Seit Januar steht die Bundesregierung in der Kritik, weil sie es verabsäumt hat, für die Deutschen genügend Impfstoff zu ordern, sondern diese, vielleicht wichtigste Aufgabe im nationalen Interesse der EU-Administration übertragen hat – mit einem erwartbaren Ergebnis: Es steht viel zu wenig Impfstoff bereit, es kommt zu Lieferengpässen und zu organisatorischen Fehlleistungen der Bürokratie in hanebüchenem Ausmaß.
Die Bundesregierung vermochte es nicht wie andere Länder, größere Chargen des BioNtech-Impfstoffes zu bekommen, obwohl wir über eine deutsche Firma reden. Statt diese Probleme in den Blick zu nehmen, statt sich darum zu kümmern, dass in Deutschland zügig geimpft werden kann, wie wir es in Israel oder in Großbritannien beobachten können, spricht sich die Bundeskanzlerin auf dem virtuellen Weltwirtschaftsforum von Davos wolkig für eine gerechte internationale Verteilung der Impfstoffe gegen Covid-19 aus.
Zeitungen titeln, dass Angela Merkel Fehler im Kampf gegen Corona zugibt, doch das stimmt nicht, Merkel sagt auf dem Weltwirtschaftsforum, dass „wir“ „alle“ Fehler gemacht haben. Wer nicht „ich“ sagen will, sagt „wir“, und wer „wir“ sagt, sagt niemand. Das „Wir“ dient stets dazu, die persönliche Verantwortung abzustreifen. Nein, nicht wir haben Fehler gemacht, sondern die Bundesregierung.
Einen der Fehler, die „wir“ gemacht haben sollen, sieht die Bundeskanzlerin darin, nicht schnell genug gehandelt und die Ausbreitung des Erregers zugelassen zu haben. Heißt das, dass nicht schnell genug und nicht hart genug die Freiheitsrechte der Bürger eingeschränkt worden sind? Die Bundesregierung, die sich nicht zuständig fühlte, Impfstoff zu besorgen, erwägt nun den gesamten Flugverkehr lahmzulegen. Sie folgt den totalitären Vorgaben der Zero-Covid-Ideologen, möglicherweise bis zum Vorabend der Bundestagswahl.
Hübsch ist, dass die Bundeskanzlerin in ihrer Rede vor dem Weltwirtschaftsforum anmerkt, dass in der Corona-Pandemie Mängel in der Digitalisierung sichtbar werden. Um das zu bemerken, bedurfte es allerdings keiner Corona-Krise.
Einen Aspekt ihrer Rede, der mit Covid-19 nichts zu tun hat, sollte man in Stein meißeln, damit er nicht vergessen wird. Die Bundeskanzlerin sagte: „Ich hoffe, dass wir gerade mit der neuen US-Administration die Arbeit der OECD fortsetzen zu einer Mindestbesteuerung digitaler Unternehmen.“ Glaubt sie allen Ernstes, dass es unter Biden zu einer effektiven weltweiten Besteuerung der Unternehmen kommt, die Biden im Wahlkampf massiv unterstützt haben, eine Steuer, die jene Unternehmen nicht auf die eine oder andere Art auf Dritte abwälzen?
Wie bereits Chinas Präsident Xi Jinping spricht sich Merkel für eine globale Koordination und gegen Protektionismus aus. Gerade die Pandemie sei auch „die Stunde des Multilateralismus“. Meint sie das ernst angesichts des Versagens der EU, ihre Mitgliedsstaaten mit Impfstoff zu versorgen? Die „Stunde des Multilateralismus“ stellt unter diesen Voraussetzungen nur einen Euphemismus dar für die Hegemonie Chinas. Und kein Staat ist de facto protektionistischer als China.
Vielleicht kann man Helge Braun bitten, die Bundeskanzlerin daran zu erinnern, dass sie nicht die UN-Generalsekretärin, sondern die deutsche Regierungschefin ist.