einer Demokratie nicht. Weil sie den unmündigen Bürger voraussetzt, der brav vor dem Politiker kauert und sich von dem großen weisen Mann oder der großen weisen Frau oder dem großen weisen Diversen aufklären lässt, was wieder für ihn, dem Bürger getan wurde. Doch Politiker, die ein Vermittlungsproblem haben, besitzen in Wahrheit ein inhaltliches Problem, weil sie nicht in der Lage sind, ihre falsche Politik als richtig darzustellen.

So gesehen wird von 85 Prozent nicht die Vermittlung, sondern die Politik selbst kritisiert. Denn wie könnte die Ampel ein Vermittlungsproblem haben, wo doch die meisten Medien auf Regierungspropaganda umgeschwenkt sind – und professionell den Bürgern die Politik der Regierung zu vermitteln versuchen. Eine andere Zahl belegt diese These, denn 71 Prozent sind weniger oder gar nicht zufrieden damit, was die Regierung auf den Weg gebracht hat. Wie verzweifelt inzwischen diese Situation ist, offenbart, dass nur 22 Prozent meinen, dass „eine CDU/CSU-geführte Bundesregierung die anstehenden Aufgaben und Probleme in Deutschland besser lösen“ könnte, deutlich weniger als nach Wahlumfragen für die CDU derzeit stimmen würden.

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Auch das ein Indiz für Deutschlands politische Schizophrenie oder Ratlosigkeit. 20 Prozent denken, dass es unter einem Kanzler der Union ähnlich gut, 31 Prozent ähnlich schlecht und 17 Prozent schlechter gelänge. Friedrich Merz halten nur 26 Prozent für einen guten Kanzlerkandidaten, 34 Prozent würden entweder Hendrik Wüst oder Markus Söder wählen. Wüst ist der Traum all derer, die sich Angela Merkel zurückwünschen. Man kann Wüst ablehnen oder ihm auch zustimmen, aber man weiß, was man mit ihm bekommt – Meldestellen zum Beispiel und eine Koalition mit den Grünen.

Friedrich Merz hingegen kann auf kein Potential von Wählerhoffnungen mehr zurückgreifen und hat sich durch seinen Zickzackkurs unkenntlich gemacht – mit ihm scheint alles möglich zu sein. Es gibt unter den Anhängern der Union wohl kaum einen, der sich nicht schon einmal in Friedrich Merz getäuscht hat. Zudem wird man bei ihm immer sicherer, dass er am liebsten mit den Grünen eine Koalition bilden möchte. Nichts würde sich ändern, oder doch vielleicht graduell etwas, weil die CDU in der Koalition mit den Grünen handzahmer als die FDP wäre.

Die Frage, ob das ginge, stellt sich nicht mehr, es geht. Spätestens seitdem die Union davor zurückschreckt, wegen des Tarnens, Täuschens und Tricksens, auch des Lügens, mit dem der Atomausstieg besiegelt wurde, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss gegen Robert Habeck durchzusetzen, hat sie in dem Punkt für Klarheit gesorgt. Die Krankheit der Union heißt Angela Merkel: Bevor die Union nicht mit Angela Merkel gebrochen und die Merkel-Zeit aufgearbeitet hat, braucht man von der Union nichts zu erhoffen. Allerdings könnte die Aufarbeitung der Merkel-Zeit für die CDU so etwas wie Harakiri bedeuten.

