Tichys Einblick
Bürger werden hinters Licht geführt:

Deutschland – der Großzahler der EU-Administration

Deutschland kommt nicht nur für die Schulden anderer Staaten auf, es verschuldet sich im Rahmen der EU und auch nationalstaatlich, um für die Schulden anderer Staaten zu haften. Aus dem No-bail-out-Schwindel wurde die Bail-out-Realität.

picture alliance/dpa | Philipp von Ditfurth

Seit der Einführung des Euro, der nur mit einem feierlichen Versprechen, das schneller gebrochen als ausgesprochen war, den Deutschen abgerungen werden konnte, überweist Deutschland enorme Summen nach Brüssel und verschuldet sich immer stärker für andere Staaten. Mehr noch, das Land nimmt Schulden auf, um demütig den wachsenden Ansprüchen, der Übergriffigkeit und Arroganz der Brüsseler Aristokratie zu entsprechen. Finanzpolitisch ist, wie eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt, in Brüssel Deutschlands Platz inzwischen im Staub vor den hohen Herren und Damen von Ursula von der Leyens Administration.

Ebenfalls seit Einführung des Euro sangen Deutschlands Politik und Medien den allzu einfachen Gassenhauer, dass Deutschland am meisten von der Einführung der Gemeinschaftswährung profitieren würde. Das war falsch, ist falsch und wird weiterhin falsch bleiben. Übrigens nicht nur mit Blick auf die Targetsalden von Forderungen der Bundesbank in der gigantischen Höhe von rund 1048 Milliarden Euro. Diese Außenstände übertreffen die gesamten Steuereinnahmen des Bundes, der Länder, Städte und Gemeinden in Deutschland, und sie übersteigen den Bundeshaushalt für das Jahr 2025, der momentan noch mit einem Volumen von 481 Milliarden Euro geplant wird, um mehr als das Doppelte.

Deutschland kommt nicht nur für die Schulden anderer Staaten auf, es verschuldet sich im Rahmen der EU und auch nationalstaatlich, um für die Schulden anderer Staaten zu haften. Aus dem No-bail-out-Schwindel wurde die Bail-out-Realität.

Transparent wie das demokratisch nicht legitimierte Ancien Regime in Brüssel ist, weigerten sich die Brüsseler Herrschaften zu verdeutlichen, wer die Nettoempfänger und wer die Nettogeber der EU sind. Nettoempfänger sind diejenigen, die mehr Geld bekommen, als sie einzahlen, Nettogeber diejenigen, die mehr Geld geben, als sie über Zuschüsse, Zuwendungen und Förderungen zurückbekommen. Zwar existierten recht konkrete Ahnungen, auch konnte man sich ein ungefähres Bild errechnen, doch nun legte das Institut der deutschen Wirtschaft einen Report vor, der sicherlich keine Überraschung darstellt, aber die Ahnungen bestätigt und sogar noch übertrifft.

Trotz Niedergangs der deutschen Wirtschaft ist Deutschland weiterhin der größte Nettogeber. Das heißt, Deutschland gibt mehr Geld in den Brüsseler Topf, als Brüssel Deutschland überweist. Aus deutscher Sicht ein schlechtes Geschäft. Deutschland ist also nicht der Profiteur der EU, wie so vollmundig, wie irreal behauptet wird.

Im Jahr 2023 zahlte Deutschland nach Abrechnung aller Rückflüsse in den EU-Topf 17,4 Milliarden Euro, während Frankreich als folgender Nettogeber fast die Hälfte weniger, nämlich fast 9 Milliarden Euro einzahlte. Größter Nettoempfänger ist das stark aufrüstende Polen mit 8,2 Milliarden Euro. Laut Marek Swierczynski von der polnischen Denkfabrik Polityka Insight wird Polen über mehr als 1500 Panzer verfügen und damit in Zukunft ein Heer unterhalten, das größer ist „als das von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien zusammen“.

