Auf dem Weg, den ich beim beinahetäglichen Spaziergang abgehe, wohnt eine Familie, die hat ihren Vorgarten mit knorrigem, poliertem Wurzelholz und ordentlich fröhlichen Gartenzwergen geschmückt. Auf einer Kleinstterrasse vorm Eingang stehen zwei Holzstühle und ein Tischlein. In Blumentöpfen wachsen Blümlein. Es ist alles nicht luxuriös, es ist alles sehr liebevoll – alles herzerwärmend. (Ich gehe gleich nochmal nachschauen, ob ich es auch richtig beschrieben habe!)
»zurück zu Marx und Lenin«
Nach aktuellen Umfragen zur sogenannten »Sonntagsfrage« (also: »Wen würden Sie wählen, wenn am Sonntag die Wahlen zum Bundestag stattfänden?«) hat Grün-Rot-Rot die Mehrheit im Bund (welt.de, 6.3.2020).
Buchstabieren wir aus – schmerzhaft, aber kurz – was das bedeutet. Die Rent-a-Sozi-Partei, die zynisch Gesetze macht, von denen ihre eigenen Firmen profitieren (siehe u.a. »Was macht eigentlich eine Partei?«). Dazu die »grünen« Ultrapopulisten, also die Partei von und für Gutmenschen, die viel fühlt und wenig denkt, die das »Gute« will und das Böse schafft (und dann die Verantwortung jenen zuschiebt, die genau davor warnten). Und schließlich jene Partei, die (unter anderem Namen, klar) ihre eigenen Bürger foltern und erschießen ließ, und in der man noch immer davon redet, Menschen zu erschießen (»… wenn wir dat ein Prozent der Reichen erschossen haben«), deren NRW-Sprecherin, die »Israelkritikerin« Inge Höger, erklärt:
Unser Ziel ist ja laut Erfurter Programm der Sozialismus. (…) Und wir müssen zusammen mit der Arbeiterklasse – wir müssen auch mal wieder von Klasse reden – mit der Arbeiterklasse einen radikalen Systemwechsel hinbekommen, und dafür ist natürlich notwendig, dass wir die Energieindustrie vergesellschaften, dass wir auch die Autoindustrie vergesellschaften, die Eigentumsfrage wieder stellen, um wirklich diesen radikalen Umbau wieder hinzubekommen. (Inge Höger, »Die Linke« NRW, Video bei @Hallaschka_HH, 6.3.2020, mein Transkript)
Will und soll Deutschland wirklich »zurück zu Marx und Lenin«, wie es im Strategie-Reader der umbenannten SED heißt? (siehe strategiedebatte.die-linke.de, PDF S. 562)
Immerhin: Man muss der umbenannten SED zugestehen, dass dem Sozialismus in seinem Lauf gewisse Hürden im Wege stehen, und die sind aktuell weder Ochs noch Esel, sondern »dass der Sozialismus nach Stalin, DDR und alldem ein schlechtes Image hat« (siehe strategiedebatte.die-linke.de, PDF S. 264).
Steinzeit-Sozialisten, ein Multi-Konzern mit politischem Arm, dazu eiskalt gutmenschelnde Ultrapopulisten – ist es wirklich das, was »die Mehrheit« der Deutschen zur Regierung haben will? Man fürchtet ja, dass es stimmt – man kennt genug Opfer von Staatsfunk und Gehirnwäsche, die das wirklich für wünschenswert halten (und später sagen werden, sie hätten »ja nicht wissen können, was passieren würde«).
Gartenzwerge und dicke Rancher
Der Gartenzwerg ist ein Symbol des neuen deutschen Traumes – dem Wunsch nach Ordnung und Gerechtigkeit, wo Fleiß sich lohnt, Faulheit sich selbst straft, und der Staat die Gesetze für alle durchsetzt, nicht nur für die ohnehin braven Bürger – und sich auch selbst an die Gesetze hält!
Es ergibt Sinn, dass der Gartenzwerg auch zum Hasssymbol von Deutschlandhassern wird. Individuen, die mehr als komfortabel vom deutschen Staat leben, projizieren ihren (eventuell sogar verständlichen) Selbsthass auf das Land, das sie nährt. Einige von ihnen entstammen Haushalten und Kulturen, in denen der Hass auf einen Schwächling anerzogen wurde (weil sie das Schwachsein so fürchten, betonen sie immer wieder ihre Macht und Mehrheit: »wir sind mehr!«) – und ein Land, das ihnen »schwach« entgegentritt, muss von ihnen folglich gehasst werden.
