»Mein Sohn, hast du gebürgt«, so lesen wir in der Bibel (Sprüche 6:1-3), »hast du gebürgt für deinen Nächsten, und hast du Handschlag gegeben für einen andern, so bist du gebunden durch die Rede deines Mundes und gefangen in den Reden deines Mundes. Deshalb tu doch dies, mein Sohn, und rette dich; denn du bist in deines Nächsten Hand: Geh hin, dränge und bestürme deinen Nächsten!«
Die Bibel positioniert sich eindeutig gegen Bürgschaften. Die Bibel will die Gläubigen (die biblische Variante der) Freiheit lehren – und eine Bürgschaft bedeutet nach den meisten Deutungen des Wortes »Freiheit« eben Unfreiheit. Ein Staat, der sich in der Tradition christlicher Werte sieht, erst recht wenn er von einer Partei mit »C« im Namen beherrscht wird, der müsste sich doch von aller Bürgschaft für Dritte fern halten, oder etwa nicht?
Ein ganz besonderes Casino
Ich weiß nicht, was in den Köpfen und Herzen (oder womit auch immer dort formuliert wird) von Mainstream-Journalisten vorgeht – ich sehe aber die Ergebnisse, und es ist teils… »spannend«.
Über dem Text welt.de, 20.7.2020 lesen wir aktuell (21.7.2020, gegen Mittag) diese euphorische Schlagzeile: »Merkel sichert Deutschland zusätzliche Milliarde – Die Details der EU-Einigung«
Es geht um Verhandlungen in Brüssel, und um eine »Einigung«. Wenn wir »Brüssel« und »Einigung« zusammen lesen, dann ahnen wir, was das bedeutet: »Deutschland zahlt.«. – Genauer: »Deutschland zahlt und/oder verpflichtet sich, zugunsten von Staaten, deren Bürger nicht selten ein deutlich höheres durchschnittliches Vermögen als die Bürger Deutschlands aufweisen (siehe Wikipedia, nach Median-Vermögen sortieren), dafür aber teils früher in Rente gehen (welt.de, 15.8.2017) und, damit nicht ohne Zusammenhang, länger als Rentner leben (europeandatajournalism.eu).
Eine Milliarde ist sehr viel Geld, kein Zweifel – doch war Frau Merkel wirklich fünf Tage lang in Brüssel zugange, um 1 Milliarde für Deutschland zu sichern, wie die jubelnde Schlagzeile es nahelegt? – Nein, wohl nicht ganz.
Im selben Artikel lesen wir, einerseits, in gewohnt merkelscher Orwell-Sprache: »Die Bundesregierung hatte betont, dass die Einmaligkeit der Krise diese einmalige Aktion rechtfertige. Dies solle kein Einstieg in eine „Schuldenunion“ sein.« (welt.de, 20.7.2020) – Und andererseits lesen wir weiter, was Macron erstaunlich offen gesagt haben soll: »Der französische Präsident Emmanuel Macron lobte am Dienstag dagegen, dass die EU nun erstmals gemeinsame Schulden mache.«
Die Fakten, so wie ich sie verstehe, sind: Die EU-Kommission kann Anleihen aufnehmen, für die alle bürgen, sprich: Vor allem Deutschland – zusätzlich etwa zur Bürgschaft bei der EZB, also der Europäische Zentralbank mit der Vorbestraften an der Spitze. Als erster Schritt sollen 390 Milliarden Euro verschenkt und 360 Milliarden Euro als Kredit gewährt werden, und zwar an Staaten, die nicht so gut wirtschaften können (für mehr Details siehe etwa tichyseinblick.de, 21.7.2020). Die heutige Essenz (es war nicht immer so!) der EU und logischerweise der EU-Schuldenunion ist: Den Fleißigen realiter bestrafen, die Glücklosen belohnen.
In der EU wird Leistung bestraft und dauerhafte Glücklosigkeit belohnt, insofern lässt sich sagen, dass die EU ein im Geist sozialistisches System ist. – Übrigens: Die Schuldenunion ist nicht die einzige moralische Untat, die beschlossen wurde. Die EU wird jetzt wohl auch eigene Steuern kassieren, und auch die werden mit einer »Moralpanik« begründet – eine Steuer auf nicht-recyceltes Plastik und auf CO2, konkret: auf importierte Waren, die nicht »umweltgerecht« produziert wurden (arte-tv.de, 21.7.2020).
Deutschland sollte seine Steuern in Lottoscheinen anlegen oder am Roulettetisch riskieren (auch gern in Laufnähe zu einigen EU-Büros im »Grand Casino Brussels«, aber aktuell bitte nur mit Maske, siehe viage.be), statt nur für die Zockereien von Bankern geradezustehen – es wäre eine bessere Investition als für die EU-Bürokratie zu bürgen.
