Ende 2019 wurde ein fast schon industriell betriebenes Kindesmissbrauchsunternehmen in Bergisch Gladbach aufgedeckt; über 30.000 Tatverdächtige tauchten in dessen Umfeld auf. Die Ermittlungen dauern bis heute an, erste Gerichtsurteile gibt es schon. Mehrere Verhaftungen fanden kürzlich auch bei republikweiten Razzien im Kielwasser des Missbrauchsfalles Münster statt. Und im Oktober hat die Staatsanwaltschaft Köln unabhängig von Münster und Bergisch-Gladbach weitere 64 Objekte durchsuchen lassen. „Die Arbeit der Behörden ist kompliziert“ schreib die Hamburger Zeit, „weil sich Täterinnen und Täter in Chats und Foren hinter Pseudonymen verstecken und offenbar keine Sorge haben, enttarnt zu werden.“
Das sind keine Einzelfälle. Der Skandal um die Odenwaldschule bei Heppenheim, wo seit den 1960ern systematischer sexueller Missbrauch durch Lehrer und den Schulleiter stattfand, ist noch in bedrückender Erinnerung. Und noch immer wird in Berlin über Klagen von Opfern verhandelt, die vom Ende der 1960er bis in die Zweitausender Jahre ganz offiziell von Berliner Jugendämtern an bekannte Pädophile vermittelt worden sind. Das war das noch immer nicht vollständig aufgearbeitete sogenannte „Kentler-Experiment“; derzeit läuft eine Petition, um die Berliner Behörden zur Sichtung von rund tausend einschlägigen Akten zu zwingen, die noch immer ungelesen in den Kellern der Berliner Senatsverwaltung vergammeln. „In den Zeitzeugengesprächen sowie in den Akten zeichnet sich ebenfalls ab, wie schon in anderen Aufarbeitungen herausgestellt …, dass es ein Netzwerk quer durch die wissenschaftlichen pädagogischen Einrichtungen insbesondere der 1960er und 1970er Jahre (Pädagogisches Zentrum, Max-Planck-Institut, Freie Universität, Pädagogisches Seminar Göttingen) und die Senatsverwaltung (dem Landesjugendamt) bis hinein in einzelne Berliner Bezirksjugendämter gab, in dem pädophile Positionen akzeptiert, gestützt und verteidigt wurden“, stellt eine Studie der Universität Hildesheim vom Juni 2020 fest.
So konnten dann ganz offiziell Parteitexte verabschiedet werden wie der vom Landesparteitag in NRW 1985: „Einvernehmliche Sexualität ist eine Form der Kommunikation zwischen Menschen jeglichen Alters, Geschlechts, Religion oder Rasse und vor jeder Einschränkung zu schützen“. Schon vorher war auf dem Bundesparteitag in Saarbrücken 1980 die Abschaffung oder zumindest Lockerung des Paragraphen 176 StGB gefordert worden („Wer sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft“).
Nun kann man sagen: Das ist alles altbekannt, die Parteiführung hat sich entschuldigt, und ob es Cohn-Bendit zu früh oder zu spät kommt, geht nur diesen etwas an. Aber so billig kommen in der deutschen Medienlandschaft nur die Grünen davon. So saß etwa Cohn-Bendit noch bis 2014, lange nach seiner Enttarnung, im Europarlament und war dort sogar Co-Vorsitzender der Fraktion der Grünen / Europäische Freie Allianz, ohne dass die deutschen Tugendmedien daran Anstoß genommen hätten. Und der sichtlich der grünen Gedankenwelt nahestehende und nur wegen Verjährung nicht wegen Pädophilie verurteilte Leiter der Odenwaldschule war auch nach den ersten Enthüllungen seiner Perversionen noch Laudator für den Friedenspreis des deutschen Buchhandels und Präsidiumsmitglied des Evangelischen Kirchtages. Man stelle sich nur mal vor, dergleichen Entgleisungen würden in der CDU, oder gar – Gott steh uns bei – in der AfD bekannt. Des Geheules der Gerechten wäre kein Ende, kein Anlass nichtig genug, um auch die ältesten Kamellen immer wieder mit Gusto auszugraben. Das droht einem Grünen nicht. Genau deshalb gehören die pädophilen Entgleisungen dieser Partei umso öffentlicher an den gleichen Pranger, an den sie andere so gerne stellt.