Tichys Einblick
Monika Maron

Der Rausschmiss

Im Interview mit der WELT am Sonntag teilt die Schriftstellerin Monika Maron heute mit, dass ihr Verlag S. Fischer die Zusammenarbeit nach 40 Jahren aufgekündigt hat. „Als Autorin“ sei sie „nun heimatlos, was mit 79 Jahren durchaus eine Frage der Existenz ist.“

Monika Maron, Schriftstellerin

imago Images/Gerhard Leber

Ihr erster Roman über die Umweltverschmutzung in Bitterfeld durfte in der DDR nicht escheinen und wurde schließlich 1981 unter dem Titel „Flugasche“ von Fischer verlegt. Seit diesem Debüt arbeiteten die Schriftstellerin, die 1988 in die Bundesrepublik übersiedelte, und der Fischer Verlag, in dem Romane wie „Animal triste“ und zuletzt „Artur Lanz“ erschienen sind, erfolgreich zusammen. Doch seit ihrem vorletzten Roman „Munin“ knirscht es zwischen der Autorin und ihrem Verlag.

Über die Gründe der Kündigung vermutet die Autorin im Interview: „Natürlich weiß ich, dass man nicht mit allen meinen politischen Äußerungen zum Islam und zur Flüchtlingspolitik glücklich ist. Bei meinem Buch „Munin oder Chaos im Kopf“, das 2018 erschienen ist, gab es jedenfalls schon vor der Veröffentlichung vonseiten des Verlages allerlei Bedenken und schriftliche Hinweise, um mich vor mir selbst zu beschützen, wie mir gesagt wurde.“

Den Ausschlag letztlich für den Rausschmiss gaben wohl nicht die „Die Essays aus drei Jahrzehnten“ an sich, sondern die Tatsache, dass sie in der Reihe EXIL erschienen sind, die von Susanne Dagen aufgelegt wird und über die TE berichtete.

Generell und grundsätzlich stellt sich die Frage, inwiefern der Publikationsort den publizierten Text ändert. Susanne Dagen nannte ihre Reihe gerade deshalb EXIL, weil sie Texten ein Exil jenseits politischer Vereinnahmung oder ideologischer Zensur geben wollte, weil sie auf die Eigenart des Literarischen hinzuweisen beabsichtigte, darauf, dass Literatur Literatur und kein politisches Statement und erst recht kein Kotau vor ideologischen Vorgaben ist.

Man hat den Eindruck, dass die Verantwortlichen im Fischer Verlag Lenins Schrift „Parteiorganisation und Parteiliteratur“ verinnerlicht hätten, in der es heißt: „Weg mit dem parteilosen Literaten! Weg mit den literarischen Übermenschen! Die literarische Tätigkeit muss zu einem Bestandteil der allgemeinen proletarischen Sache, zu einem „Rädchen und Schräubchen“ des einen einheitlichen, großen sozialdemokratischen Mechanismus werden, der von dem ganzen klassenbewussten Vortrupp der gesamten Arbeiterklasse in Bewegung gesetzt wird. Die literarische Betätigung muss ein Bestandteil der organisierten, planmäßigen, vereinigten sozialdemokratischen Parteiarbeit werden.“ Allerdings geht es nun nicht mehr um sozialdemokratische Parteiarbeit, sondern um rotgrünen Aktivismus, die große Transformation haben zumindest beide zum Ziel.

Wenn Verlage weder Binnenpluralität zulassen, noch aushalten, dann üben sie Verrat an der Freiheit der Literatur, dann bekommen wir eine Literatur der „Rädchen und Schräubchen“, ganz gleich ob das Marketing sie zu Zahnrädern und Antriebswellen verklärt.

Vor einigen Wochen schrieb ich, dass der Literaturbetrieb zum Feind der Literatur geworden zu sein scheint, weil er die Pluralität aufgibt und für ihn sich die Qualität der Texte in der ideologischen Orthodoxie erschöpfen. Nicht Witz, noch Originalität, noch erzählerische Rücksichtslosigkeit, auch nicht Realismus stehen für ihn an erster Stelle, sondern ideologische Makellosigkeit, Opportunismus, Angepasstheit, alles, was im Gegensatz zur Literatur steht.

Ach, das hatten wir doch schon einmal. Und auch, dass sich Literatur am Ende doch durchsetzt. Monika Maron muss den Rausschmiss erdulden, doch Fischer muss mit ihm leben. Er geht in seine Verlagsgeschichte ein.


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