Tichys Einblick
Meinung statt Fakten

Deutschlandfunk ohne Udo Pollmer

Udo Pollmer kann man jetzt bei Tichys Einblick und in seiner »Brotzeit« auf Youtube lesen, sehen und hören. Im Deutschlandfunk dagegen gehts vegan weiter.

imago images / Horst Galuschka

Eine der beliebtesten Sendungen mit hoher Zuhörerschaft beim Deutschlandfunk gibt es nicht mehr. Am vergangenen Wochenende wurde »Mahlzeit« abgeschaltet, eine informative und kritische Wissenssendung rund um Ernährung und Lebensmittel. Sie räumte mit vielerlei Mythen auf wie in der letzten Sendung mit dem Gerücht, dass Biotin oder »Vitamin H« für schönere Haut oder Nägel sorgt und ungefährlich ist. Man erfuhr die Hintergründe, warum es keineswegs so harmlos ist, wie die Werbung oft glauben lässt. Die Arzneimittelbehörden warnen deshalb davor. Denn es verfälscht auch Laborwerte und kann lebensgefährliche Folgen haben, wie man in der Sendung erfährt.

20 Jahre lang berichtete Udo Pollmer regelmäßig in kurzen Beiträgen in der sehr erfolgreichen Hörfunk-Sendung. Er ist studierter Lebensmittelchemiker, bekannter Verfasser zahlreicher kritischer Sachbücher über Ernährung und deren Mythen sowie Autor bei Tichys Einblick. Jede Woche einmal zuletzt freitags mittags eine Sendung, die dadurch bestach, dass sie nicht irgendeine vegane, rohköstlerische oder sonstige Sektierei betreibt, keine Glaubenssätze bietet, sondern kritische Wissenschaft. Doch ab jetzt muss man sagen: bot. Mit belegbarer wissenschaftlicher Berichterstattung ist es im Deutschlandfunk vorbei. Dem grünen Sender war das zu viel an rationaler Aufklärung – weg damit. Weg mit solchen unkorrekten Aufrufen: »Lasst euch den Schinken schmecken!«

In einer seiner Sendungen ging der Autor auf eine schon lange versprochene Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO ein. Da steht drin, dass Fleisch und Wurst die Gesamtkrebsrate nicht messbar erhöhen.

Erstaunlich, fand er in der Sendung, weil sonst immer das Gegenteil behauptet wird, dass nämlich die traditionellen Nahrungsmittel wie rotes Fleisch, Wurst und Schinken Krebs verursachen würden. Bereits 50 Gramm Wurst oder 100 Gramm »rotes Fleisch« täglich würden das Risiko für Darmkrebs um fast 20 Prozent steigern, so heißt es normalerweise. Wurst oder Zigaretten – beides fast gleich schlimm.

Diese Studie mit den Horrorangaben wurde in allen Medien und Talkshows begeistert zitiert. Nur, so fand Udo Pollmer heraus: Diese Studie existierte damals gar nicht – nur ein Abstract. Das ist etwa so, wenn das Ergebnis einer Kassenprüfung Millionengewinne ausweist, allein es fehlt die Kasse und Buchhaltung gibt’s auch keine. Wenn Fake – dann ist hier der Begriff angebracht.

Pollmer sah sich jetzt die von der WHO zum Abstract nachgelieferte Studie an. Dort stand nichts mehr von der großen Gefahr durch rotes Fleisch. Denn, so Pollmer, der privat über eine Bibliothek verfügt, die zumindest qualitativ so manche Unibibliothek in den Schatten stellt, »auch die WHO kommt nicht an einer Studie vorbei, die bereits im Mai 2015 eine grundsolide Bewertung aller verfügbaren Daten vorgenommen hat. Und da war in Sachen Fleisch und Darmkrebs nichts zu finden, egal wie die vielen Daten statisch gedreht und gewendet wurden.«

Pollmer: »Liest man die Originalarbeiten, auf die sich die WHO beruft, kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Denn das als »Krebsrisiko« geschmähte Nitrat ging mal mit einer höheren, mal einer niedrigeren Rate diverser Tumoren einher. Nitrat ist in Salat sogar im Grammbereich vertreten, die Gehalte an Pökelsalzen in Wurst und Schinken sind dagegen bedeutungslos. Übrigens: Das Nitrat aus dem Gemüse wird im Körper unvermeidlich in Nitrit, also in Pökelsalz umgewandelt.«

Beiläufig zitiert die WHO eine Studie, die eine ganz andere Substanz als alles andere als nützlich identifiziert hat: »Es ist die Ascorbinsäure, die bekanntlich der Wurst zugesetzt wird, um die Umrötung zu beschleunigen. Krebspatienten hatten hochsignifikant mehr Vitamin C im Blut als Gesunde. Sollte Gepökeltes wider Erwarten beim Menschen doch Darmkrebs begünstigen, dann zählt dieser Vitamin-Zusatz zum Kreis der Verdächtigen. Die WHO hüllt sich in Schweigen.«

Pollmer weiter in seinem Beitrag: »Krebs kann überall auftreten. Deshalb wäre es wichtig zu wissen, ob Fleischesser insgesamt eine niedrigere Krebsrate haben als Vegetarier – oder umgekehrt. Fleisch und Wurst erhöhen laut WHO die Gesamtkrebsrate nicht messbar. Kein Wunder, schließlich finden sich von Natur aus in Pflanzenkost weit mehr krebserzeugende Stoffe als im Fleisch. Man denke nur an Indol-3-Carbinol in Brokkoli oder die Pyrrolizidine in Kräutern. Definitionsgemäß zählt auch das Acrylamid in grünem Tee oder schwarzem Kaffee dazu.«