Im amerikanischen Traum kann sich der fleißige Kluge an den eigenen Stiefeln emporziehen, kann immer wieder neu beginnen, gibt es immer wieder einen neuen Horizont, zu dem der einsame Reiter aufbrechen kann, um neu zu beginnen und schließlich doch noch als zufriedener, dicker und vor allem reicher Rancher zu triumphieren.
Gartenzwerge stehen für den »neuen deutschen Traum«. Der Bürger erarbeitet sich sein Glück, er wendet Fleiß und Mühe auf – und ob es nun »die Wichtel von Kölle« sind, die »unsichtbare Hand des Marktes«, kluge Staatskunst oder alle drei der Genannten – der Bürger kann sich darauf verlassen, dass mit guter Wahrscheinlichkeit seine Mühe belohnt wird. Wird die Arbeit und die Sicherheit des Bürgers aber bedroht, dann verteidigt er ihn – mit dem natürlich symbolischen »Spieß«.
Der neue deutsche Traum, mit dem Gartenzwerg als Maskottchen und Symbol, beginnt und endet mit Fleiß und Disziplin – kein Wunder, dass Linke alle drei so hassen: Fleiß, Disziplin und Gartenzwerge.
Etwas Vernunft, hier und da
Es wohnen zwar zwei Zwerge bei uns daheim (von denen der weibliche bereits der Mutter buchstäblich über den Kopf gewachsen ist – und mir selbst wachsen sowieso beide über den Kopf, (noch) im übertragenen Sinne), aber einen tönernen Gartenzwerg habe ich leider nicht. (Notiz an selbst: »Lege dir einen Gartenzwerg zu, es genügt nicht, romantisierend darüber zu schreiben!«) – Das aber, wofür Gartenzwerge stehen, das erwärmt mein Herz sehr (ich sollte mir wirklich einen zulegen) – und deshalb freut es mich jedes Mal, wenn ich an jenem Häuslein und seinen Gartenzwergen vorbeigehe.
»Nie wieder Deutschland«, mögen sie brüllen, »wir sind mehr!«, und: »Öffnet die Grenzen!«
Nun, im Bundestag wurde letztens der Anti-Deutschland-Antrag der Grünen abgelehnt, der via Aufnahme von 5.000 Migranten die Tore zu einem »neuen 2015« eröffnen wollte (rp-online.de, 4.3.2020). Das ist ein Zeichen der Hoffnung. (Was ist im Bundestag 2020 eigentlich anders als 2015? Hmmm.) – Nach dem bewährten Muster, dass Gutmenschen schlicht »Bösmenschen in blöd« sind, und daher das Notwendige mit Jahren Verspätung tun, scheint die EU nun endlich auf den Kurs des geschmähten Orbán einzuschwenken (vergleiche kleinezeitung.at, 7.3.2020) – was natürlich den linken Hass auf ungarische Vernunft eher steigern denn besänftigen wird – und doch ist es ein kleines Zeichen für mögliche Hoffnung.
Wird Deutschland wieder klug werden? Wird Deutschland endlich Marx und Lenin und all die anderen Untoten böser Zeiten ruhen lassen, den einen im Londoner Grab, den andern im Moskauer Mausoleum?
Einst sagte man über die amerikanische Außenpolitik, dass sie stets das Richtige tut – nachdem sie alle falschen Optionen durchprobierte. Nun, heute kann man es für weite Teile europäischer Politik sagen.
Während die Untoten der SED ihre Gespenster durch Mitteleuropa geistern lassen, fallen hier und da tatsächlich kluge Entscheidungen.
Ich weiß nicht, wie lange diese Phase der am Horizont schimmernden Vernunft anhält, gegeben dass CDU und FDP für die Ex-FDJ rituellen Selbstmord begehen und Deutschland tatsächlich von Grünen-SED-SPD regiert werden könnte – und dann wäre sowieso einiges egal – doch etwas Vernunft blitzt hier und da auf – wohlgemerkt während politisch gut vernetzte Verwirrte in Deutschland ganz offen von Revolution und Erschießungen und Arbeitslagern reden.
Lasst uns hoffen, dass und als ob alles gut werden kann – und lasst uns vorsichtig sein, denn es könnte auch kippen.
Im Übrigen aber, da bleibe ich dabei und dafür kämpfe ich: Es gibt ein Menschenrecht auf Gartenzwerge!
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com
Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.