Tichys Einblick
Die Zukunft der CDU steht auf dem Spiel

Der „Elefant im Raum“ – besser: im Kanzleramt

Nicht Annegret Kramp-Karrenbauer ist das große Problem der Union, sondern Angela Merkel. Deren Wort von 1999 ist hoch aktuell: „Die Partei muss laufen lernen“ – aber nicht nach links, sondern zurück in die Mitte!

imago images / Christian Thiel

Stünden die politische Lage und die mediale Volkspädagogik in diesem unserem Lande nicht total kopf, so wäre es nachgerade amüsant zu analysieren, wie Mainstreampresse und arrivierte Parteien seit Herbst 2015 bzw. spätestens seit der Bundestagswahl vom 24. September 2017 einen Bogen um den „Elefanten im Raum“ machen. „Elefant im Raum – das ist die eingedeutschte Version des englischen Sprachbildes elephant in the room. Gemeint ist damit, dass es ein gigantisches, ins Auge springendes Problem gibt, das aber von niemandem als solches erkannt wird bzw. nicht angesprochen werden soll.

Die Rede ist von Angela Merkel: 

dann ist dies ein Elefant im Raum, ein unübersehbarer weißer Elefant sogar.

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Die CDU inkl. „Schwester“ CSU will es nicht wahrhaben. Beide wollen nicht wahrhaben, was die Bilanz der Merkel-CDU seit 2013 und im besonderen seit 2015 ist:

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Schlaue Parteienforscher machen solche Entwicklungen an Milieuveränderungen fest. Sie tun das ganz offensichtlich, um politisch korrekt einen Bogen um die Frage zu machen, ob die skizzierten Abstürze nicht auch mit Personen und eklatanten Fehlentscheidungen zu tun haben. Jedenfalls kann nicht verborgen bleiben, dass es seit 2005 eine Kanzlerin Merkel gibt und bis vor kurzem eine CDU-Vorsitzende Merkel gab. Es kann auch nicht verborgen bleiben, dass es einsame Merkel’sche Entscheidungen waren, die die gesellschaftliche Mitte gespalten haben: der Atomausstieg, die Grenzöffnung, die Euro-Rettung, der Merkel’sche Beitrag zum Brexit-Votum, die Preisgabe des klassischen Familienbildes, zusammen mit Seehofer und zu Guttenberg das Aussetzen der Wehrpflicht. Allgemein: die Sozialdemokratisierung und Ergrünung der CDU. Nein, Kanzlerin Merkel wird mehr und mehr „gepampert“, in Watte gepackt. Von ihrer Partei und von den Medien.

Merkels seit Ende 2018 amtierende Nachfolgerin als CDU-Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) mag ihre Fehler gemacht und als Parteivorsitzende wie auch als Verteidigungsministerin nicht immer glücklich agiert haben. Aber diese spaltenden Fehlentscheidungen hat sie nicht zu verantworten. Deshalb greift die aktuelle Debatte um AKK als CDU-Vorsitzende bzw. als mögliche Kanzlerkandidatin zu kurz. Das Problem sitzt im Kanzleramt.

Heute gilt in besonderem Maße eine Aufforderung, die eine CDU-Generalsekretärin Angela Merkel zur Abnabelung der CDU von Helmut Kohl am 22. Dezember 1999 unter dem Titel „Die von Helmut Kohl eingeräumten Vorgänge haben der Partei Schaden zugefügt“ in einem FAZ-Namensbeitrag formulierte: „Die Partei muss laufen lernen.“ Und zwar nicht nach links, sondern zurück in die Mitte!

Im Interesse der bürgerlichen Mitte kann man nur hoffen, dass die Kramp-Karrenbauers, Friedrich Merz‘, Roland Kochs, Carsten Linnemanns, Wolfgang Bosbachs die CDU wieder zum Laufen bringen und sagen: „Genug ist genug!“

Eines jedenfalls darf nicht passieren: eine wie auch immer geartete Annäherung der CDU an die Epigonen der zur „Links“-Partei gewandelten vormaligen Mauerbauerpartei SED. Oder auch nur deren Tolerierung. Damit würde die CDU bei den Wahlen im Mini-Wahljahr 2020 (Wahlen in Hamburg, Kommunalwahlen in NRW) und im Super-Wahljahr 2021 (Bund, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin) der SPD und deren Lust am Untergang folgen. Die CDU-Mitgliederzahl dürfte sich dann auch rasch weit unter 400.000 wiederfinden.


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