»In den USA sollen deshalb »Krebswarnungen« auf Kaffeebecher aufgedruckt werden. Wie absurd! Denn es gilt – entgegen der öffentlichen Darstellung – als gesichert, dass Kaffee vor Leberkrebs schützt. Womöglich auch noch vor Brustkrebs. Ja, es konnte sogar gezeigt werden, dass mit dem Konsum acrylamidhaltiger Speisen weniger Darmkrebs auftritt. Das liegt nicht am Acrylamid, sondern daran, dass beim Rösten, Grillen und Frittieren neue Schutzstoffe entstehen. Mahlzeit!«

Auch nicht mehr ins Deutschlandfunk-Konzept passte, wenn er vor Süßstoffen warnte. Er zitierte Studien, die belegen, dass die Mittel neben Diabetes und Übergewicht sogar Alzheimer verursachen können. Mit Süßstoffen stieg dagegen der Blutzuckerspiegel nach den Mahlzeiten von Tag zu Tag stärker an. Eigentlich sollten Süßstoffe helfen, den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren. Doch im Gegenteil, Diät-Limos können sogar Diabetes verursachen.

Harter Stoff für all diejenigen, die mit Süßstoffen versuchen, dem ach so bösen Zucker zu entkommen. Der wird als Schrecken aufgebauscht. Das ist wissenschaftlich nicht haltbar, passt aber ins grüne Verbotskonzept.

Solche Aussagen wiederum schmecken den veganen Redactricen eher nicht. Vor einem Jahr beschlossen sie: Weg damit! Nur ganz »weg ging« schlecht, weil sich diese Beiträge einer hohen Beliebtheit bei den Hörern erfreuten.

Ergebnis: Pollmer sollte nur noch jede zweite Woche eine seiner Sendungen bestreiten. Für die anderen beiden Wochen, so sinnierten die DLF-Redakteurinnen seinerzeit, ›wollen wir mehr »Vielfalt« haben‹. Und wer käme da besser in Frage als … darauf kommt ein normaler Mensch eher selten. Sarah Wiener, jene österreichische Köchin, die beim Wahlkampf der Grünen mit von der Partie ist und die von Talk zu Talk tingelt. Vegan statt Wissenschaft.

In einer bemerkenswerten Pressemeldung erhoben sie seinerzeit also Sarah Wiener in den Rang einer »Starköchin«: »Seit fast 20 Jahren präsentiert Deutschlandfunk Kultur die Kolumne »Mahlzeit« von Udo Pollmer. Am 23. März bekommt das beliebte und kontrovers diskutierte Format Zuwachs. Die österreichische Köchin Sarah Wiener, mittlerweile mit zweitem Standbein als Biobäuerin in der Uckermark, ist zukünftig freitags um 12.50 Uhr im Wechsel mit Udo Pollmer zu hören.« So machte der DLF Werbung für das Wienersche Unternehmenskonglomerat.

»Mit dem neuen Format unter dem Titel »Besser essen« setzt Deutschlandfunk Kultur auf mehr Vielfalt in der Berichterstattung über Ernährungsthemen. Sowohl Sarah Wiener als auch Udo Pollmer haben eine starke Meinung über das, was wir jeden Tag zu uns nehmen oder nach dem Willen der Ernährungsindustrie zu uns nehmen sollten.«

Da wurde in den DLF-Büros etwas missverstanden: Es geht nicht um »starke Meinung« – die kann jeder haben-, sondern darum, ob eine Aussage belegbar ist oder nicht. Es ist das eine, ob eine so schwer wiegende Behauptung, Fast Food wie Hamburger, Pommes und Pizza erhöhten das Krebsrisiko, in die Welt gesetzt wird, oder ob sie belegt werden kann. Dann ist es angebracht, die entsprechenden Studien einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Wissenschaft statt Fake. Stattdessen verbreitete der Deutschlandfunk grüne Allgemeinplätze von Sarah Wiener: Regionalität, biologischer Anbau und gesunde Ernährung.

Pollmer setzt dagegen Wissen, wenn es gilt, romantische Erinnerungen an Großmutters Küche (angeblich »taufrisch, roh, ohne chemische Zusätze«) der Realität entgegenzusetzen: »Schon allein aus Gründen der Hygiene wurde gekocht. Nicht im Traum wäre es ihr in den Sinn gekommen, ihren Kindern gartenfrische Smoothies zu kredenzen, gemixt aus dem Grün von Karotten, aus Kernen, Schalen und anderen Küchenabfällen, wie es heute empfohlen wird. Sie wusste, dass Kraut, Schalen und Kerne unbekömmlich sind. Die Insekten waren auch nicht ihre Freunde, sondern zuvörderst Schädlinge, die ihr die Ernte madig machten.«

»Schon damals war die Benzoesäure altbewährt. Großmutter griff allerdings lieber zur giftigeren und damit wirksameren Salicylsäure, um eingemachtes Obst zu konservieren – denn verderben durften ihre totgekochten Vorräte unter keinen Umständen.«

Deutschlandfunk und Wissenschaft – das war mal gut, in den Zeiten, bevor starke Meinungen und schwache Fakten aufkamen. Udo Pollmer kann man jetzt bei Tichys Einblick und in seiner »Brotzeit« auf Youtube lesen, sehen und hören. Im Deutschlandfunk dagegen gehts vegan weiter.

Die mobile Version verlassen