In Zeiten, in denen selbst die Regierung an Verschwörungstheorien zu glauben scheint, rationale Argumente durch gefühlte Wahrheiten ersetzt werden, erfordert es inzwischen Zivilcourage, sich an die Fakten zu halten.
Zu den Fakten also:
Als im Sommer 2020 das Finanzbudget der EU mit einem Finanzrahmen von 1,8 Billionen Euro festgelegt wurde, äußerte sich der französische Finanzminister Bruno Le Maire äußerst zufrieden darüber, dass die Einigung die Geburt eines neuen Europas darstellen würde. Der französische Finanzminister hatte allen Grund zur Freude, denn das neue Europa oder genauer die europäische Schulden- und Transferunion verabschiedet sich von der freien Marktwirtschaft und errichtet einen neuen Feudalabsolutismus, nur dass nicht mehr Hand- und Spanndienste zu leisten sind, sondern Steuern und Abgaben. Über die finanziellen Mittel in Höhe von 1,8 Billionen Euro verfügt die demokratisch nicht legitimierte Brüsseler Bürokratie. Aufzubringen haben die Summe die Nettozahler der Union, vor allem Deutschland, zum einen durch die direkten Zahlungen aus dem deutschen Steueraufkommen an Brüssel, zum anderen durch den Schuldendienst, denn das Budget wird zu einem beträchtlichen Teil durch die Verschuldung am Finanzmarkt aufgebracht. Der deutsche Steuerzahler wird also dreimal zur Kasse gebeten, durch Steuern, durch den Schuldendienst und durch den mittelfristigen Niedergang der Kreditwürdigkeit, der Bonität Deutschlands.
Das Ifo-Institut prognostiziert nun einen Rückgang der Wirtschaftsleistung für das Jahr 2020 im Vergleich zum Jahr 2019 von sage und schreibe 5,4 Prozent. Schuld daran ist nicht nur die Corona-Epidemie, sondern die verfehlte, von deutschen Interessen bereinigte Wirtschafts- und Pandemiepolitik der Regierung. Der Widerspruch zwischen den historischen Höchstwerten des DAX und dem realen Wirtschaftseinbruch von -5,4 Prozent verdeutlicht, dass dem Handel an der Börse das realwirtschaftliche Äquivalent fehlt. Es wird Geld in den Finanzmarkt gepumpt, das nicht real erwirtschaftet wurde. Die Börse ist ein Ort der Fiktion – und diese Fiktion regiert die EU, und so auch Deutschland.
Im Rahmen der Corona-Hilfen unterstützt der Staat Konzerne, während bei den Gewerbetreibenden und Selbständigen, die Merkels Politik in die Insolvenz treibt, zu wenig, zu spät oder gar nichts ankommt. Um es an einem Beispiel zu zeigen: Ein Unternehmer, der einen Souvenir- und Andenkenladen in einem Hotel betreibt, bekommt keine Staatshilfe. Denn sein Geschäft wurde nicht geschlossen, aber das Hotel, in dem er sein Geschäft betreibt. Sein Geschäftsmodell beruht auf dem Verkauf von Andenken, Souvenirs und Geschenken an Hotelgäste. Zwar ist sein Geschäft geöffnet, aber er hat keine Kundschaft mehr, die hat der Staat durch die Hotelschließung ausgesperrt. Die Wahrheit über die sogenannte Coronahilfe ist für die Medien kein Thema, wahrheitswidrig erzeugen sie ein Trugbild von den vielen Milliarden Euro, die für die kleinen und mittelständischen Unternehmen bereit gestellt werden würden, um gleich darauf Ökonomen zu Wort kommen zu lassen, die mahnen, dass zu viel Geld ausgegeben wurde. Deutschlands unsozialer Finanzminister Scholz kündigt nicht nur Steuerhöhungen an, sondern mit der CO2-Steuer, mit der seit Januar 2021 buchstäblich die Luft zum Atmen besteuert wird, werden auch der Gewerbetreibende im Hotel, der Einzelhandel insgesamt, die Restaurantbetreiber, die Musiker, all die vielen, die unter der schweren Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichts zu leiden haben, teils ihr und ihrer Eltern Lebenswerk vernichtet sehen, dank einer Bundesregierung, deren Maxime lautet: „Deutschland zuletzt“, mit steigenden Abgaben belastet.