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Ein anderer Wert allerdings sorgt auf den ersten Blick für Erstaunen. 48 Prozent der Befragten waren dafür, dass die Mitgliedsstaaten „weitere Zuständigkeiten an die EU abgeben“ sollten. Im Vergleich zum Juni 2023 sind das 14 Prozentpunkte mehr. 30 Prozent sind dagegen. Doch der Wert wird verständlicher, wenn man sieht, dass 62 Prozent ein starkes oder ein sehr starkes Interesse an den EU-Wahlen haben. Nimmt man das niederschmetternde Zeugnis, das die Befragten der Ampel ausgestellt haben, hinzu und die sehr geringe Erwartung, dass sich unter einer unionsgeführten Regierung etwas ändern würde, dann dürfte bei einem Teil der Befragten sich hoffnungsvoller Fatalismus oder eine fatale Hoffnung einstellen. Wenn es in Deutschland keine Hoffnung gibt, ist es vielleicht besser, wenn die EU mehr entscheidet, zumal sie, siehe letztens erst die Niederlande, immer konservativer wird. Durch den Komplettausfall der Union in der Opposition und als Alternative sowie dem Wissen darum, dass selbst eine gestärkte AfD es an Stärke mangelte, solange das grüne Projekt der Brandmauer Bestand hat, macht sich bei Wählern Hoffnungslosigkeit breit. Änderung kann derzeit nur in Europa gelingen.

Die Umfrage zur EU-Wahl von Europe Elects vom April 2024 besagt, dass die Konservativen (EVP) 183 Sitze bekommen, das ist ein Sitz mehr als zur EU-Wahl 2019, die Rechtskonservativen (EKR) 86, das sind 24 Sitze mehr, die Rechtspopulisten (ID) 84 Sitze, das sind 11 mehr, die Liberalen 86 Sitze, das sind 22 Sitze weniger, die Sozialdemokraten 140 Sitze, das sind 14 Sitze weniger, die Grünen 48 Sitze, das sind 26 Sitze weniger, die Linke 44 Sitze, das sind 3 Sitze mehr. Als wahlentscheidend bei der EU-Wahl ist mit 26 Prozent die Friedenssicherung vorn, das sind 4 Prozentpunkte mehr, es folgen die Soziale Sicherheit mit 23 Prozent, 3 Prozentpunkte mehr, die Zuwanderung mit 17 Prozent, das sind 5 Prozentpunkte mehr, der Klimaschutz mit 14 Prozent, das sind 9 Prozentpunkte weniger, das Wirtschaftswachstum mit 13 Prozent, das sind 3 Prozentpunkte mehr. Die Zahlen zeigen, wie abhängig die Grünen von der Klimalüge sind.

Was die Zahlen ausdrücken, ist, dass Deutschland verunsichert ist. Immer mehr Bürger sehen, dass es wirtschaftlich und gesellschaftlich bergab geht. Statt sich um Frieden zu bemühen, vernimmt man von den Bänken der Regierungskoalition, aber auch von der Union markige Kriegstöne, vergrößert die Regierung die Kriegsgefahr, anstatt sie einzudämmen. Statt sich um Soziale Sicherheit zu kümmern, verschärft die Regierung die Turbomigration in die deutschen Sozialsysteme.

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Während Politiker auf der Straße niedergestochen werden, während Unis von Pro-Hamas-Aktivisten besetzt, jüdische Studenten bedroht werden, dort und auf den Straßen antisemitische Parolen gegrölt oder in den Unis an die Wände geschmiert werden, während auf Demos Forderungen erhoben werden wie „Berlin muss brennen“ oder „Fuck you Germany“ oder die Einführung der Scharia oder die Umwandlung Deutschlands in ein Kalifat verlangt wird, wollen deutsche Politiker jungen Leuten die Zukunft zerstören, die lediglich einen Partysong mitgesungen haben. Eine Studentin, die ein Lied mitgeträllert hat, bekommt von ihrer Hochschule Hausverbot, darf nicht mehr am Unterricht teilnehmen, ihre Exmatrikulation wird geprüft, während die Exmatrikulation eines arabischstämmigen Studenten, der einen jüdischen Kommilitonen brutal zusammen- und krankenhausreif geschlagen hat, nicht einmal erwogen wird und eine Universitätspräsidentin im Amt bleibt, die mindestens einen antisemitischen Tweet geliked hat.

Je mehr der Ampel die Wirklichkeit verloren geht, um so stärker setzt sie auf Propaganda, auf Ächtung des politisch Andersdenkenden und auf Polizeimaßnahmen.

Die Zahlen spiegeln ein in sich selbst zerfallendes Land wider. Die Ampel spaltet, weil sie sich nur so an der Macht hält: divide et impera. Aber es wird immer einsamer um sie.

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