Otto von Bismarck war nicht nur der Vollender der deutschen Einheit, sondern auch der Begründer des modernen Sozialstaats. Daher war es mehr als eine bloße Geste, als Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nach nur wenigen Monaten im Amt den Bismarck-Saal im Auswärtigen Amt umbenannte und das Portrait des Namensgebers abhängen ließ.
Dass eine unbeholfene Ministerin, eine Trampolin-Springerin mit erheblichen Schwächen in der deutschen (ebenso wie der englischen) Sprache das Gedenken an den ersten Reichskanzler, bei dem sie vermutlich nicht einmal in der Poststelle untergekommen wäre, zu eliminieren versuchte, war ein Menetekel. Denn die unheilvolle Kombination aus Hybris und Unvermögen hat nach drei Ampeljahren nicht nur die deutsche Außenpolitik zum weltweiten Gespött gemacht, sondern auch den deutschen Sozialstaat ruiniert.
Das gilt vor allem für die gesetzliche Krankenversicherung. Der egomane Selbstdarsteller Karl Lauterbach hat in seinen gut drei Jahren als Bundesgesundheitsminister kein einziges der drängenden Probleme des Gesundheitssystems angepackt, geschweige denn einer Lösung näher gebracht. Im Gegenteil: Ging es der gesetzlichen Krankenversicherung bei seinem Amtsantritt bereits schlecht, so liegt sie jetzt auf dem Sterbebett. Rekorddefizite trotz Rekordeinnahmen und explodierende Ausgaben bei implodierender Leistungsfähigkeit: Das muss man erst einmal schaffen.
Krankenkassen sind pleite trotz Rekordeinnahmen
Andreas Storm, CDU-Politiker und Chef der DAK, einer großen Ersatzkasse mit mehr als 5 Millionen Versicherten, hat das Desaster kürzlich auf den Punkt gebracht: Trotz des zum Jahreswechsel erfolgten höchsten Beitragssatzanstiegs der Geschichte sind selbst die gesetzlichen Mindestreserven der Kassen aufgebraucht. Zahlreiche Kassen sind bereits überschuldet.
Insgesamt ist die Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung so schlecht wie nie seit ihrer Gründung durch Otto von Bismarck. Wie passend, dass dessen strafender Blick von der Wand zumindest im Auswärtigen Amt jetzt nicht mehr das Treiben der Staatsbankrotteure aus CDU, CSU, SPD und Grünen stören kann.
Die Wortmeldungen zur desaströsen Finanzlage der Kranken- und Pflegekassen häufen sich derzeit vor allem aus zwei Gründen. Zum einen wollen alle möglichen Lobbyisten aus dem Gesundheits- und Pflegebereich ihre Anliegen in die jetzt anlaufenden Verhandlungen zum Koalitionsvertrag einbringen. Zum anderen wittern zahlreiche Akteure des Gesundheitssystems die fette Beute, die der gigantische Infrastrukturfonds verspricht, der vom Wählerbetrüger Friedrich Merz zur Absicherung seiner Kanzlerwahl auf den Weg gebracht wurde.
Schuldenfonds dokumentiert Staatsversagen bei Kernaufgaben
Nicht nur die Einschüchterung konservativer Mitbürger durch staatsfinanzierte „Omas gegen rechts“ zählt nach dem Willen der rot-grünen Wahlverlierer zur „zivilgesellschaftlichen Infrastruktur“. Jetzt sollen, wie nicht nur von CDU-Mann Andreas Storm gefordert, auch die Kosten für die Infrastruktur des Gesundheitssystems, wie etwa der Umbau nicht mehr lebensfähiger Krankenhäuser zu ambulanten Gesundheitszentren, aus diesem Infrastrukturfonds finanziert werden.
Doch gerade in solchen Forderungen manifestiert sich der eigentliche Skandal im Staatsversagen: Ein Staat, der Millionen an Entwicklungshilfe in den Raumfahrtnationen China und Indien versenkt sowie für Radwege in Peru verpulvert, kapituliert vor seinen ureigenen Kernaufgaben, zu denen die Verteidigung ebenso gehört wie die Gesundheitsversorgung. Trotz üppigem Rekordhaushalt und erdrückender Steuerlast sollen diese Kernaufgaben aus gigantischen Zusatzschulden finanziert werden, die entweder irgendwann zum Staatsbankrott und damit zur Enteignung der Bevölkerung führen oder von den zunehmend weniger werdenden Enkeln und Urenkeln abbezahlt werden müssen. Verlogener und verantwortungsloser als Friedrich Merz hat noch kein angehender Kanzler in der deutschen Geschichte gehandelt.
In derart bewegten Zeiten haben auch alle möglichen tatsächlichen und selbsternannten Gesundheitsexperten Hochkonjunktur. So wurde gerade ein Buch mit Handlungsvorschlägen für eine „Gesundheit der Zukunft“ vorgestellt, an dem maßgeblich jener Christian Karagiannidis mitgewirkt hat, der während der Corona-Jahre nach Kräften die Legende vom drohenden Zusammenbruch der Intensivstationen befeuert und damit genuin autoritären Politikern vom Schlage eines Markus Söder den Vorwand geliefert hat, massiv in die grundgesetzlich geschützten bürgerlichen Freiheitsrechte einzugreifen.
Leistungskürzungen wegen Massenimmigration
Tatsächlich lesen sich die kolportierten Vorschläge wie eine beliebige Zusammenstellung seit Jahrzehnten immer wieder diskutierter Selbstbeteiligungen und Leistungskürzungen. Sie folgen gleichwohl einem im abgewirtschafteten Deutschland immer stärker favorisierten Prinzip: den letzten Deppen, die dieses kaputte System immer noch mit ihrer Arbeit finanzieren, noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen und dafür ihre Leistungsansprüche zu begrenzen oder ganz zu streichen. Willkommen in der „Gesundheit der Zukunft“! In der anstehenden Regierung Merz/Klingbeil könnte es Karagiannidis weit bringen.
Denn offenbar wird auch in diesem neuen Büchlein kein Wort darüber verloren, dass links-grüne Demagogen und Fanatiker mit der jahrelangen Förderung einer unkontrollierten Massenimmigration Deutschland auch im Gesundheitsbereich längst über den Kipppunkt hinaus in den Abgrund gestoßen haben. Ein Land, das faktisch jedem Arbeitsverweigerer ebenso wie jedem Hochkosten-Patienten dieser Welt unbegrenzte Behandlung verspricht, wenn er es irgendwie bis an die deutsche Grenze schafft und die Zauberformel „Deutschland, öffne Dich!“ in Gestalt des schlichten Worts „Asyl“ ausspricht, hat sich den links-grünen Hasardeuren ausgeliefert und ist rettungslos verloren.
Natürlich kann man über Selbstbeteiligungen in einem finanziell endlichen Gesundheitssystem ebenso diskutieren wie über Leistungskürzungen. Aber es ist unanständig, die Beitragszahler nur noch starker zu schröpfen und ihnen gleichzeitig Leistungen zu rationieren, damit der Elefant im Raum – die unkontrollierte Massenimmigration von Bürgergeldempfängern und Hochkosten-Patienten – weiter ungenannt im Raum verbleiben und seinen Schaden anrichten kann.
Dr. med. Lothar Krimmel, Facharzt für Allgemeinmedizin, war von 1992 bis 2000 Geschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.