Tichys Einblick
Teil 1

Der Wald stirbt auch diesmal nicht

Je lauter die Schreie »Der Wald stirbt!« – desto mehr Steuergelder regnet es. 1,5 Milliarden streut Landwirtschaftsministerin Klöckner über Waldbesitzer und Forschungsinstitute aus. Peanuts allerdings verglichen mit dem, was Klimapanikgewinnler einstreichen.

© Kazuend

Im Ausland hieß sie nur »die deutsche Krankheit«. Über „Le Waldsterben“ lästerten die Franzosen. Kommt sie jetzt wieder zurück? Denn der Wald stirbt mal wieder. Der Waldschadensbericht – von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner vor kurzem vorgelegt – zeichnet ein düsteres Bild. Dem deutschen Wald soll es so schlecht wie seit 1984 (!) nicht mehr gehen.

Jetzt werden die Wälder neu vermessen. Denn neben diesem »Waldzustandsbericht« gibt es – typisch deutsch – eine große Waldinventur. Die beginnt jetzt. Am 1. April startet die vierte Waldinventur, bis Ende des kommenden Jahres (2022) sollen alle Daten vorliegen. Denn seit 1970 werden Baumart, Durchmesser in Brusthöhe, das Alter und die Zahl der Bäume im Umkreis werden in Tabellen auf Laptops eingetragen. Nun kann man geschätzt 90 Milliarden Bäume kaum zählen. An rund 60.000 Messpunkten werden 420.000 Bäume begutachtet.
Bei einer »Waldschadenserhebung« dagegen sehen sich Forstleute nur die Kronen der Bäume an, vergleichen sie mit einer »idealen Krone« und teilen sie entsprechend der »Verlichtung« in fünf Kategorien ein. Doch die Ausprägung von Kronen hängt sehr von den Standorten ab, ob ein Baum gut versorgt wird oder ob er in einem Mangelgebiet wächst. Lichtere Kronen in für die jeweilige Baumart Mangelgebieten belegen keine Schädigung.

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Doch festgestellt wird in einem Waldschadensbericht nur der Zustand der Kronen einer Reihe von Bäumen. Nicht klar und in der intensiven Diskussion ist, was dieses Verfahren aussagt. Wie viele Nadeln und Blätter verfärben sich und fallen gar von den Bäumen? Denn nicht gleich jede Verfärbung einer Tannen- oder Fichtennadel belegt ein Waldsterben.

Intakte Kronen, so Landwirtschaftsministerin Klöckner vor kurzem, würden lediglich 21 Prozent der Bäume aufweisen. Das sei der schlechteste Stand, seitdem die gezählt werden. Außerdem, so der Waldbericht, zeige sich eine zunehmende Absterberate der Bäume, vor allem in den älteren Wäldern, fügt der Bericht hinzu. »Den Wäldern in Deutschland geht es so schlecht wie nie“, notiert demzufolge der Spiegel im Februar.

Doch das hat er schon vor 40 Jahren geschrieben, 1981, als es losging mit dem Waldsterben, und darin ein Vorzeichen einer weltweiten »Umweltkatastrophe von unvorstellbarem Ausmaß« gesehen. Darunter tun sie es nicht mehr.

Über einen gesamten Zustand eines Waldes sagt das nichts aus. Ein Baum kann weiterwachsen, auch wenn er Blätter oder Nadeln verliert. Beim ersten Waldsterben Anfang der 80er Jahre fielen Nadelvergilbungen zunächst bei Weißtannen auf, Bäume starben ab. Erstaunlicherweise nicht neben Kraftwerksschloten, sondern in Mittelgebirgen fernab von Industriezentren wie im Erzgebirge und Fichtelgebirge an der tschechischen Grenze. Doch zehn Jahre später standen die Bäume noch, den Wald gab es immer noch. Herausgestellt hat sich: Ein Baumsterben, wie es damals als Horrormeldungen durch die Medien gejagt wurde, gab es nicht.

Nadeln verfärben sich mitunter, das hängt, wie Förster wissen, vor allem von Trockenstress oder auch Parasiten ab. Buchen litten auch früher schon unter extremen Trockenzeiten und wirkten krank. Nach den nächsten kräftigen Regenschauern zeigten sie sich wieder als höchst lebendig.

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Gern als Bildbeweise hergenommen werden immer wieder regional auftretende Schäden vor allem in Fichtenmonokulturen. Die sind nunmal besonders anfällig, zerstörte Flächen mit umgeworfenen Bäumen gibt es immer wieder etwa nach Stürmen. Selbst der »Erfinder« des Waldsterbens (taz), jener Göttinger Prof. Bernhard Ulrich, gab zu, dass er keinerlei Beweise für die vermeintliche Ursache »saurer Regen« hatte. Der war zwar kein Förster, sondern Professor für Bodenkunde und sah vor 40 Jahren verfärbte Nadeln an Nadelbäumen im Harz. Vor dem Spaziergang des Professors mit seiner Frau hatten Stürme weite Flächen in den Harzwäldern abgeräumt. Auf den kahlen Flächen, die naturgemäß kein schönes Bild boten, tobten sich Käfer und andere Schädlinge aus, Hitze und Trockenheit setzten den Bäumen zu. Doch seinem Bauchgefühl nach konnte es sich nur um ein „Waldsterben“ handeln.