Eine echte Bürgschaft
Jede Denkschule, die über die Aufregung des Augenblicks hinaus überleben möchte, die mit der echten Weisheit eigenen Leichtigkeit aus der Abfolge von Menschen erst die Generationen einer gemeinsamen Geschichte schmiedet, jede auf Dauer angelegte Ordnung der Gedanken muss angeben können, was sie unter Freiheit versteht. (Zum Begriff »Freiheit«, inkl. warum »Freiheit« je nach Kultur und Prägung sehr verschieden interpretiert werden kann, siehe meinen Essay: »Was meinen Sie, wenn Sie ›Freiheit‹ sagen?« von 2017)
Wenn der Begriff der Freiheit beinhaltet, dass man Herr über sein Geld und seine Entscheidungen ist, dann gibt der Bürge für lange Jahre, wenn nicht für den Rest seines Lebens, einen ganz wesentlichen Teil seiner Freiheit auf.
Für einen Dritten zu bürgen bedeutet, die Hoheit über Teile seines Vermögens oder sogar seines Lebens aufzugeben (siehe natürlich auch Schillers Bürgschaft, etwa via Wikisource). Eine Bürgschaft wird nicht selten aus dem Gefühl moralischer und emotionaler Notwendigkeit abgegeben, etwa die Bürgschaft für einen nahen Verwandten. Bei Gelegenheit kann eine Bürgschaft aus einem vorübergehenden moralisch-emotionalen Rausch heraus eingegangen werden.
Eine echte Bürgschaft (also nicht wie die Fake-Bürgschaften, wenn Gutmenschen sich zu Flüchtlingsbürgen erklären, damit sofort schnellen »moralischen Gewinn« kassieren, und später die tatsächliche Verantwortung dann doch vom Staat abgenommen bekommen, was ganz im neosozialistisch-verantwortungslosen Geist begrüßt wird, vielleicht auch von Leuten wie dem NRW-Minister Stamp (FDP), siehe land.nrw, 6.3.2019), eine echte Bürgschaft – so könnte ein Zyniker sagen, und natürlich nur der! – eine wirklich echte Bürgschaft ähnelt in bestimmter Hinsicht dem Zeugen von Kindern: ein vorübergehendes Hochgefühl mit darauf folgenden Jahrzehnten potentiell ruinöser Verantwortung.
Wie viel deutlicher?
Was Bürgschaften angeht, ist die Weisheit der Bibel fürwahr sehr eindeutig. Wenn die »C«-DU es ernst nähme mit dem C (ich weiß, ich weiß – es ist fast schon müßig), müsste sie denn dann nicht alle Kraft aufwenden, Deutschland und die Deutschen aus allen Bürgschaften herauszuhalten?
Kein Zweifel, Jesus selbst ist Bürge der Gläubigen (Kolosser 2:14: »Er hat den Schuldbrief getilgt, der mit seinen Forderungen gegen uns war, und hat ihn aufgehoben und an das Kreuz geheftet.«), doch wäre es nicht etwas unverfroren, uns für eben diesen zu halten und wie er die Völker der Welt mit gepumpten Geld »erlösen« zu wollen?
Unser Einstiegs-Vers ist ja nicht der einzige, den man in der »C«-DU wohl nicht gelesen hat. – Ein weiterer wäre:
Sei nicht einer von denen, die mit Handschlag haften und für Schulden Bürge werden; denn wenn du nicht bezahlen kannst, so wird man dir dein Bett unter dir wegnehmen. (Sprüche 22:26f)
»Wenn du Bürge wirst, wird man »dein Bett unter die wegnehmen« – wie viel deutlicher könnte die Bibel denn noch warnen?! Es geht nicht um eine jenseitige Strafe im Jenseits – es geht um die Folgen in dieser Welt, bald und unausweichlich!
Ja, wir können uns recht sicher sein, dass die »C«-DU diese Verse wohl lange nicht mehr gelesen hat und gewiss nicht berücksichtigt hat. Der nächste Vers lautet übrigens:
Verrücke nicht die uralten Grenzen, die deine Väter gemacht haben. (Sprüche 22:28)
Solange noch Zeit ist!
All die Schulden, all die Bürgschaften und Verpflichtungen – glaubt wirklich jemand, dass sie abgezahlt werden? Die logische Folge ist doch: Entweder das Geld wird am Tag X entwertet und/oder Teile des Eigentums der Bürger in irgendeiner Form eingezogen (in Berlin reden die Sozialisten ja schon seit längerem wieder von Enteignung) – oder Deutschland begibt sich »schnell schleichend« in eine Art »nationale Schuldenknechtschaft«. Was von Deutschland dann noch bleibt, wird an dieser Politik leiden, lange nachdem die Mächtigen sich in ihre Mausoleen zurückgezogen haben.
Ich versuche mich ja selbst gelegentlich in Vorhersagen, wie die Welt aussehen wird – sogar den Flug der Vögel wollte ich studieren und ein paar Brocken Chinesisch sollte sowieso jeder lernen.
Ich sehe wenig Wege, wie dieser Irrsinn stabil werden oder gar bleiben kann. Ich sehe die Taten und die Mühe, meine Taten, deren Taten, ihre und meine Mühe. Ich sehe reichlich Grund zur Panik, und doch wird etwas in mir immer ruhiger. Es tut der Seele gut, die alte Weisheit zu lesen – es wirkt, auch wenn man nicht dran glaubt.
Ein anderer schöner Vers, aus demselben zitierten Buch der Bibel (Sprüche 16:33) liest sich so: »Der Mensch wirft das Los; aber es fällt, wie der Herr will.«
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com
Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.