Tichys Einblick
Triumph für Erdogan

Muezzinruf in Köln: Weitere Städte in Deutschland könnten folgen

Trotz scharfer Kritik wird in Köln der „Allahu Akbar“-Gebetsruf von Moscheen erklingen. Schon werden Forderungen laut, dass auch Berlin Muezzin-Rufe zulässt. Die Vordenker einer Islamisierung können sich freuen.

DITIBZentralmoschee in Köln-Ehrenfeld

IMAGO / Future Image

„Allahu Akbar“ – Allah ist am größten. „Es gibt keinen Gott außer Allah, Mohammed ist Allahs Gesandter. Eilt zum Gebet.“ Der arabische Muezzin-Gesang, der in islamischen Ländern fünfmal am Tag von Moscheen erschallt, wird bald auch in Köln zu hören sein.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hat einen zweijährigen „Modellversuch“ gestartet, der es den 35 Moscheen der Stadt ermöglicht, zum Freitagsgebet zwischen 12 und 15 Uhr einen Muezzinruf per Lautsprecher nach außen zu übertragen. Dagegen gibt es zwar einen Sturm der Entrüstung, besonders in sozialen Medien. Aber Reker bleibt hart.

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Die große Ditib-Moschee in Köln-Ehrenfeld begrüßt die Ankündigung der Stadt. Diese sei ein „großer Schritt für die Wahrnehmung der Religion des Islam“, sagt Murat Şahinarslan. Er ist der Forumsdirektor der Zentralmoschee mit zwei 55 Meter hohen Minaretten, um deren Bau es viele Kontroversen gab. Der Ditib-Verband untersteht faktisch der türkischen Religionsbehörde Diyanet in Ankara und damit Präsident Erdogan, der 2018 auch zur Einweihung anreiste. Immer wieder gab es Islamismus-Vorwürfe gegen den Verband.

Um Vorbehalte der Bevölkerung zu begegnen, gelten Einschränkungen für den Muezzinruf in der Zeit des Modellversuchs: Der Ruf mit den viermal wiederholten Worten „Allahu akbar“ soll auf fünf Minuten beschränkt sein, die Moscheegemeinde muss zuvor die umliegende Nachbarschaft per Flugblatt informieren und Ansprechperson für Fragen oder Beschwerden benennen.

Während Reker von einem „Zeichen des Respekts“, der „Religionsfreiheit“ und „Vielfalt“ schwärmt, hat ihr Muezzin-Vorstoß eine Welle der Kritik ausgelöst. Viele sehen in dem per Lautsprecher übertragenen muslimische Gebetsaufruf einen unangenehmen islamischen Herrschaftsanspruch. „Die Betreiber der Moscheen wollen Sichtbarkeit. Sie feiern den Muezzin als Machtdemonstration über ihre Viertel“, kritisiert der Integrationsexperte Ahmad Mansour. Der frühere Präsident des nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichtshofs, Michael Bertrams, kritisiert das Modellprojekt. Die Zulassung des Muezzinrufes sei für Erdogan „ein politischer Triumph ersten Ranges“, sagte Bertrams in einem am Dienstag veröffentlichten Interview des Kölner Stadt-Anzeigers.

Manche sprechen von einem weiteren Schritt zur Islamisierung der Viertel um die Moscheen, in denen ein hoher Anteil Muslime lebt. In Köln leben geschätzt 120.000 Muslime, ein Anteil von rund 12 Prozent der Bevölkerung.

Der Bild-Journalist Claus Strunz beschrieb den Muezzinruf unverblümt von einem „Sieg über die Ungläubigen“. Die Vereinigung „Christen in der AfD“ kritisierte am Dienstag, die Stadt Köln stelle „ihr christliches Fundament und das Christentum im Alltag“ zunehmend infrage. Ausgerechnet in der Domstadt dürften „Erdogans Ditib-Islamisten“ nun den muslimischen Ruf im gesamten Stadtgebiet verbreiten.