Der Begriff brachte das nötige alarmistische Element mit und verbreitete sich dementsprechend schnell. Ulrich: »Die ersten großen Wälder werden schon in den nächsten fünf Jahren sterben. Sie sind nicht mehr zu retten.« Das war 1980.
Heute sehen wir: Die Wälder sind erkennbar nicht abgestorben.

Ulrich brachte seinerzeit den »Sauren Regen« ins Spiel, der die Ursache für das neuartige Waldsterben sein sollte. Belegen konnte er diese These nicht. Immerhin hätten sonst Wälder in der Nähe von Städten und Industriegebieten als erstes Anzeichen zeigen müssen. Das taten sie aber nicht.

Mit dem Schlagwort »Saurer Regen« jedoch konnte der Professor kurz vor seinem Ruhestand mit einer fetten Warnung vor dem Weltuntergang Punkte machen: »Der Mensch müsse sein Wirtschaften nach den thermodynamisch begründeten Regeln der Ökosysteme ausrichten, also beispielsweise Energie sparen, sonst drohe das Aussterben der Menschheit.«

Fast alle stiegen auf das Panikschiff mit auf und segelten unter der Flagge »Der Wald stirbt«. Der Spiegel schipperte ebenfalls mit dem Titel »Saurer Regen über Deutschland: Der Wald stirbt« munter mit: »Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht die grünen Lungen des Landes »vom schwarzen Atem« angeweht.« Der Stern: »Über allen Gipfeln ist Gift!«

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Es gab schon damals ruhige Stimmen, die sogar der Spiegel zitiert: »Schwefeldioxid sei, verlautbarte noch 1975 beispielsweise das Bonner Innenministerium, ein »lokal eng begrenztes Problem«. Luftforscher Wilhelm Knabe von der NRW-Landesanstalt für Ökologie registrierte 1978 in einem Aufsatz über »Luftverunreinigungen und Waldwirtschaft« außerhalb des Ruhrgebiets lediglich »lokale Waldschäden in der Nähe von Industrieanlagen«. Der Berliner Biologe Adolf Kloke von der Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft publizierte im selben Jahr die Ansicht, »der größere Teil der Vegetationsdecke der Bundesrepublik«, »etwa 93 Prozent der Fläche«, werde »durch Immissionen praktisch nicht beeinflußt«.«

Doch die Alarmisten setzten sich durch. Reportagen aus dem Erzgebirge, in dem es aussehen sollte »wie in Vietnam, als die Amerikaner Agent Orange vom Himmel warfen«, und über »deutsche Abgase«, die sogar bis nach Schweden zogen und dort die sauberen Seen angeblich vergifteten, produzierten eine Ökohysterie ohnegleichen. Freimut Duve (SPD), ein Vorfahre des Alarmisten Karl Lauterbach, meinte gar, Deutschland stehe vor einen »ökologischen Holocaust«.

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Heute deutet ebenfalls nichts auf ein neues Waldsterben 2.0 hin. Der Sache näher kommen wir, folgen wir der Spur des Geldes. Je lauter die Schreie »Der Wald stirbt!« – desto mehr Steuergelder regnet es. 1,5 Milliarden verstreut die immerfort helfende Landwirtschaftsministerin Klöckner über Waldbesitzer und Forschungsinstitute aus. Peanuts allerdings verglichen mit dem, was Klimapanikgewinnler einstreichen.

295 Millionen Euro waren es beispielsweise nach dem ersten großen Waldsterben, die von 1984 bis 1994 zur Stabilisierung angeblich geschädigter Wälder ausgegeben wurde. Dann gab es noch ein Programm »Rettet den Wald« mit 240 Millionen Euro für eine »Waldökosystemforschung«. Millionen fließen zusätzlich in einen »Waldklimafonds«.

Das Waldsterben aber wusste seinerzeit, wo es Halt zu machen hatte: An der damaligen deutsch-deutschen Grenze. SED-Chef Erich Honecker 1986: Sterbende Wälder und saurer Regen, »das ist bei uns nicht so.« Dies, obwohl die Schornsteine über kolossalen Industrieanlagen beim Aufbau des Sozialismus kräftige Qualmwolken ausbliesen, wie auch auf vielen Wandmalereien verdienter Künstler des Volkes zu sehen war. Doch der Sozialismus siegt eben auch über das Waldsterben. Damals schon, warum nicht wieder?

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