Damit jedoch nicht genug, auch die EU unterhält so etwas wie Sonderschulden, den NextGenerationEU (NGEU) Fonds, der zum großen Teil schuldenfinanziert ist und für den Deutschland am stärksten haftet. Das Institut der deutschen Wirtschaft schreibt in seiner Analyse: „NGEU besteht aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) mit insgesamt 723,8 Milliarden Euro und mit Beiträgen zu anderen Programmen der EU und kommt auf insgesamt 806,9 Milliarden Euro.“

Beachtlich ist, dass rund die Hälfte als Kredite (385,8 Milliarden Euro) und als nicht rückzahlbare Zuschüsse (338,0 Milliarden Euro) ausgereicht werden. Spannend ist nun – und das sagt alles, wer die Schaffung des NGEU und mit welchem Ziel durchgesetzt hat –, dass Italien und Frankreich zwar im regulärem Haushalt Nettogeber, doch im NGEU Nettoempfänger sind. Das heißt: Rechnet man EU-Haushalt und EU-Schattenhaushalt (NGEU) zusammen, werden Frankreich und Italien aus Nettogebern des EU-Haushalts unterm Strich durch NGEU zu Nettoempfängern. Nur, und wen wundert es bei der Deutschlandabneigung Ursula von der Leyens und der deutschen Eliten, bleibt Deutschland unterm Strich nach Verrechnung von EU-Haushalt und NGEU immer noch Nettogeber.

Deutschland zahlte im Jahr 2023 in den NGEU 10,9 Milliarden Euro ein, das heißt, dass die 10,9 Milliarden Euro auf den Beitrag Deutschlands zum EU-Haushalt draufgeschlagen werden müssten. Somit beliefe sich die Summe, die die Bundesrepublik 2023 nach Brüssel überwies, auf 28,3 Milliarden Euro. Doch bei der Liebe zu Wahrheit und Transparenz, die in Brüssel geradezu sprichwörtlich ist, ist das natürlich nicht alles, denn der NGEU wird zum großen Teil aus Schulden finanziert. Im Jahr 2023 dürften die Schulden des NGEU bei circa 240 Milliarden Euro und der deutsche Finanzierungsanteil bei 28 Prozent liegen.

In einer Studie des ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung mit der Universität Heidelberg vom April 2024 benennen die Forscher einen Finanzierungsanteil für Deutschland an NGEU für die Tilgungen von 109 Milliarden Euro. „Zudem übernimmt Deutschland bis zur Rückzahlung aller NGEU-Kredite bis 2058 zusätzlich Garantien im Umfang von anfangs 134 Milliarden Euro für die Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten. Der Umfang der nicht ausgewiesenen Beträge für Rückzahlung und Haftung aus allen heute existierenden europäischen Verschuldungsinstrumenten beläuft sich dann bereits auf mehr als 10 Prozent der gegenwärtigen deutschen Staatsschuld.“ Das würde bedeuten, dass die deutsche Staatsverschulung nicht bei rund 63 Prozent läge, sondern bei rund 73 Prozent.

Insgesamt kommt das ZEW zu dem Ergebnis: „Für Deutschland beläuft sich die Summe aus indirekten Rückzahlverpflichtungen und Haftungsanteilen für alle europäischen Verschuldungsinstrumente bei Vollauszahlung nach Plan auf 262 Milliarden Euro.“ Die Forscher schlussfolgern, dass „zum ersten Mal nicht rückzahlbare Zuschüsse an Mitgliedstaaten und operative Ausgaben im EU-Haushalt über Schulden finanziert“ werden.

Und sie weisen auf etwas sehr Wesentliches hin, im Grunde auf einen fast schon kriminellen Betrug an den Bürgern, am Souverän der Bundesrepublik Deutschland, wenn sie einschätzen: „Dadurch entsteht ein Problem fiskalischer Intransparenz, da nationale Schuldenstatistiken nicht mehr umfassend nationale Verbindlichkeiten ausweisen.“ Die demokratisch nicht legitimierte EU-Administration hebelt bewusst und trickreich das Königsrecht der Parlamente, das Budgetrecht aus, wenn ihre Maßnahmen dazu führen, dass „nationale Schuldenstatistiken nicht mehr umfassend nationale Verbindlichkeiten ausweisen“ und dadurch der Kontrolle des Parlaments entzogen werden. Doch in Brüssel ist man ohnehin der Auffassung: Der Souverän bin ich.

In diesen Tagen streitet die Ampel um ihren Schuldenhaushalt für das Jahr 2025. Im Grunde streitet sie darüber, wie sie ihre enormen Schulden umtaufen und sie über verfassungswidrige und unwirtschaftliche Tricksereien an der Schuldenbremse des Grundgesetzes vorbeiführen kann. Doch eigentlich dürfte sie kaum oder gar keine Schulden mehr machen, wenn man sieht, welche Verbindlichkeiten, welche „europäische Schulden“ bereits die Regierung Merkel-Scholz auf die deutschen Bürger und ihre Kinder leichtfertig angehäuft haben.

Anzeige
Die mobile Version verlassen