Dass es auch anders geht, zeigt ein Blick auf Italien. Die Apenninenrepublik bekommt aus dem Pandemie-Fonds, in den Deutschland die größte Summe einzahlt und der 750 Milliarden Euro schwer ist, ca. 200 Milliarden Euro. Doch von den 200 Milliarden Euro fließt einem Bericht der Welt zufolge nicht einmal „zehn Prozent in Medizin und in die Pflege“. Zum „Wählerkauf“ wirft die Regierung das Geld in der Hauptsache für den Konsum heraus. Es gibt Boni für die Anschaffung einer Heizung, bis zu 110 Prozent, für den Kauf von Neuwagen in Form von Zuschüssen von 2000 bis 6000 Euro, wobei in diesem Fall der Green Deal nicht gilt, denn die Antriebsart des Fahrzeugs, ob Benziner, Diesel oder E-Motor ist völlig egal. Selbst die Anschaffung für Fahrräder bezahlt der deutsche Steuerzahler mit. Neue Bürokratien werden entstehen und Staatsdiener noch besser bezahlt werden. Und das hochverschuldete Italien kann sich das leisten, denn der linke Politiker Nicola Zingaretti, dessen postkommunistische Partei PD in Rom mitregiert, verkündet: „Genug Geld ist da.“ Genug Geld ist da, in Italien, ja, aber nicht in Deutschland dank Angela Merkel.
Dem früheren Regierungschef Matteo Renzi reichen auch diese Zuwendungen aus Brüssel, vor allem aus Deutschland nicht, so dass er auf die phänomenale Idee verfiel, kein Geld aus dem Pandemie-Zuwendungen der EU für die Infrastruktur, so für den Bau einer Schnellbahn nach Süditalien, auszugeben, sondern die dafür benötigten Summen auf dem Finanzmarkt aufzunehmen, am Ende haftet ohnehin Deutschland dafür – und man hätte noch einmal die Zuwendungen der EU faktisch durch die Kreditaufnahme erhöht.
Der Skandal besteht nicht darin, dass italienische Politiker so handeln, es ist sogar ihr gutes Recht, solange ihre Wähler das akzeptieren, denn nur ihnen gegenüber haben sie sich zu verantworten, der Skandal liegt bei einer Bundesregierung, die genau diese Politik erst ermöglicht.
Auch dies ist ein Fakt: Schuld sind nicht „die Italiener“, nicht die italienische Regierung, schuld an diesen Verwerfungen sind der Euro und Deutschlands Politiker. Wolfgang Schäuble hat das Desinteresse an Deutschland mit Blick auf das deutsche Impfchaos geradezu paradigmatisch formuliert: „Ich kann die Kritik zwar nachvollziehen, aber ich halte sie dennoch für falsch…Wir können unsere Ungeduld nicht zum Maß aller Dinge machen und den Menschen in ärmeren Weltregionen den Impfstoff wegschnappen.“ Heißt das nicht im Klartext: Wir können den Lockdown so lange aufrecht erhalten, so lange wir wollen, da wir nicht in der Lage sind wie andere Nationen, einen Impfstoff zu ordern, der noch dazu von einer deutschen Firma entwickelt und produziert wird? Spricht der deutsche Politiker nicht deutschen Bürgern das Überleben ab? Auf der einen Seite wird das Impfen propagiert, auch um den Lockdown zu beenden, auf der anderen Seite verzichten wir darauf, es sofort zu tun? Man könnte bitter spotten, dass, wenn alle „Ärmeren“ in der Welt geimpft sein werden, in Deutschland niemand mehr den Impfstoff benötigen wird. Oder taugt der Impfstoff nichts, so dass wir getrost darauf verzichten können? Widersprüche über Widersprüche. Ende 2020 antwortete Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke auf die Frage, ob er sich impfen lasse, dem BB-Radio, dass er dem natürlich nachkämme, wenn ein Mann seines Alters an der Reihe wäre, nämlich im Herbst 2021.
Deutschland, das zwar wirtschaftlich schrumpft, aber durch das Wachstum von Steuern und Abgaben die produktiven Kräfte, den Mittelstand ruiniert, überweist immer mehr Gelder zur Umverteilung nach Brüssel und schultert gleichzeitig immer höhere Schulden anderer. Die Deutschen werden sehen, was die vielgepriesene europäische Solidarität praktisch wert ist, wenn das Land unter Misswirtschaft und aufgebürdeten Lasten wirtschaftlich zusammenbricht.
Niemand weiß, wie lange der Lockdown andauern wird, die Regierung, die nicht fähig ist, ausreichend Impfstoff zu ordern und Impfungen zu organisieren, anscheinend am wenigsten. Angesichts nur allein dieser Tatsache und unter Vernachlässigung der grünen De-Industrialisierungspolitik der Bundesregierung verflüchtigt sich die Prognose des Ifo-Institutes, dass es im Jahr 2021 insgesamt zu einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um 4,2 Prozent kommen wird. Was das Ifo-Institut nicht in Rechnung stellt, ist die Müdigkeit, die Enttäuschung, die Lethargie, die sich in der Republik ausbreitet, wo Dynamik auch keine wirtschaftliche, sondern nur noch eine rein propagandistische Kategorie ist. Die Entwicklung nähert sich einem Punkt, an dem man in Deutschland nur noch Meinungen produziert.
Wir sind im Spätherbst der Classe politique angelangt, in der Zeit ohne Uhren.