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Auch liberale Muslime sind entsetzt. Die frühere Kölner SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün, die mit ihrer islamfreundlichen Partei zunehmend fremdelt, nannte Rekers Modellprojekt eine „Symbolpolitik, die den Falschen dient.“ Der Muezzinruf habe mit Religionsausübung nichts zu tun. Er sei ein Relikt aus Zeiten, in denen die Menschen keine Uhr hatten. Man gerate „mitten in ein politisches Minenfeld“, wenn von der Ditib-Moschee der Muezzinruf erschalle. „Die Ditib-Moschee ist inzwischen ein Symbol für den politischen Islam, eine politische Institution mit Gebetsmöglichkeiten. Um das nicht zu erkennen, muss man politisch blind und taub sein.“ Die Erlaubnis für die Ditib-Moschee nennt Akgün einen „Knicks vor dem politischen Treiben Erdogans, auch in Deutschland. Ein Schlag ins Gesicht aller politischen Dissidenten“.

Noch deutlicher wurde der Islamkritiker Hamed Abdel-Samad: „Der Gebetsruf beginnt mit Allahu Akbar, welcher auch der Schlachtruf der Muslime ist. Er bedeutet Allah ist größer. Größer als die Feinde, größer als die Menschen, größer als das Leben, größer als Deutschland, größer als alles. Da er größer ist als Demokratie und Vielfalt, gilt am Ende nur sein Gesetz, die Scharia.“ Die Stadt Köln wolle mit einer symbolischen Aktion unter dem Mantel der „Vielfalt“ das Scheitern der Integration verdecken, bemängelt Abdel-Samad.

Gegenwärtig gibt es rund 3.000 Moscheen in Deutschland. Eine zunehmende Anzahl sind nicht mehr nur kleine Hinterhofgebetsräume, sondern repräsentative Gebäude, teils auch mit Minaretten, wie die DITIB-Zentralmoschee in Köln. Die Zahl der Muslime ist durch die große Flüchtlingszuwanderung 2015 und 2016 auf mehr als 5,5 Millionen gestiegen.

Die Frage stellt sich, ob der „Modellversuch“ des Muezzinrufs auf Köln beschränkt bleiben wird. Bislang haben nur einzelne Städte, vor allem in Nordrhein-Westfalen wie Düren, Dortmund oder Hamm, den Ruf erlaubt. In Duisburg-Marxloh teilte ein Sprecher der Stadt auf Anfrage gerade mit, es gebe keine diesbezüglichen Pläne.

Dennoch ist davon auszugehen, dass Köln als viertgrößte Stadt Deutschlands große Symbolwirkung hat und von vielen als Pilotprojekt gesehen wird. Schon schreibt der einflussreiche linksliberale Journalist Malte Lehming im Berliner Tagesspiegel, dass auch die Hauptstadt mit ihren bis zu 300.000 Muslimen Muezzins von Moscheen rufen lassen soll. „Warum soll in der Dom-Stadt möglich sein, was sich die Hauptstadt nicht traut?“

Dagegen sprechen natürlich mehrere Argumente: Der Vergleich der „Allahu Akbar“-Rufe mit der Glocke einer christlichen Kirche geht fehl: Der Glockenschlag ist ein akustisches Signal, das keine auftrumpfende Botschaft („Es gibt keinen Gott außer Allah“) beinhaltet. Noch schwerer wiegt, dass die umliegende Nachbarschaft gezwungenermaßen mit dieser verbalen Botschaft konfrontiert wird. Es gibt auch eine negative Religionsfreiheit: Niemand sollte systematisch genötigt werden, religiöse Botschaften anderer zu „konsumieren“.

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Der Islam ist zudem keine rein spirituelle Religion, sondern eine umfassende Polit-Religion, die strikte Regelungen des gesamten Lebens einer Gesellschaft durch die Scharia etablieren will. Der Islam ist das Gegenteil eines freiheitlichen Systems, nämlich ein Unterwerfungssystem (das arabische Wort „Islam“ bedeutet „Unterwerfung“). Vermutlich wird es aber schwer werden, mit diesen Argumenten vor Gericht zu bestehen. Deshalb ist die Auseinandersetzung um den Muezzin-Ruf nur politisch zu führen und zu gewinnen.

„Nach Abschluss der zweijährigen Projektlaufzeit werden die Stadt und die beteiligten Moscheegemeinden gemeinsam ihre Erfahrungen auswerten, um auf dieser Basis zu entscheiden, ob die neue Regelung beibehalten werden kann“, schreibt die Stadt Köln. Wird sie mit dauerhaften Protesten konfrontiert oder fügen sich die Bürger der neuen akustischen Islamisierung?

In den französischen Vorstädten kann man sehen, wohin es führt, wenn sich islamische Parallelgesellschaften immer weiter ausbreiten. Deutschland ist gewarnt.


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