Ein Detail am Ort des Anschlags in Solingen kommt nur auf einer Amateuraufnahme groß ins Bild: metallumgitterte gefüllte Wassertanks, die leichter transportable Variante zu den Betonblocks, die in Deutschland heute jede Fläche von Massenveranstaltungen begrenzen.
Im Volksmund heißen die Sperren Merkellego. Produkt wie Bezeichnung stammen von 2016, dem Jahr des LKW-Attentats auf Weihnachtsmarktbesucher am Berliner Breitscheidplatz. Merkellego heißen die Fahrzeugsperren nur in der inoffiziellen Kommunikation.
Ihre korrekte Bezeichnung dafür – Betonsperren – taucht medial nur sehr selten auf. Es gehört zu den vielen unausgesprochenen Übereinkünften des institutionellen Deutschlands, weder die Merkelsteine selbst zu erwähnen noch die Tatsache, dass es eine Zeit gab, in der Volksfeste diese panzersperrenähnlichen Abschirmklötze nicht brauchten.
Auf dem Fronhof in Solingen, dem Platz, auf dem die Stadt das „Fest der Vielfalt“ feierte, fuhr bekanntlich kein LKW in die Menge, sondern ein Messerträger spazierte zwischen den Sperrblocks auf das Gelände, tötete drei Menschen und verletzte weitere acht. Gegen Attentäter, die zu Fuß kommen, um in Hälse zu stechen, gibt es bis jetzt noch keine symbolische Maßnahme, die Sicherheit simuliert.
Aber die politisch-mediale Debatte dazu nimmt, um es in der Sprache der dazugehörigen Journalisten zu sagen, gerade Fahrt auf. Das Verdrängungsorgan Süddeutsche Zeitung kannte schon kurz nach dem Anschlag den schuldigen Teil: „Und wieder ein Messer“.
In der ausschließlich technisch geführten Diskussion reichen die Vorschläge von der Ausweitung von Messerverbotszonen über Eingangskontrollen bis zu dem Vorschlag des grünen Bundestagsabgeordneten Marcel Emmerich, jetzt flächendeckend gegen Messer vorzugehen, um damit ein Zeichen zu setzen.
Die gleichen Leute wissen natürlich, dass nicht die Messer zustechen, sondern seine Träger. Deshalb weist der Polizeipräsident von Wuppertal Markus Röhrl die Bürger aus gegebenem Anlass noch einmal darauf hin, dass das eigentliche Risiko nicht Messer heißt, sondern öffentlicher Raum, zumindest für den Personenkreis, der weder über Fahrbereitschaftslimousinen noch Personenschützer verfügt: „Jeder muss mit sich ausmachen, ob er zu Festivitäten geht, ob er zu Fußballspielen geht, ob er im öffentlichen Personennahverkehr unterwegs ist.“
Auf der parallellaufenden Tonspur erklärt NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, was Politiker seiner Sorte nach größeren Anschlägen und Ausschreitungen wie Silvester 2015/16 immer wieder erklären: „Wir werden unsere Art zu leben verteidigen.“ Wobei ihm die Textbausteine, die offenbar nicht ganz so stabil stehen wie die Merkelschen Großpoller, ein bisschen verrutschten: „Der Anschlag von Solingen hat unser Land ins Herz getroffen.“ Aber: „Unser Land wankt nicht.“
Innenministerin Nancy Faeser beherrscht das Schiefsprechen ähnlich gut wie Wüst, kümmert sich aber schon um die eigentliche Gefahr, nämlich die Instrumentalisierung des Anschlags von Solingen: „Meine Botschaft an alle, die jetzt Hass säen wollen – lassen Sie sich nicht davon beeindrucken.“ Unvermeidlich gesellt sich der Bundespräsident mit der Aufforderung dazu, jetzt zusammenzustehen. Um die diversen Wortmeldungen einmal übersichtlich zusammenzufassen:
Wir verteidigen unsere Art zu leben mit Merkelblöcken bei jeder Kleinstadtfeier, mit Polizeigroßaufgebot und Frauenschutzzonen zu jedem Silvester, mit Waffenverbotszonen und demnächst Kontrollschleusen an jeder blockumstellten und wahrscheinlich bald auch abgegitterten Dorfkirmes, jedenfalls, solange es Leute gibt, die immer noch meinen, zu ihrer Art zu leben würde es auch gehören, überhaupt Festivitäten dieser Art zu besuchen.
Zweitens: Nach den Anschlägen vom Breitscheidplatz, von Würzburg, von Brokstedt, Dresden, Mannheim und vielen Orten durch messerstechende Muslime besteht die eigentliche Gefahr darin, dass jetzt jemand Hass sät. Lassen Sie sich also nicht beeindrucken, auch dann nicht, wenn der Stahl in Ihrer Nähe aufblitzt. Denn der schadet Ihnen vielleicht, eine verkehrte Reaktion nützt aber nur den Falschen. Drittens und letztens: Stehen Sie zusammen – aber meiden Sie größere Menschenansammlungen.
Bei der Behauptung in den staatsnahen Medien, die Fachleute stünden vor einem Rätsel, woher der Anstieg der Messergewalt in Deutschland kommt, handelt es sich um ein kleines Element und für sich genommen unbedeutendes in einem strukturellen Lügengeflecht.
In einem Land, in dem sich etablierte Medien, Gewerkschaften, Kirchen und Politiker 2015 zu einer Einheitsfront unterhakten, um einen begeisterten Konsens der Gesellschaft über die schrankenlose Masseneinwanderung zu fingieren, können die Beteiligten von damals heute gar nicht anders, als zwanghaft zu lügen. Nur eine wirklich kleine Minderheit lehnte 2015 die Aufnahme von Migranten samt und sonders ab. Aber eine Mehrheit, die allerdings nicht zu Wort kam, betrachtete das Experiment mit Skepsis, die Grenzen eines Landes faktisch aufzugeben (Merkel: „Wir haben es nicht in der Hand, wie viele zu uns kommen“), und Hunderttausende unbesehen ins Land zu lassen, hauptsächlich junge muslimische Männer aus den gewalttätigsten Zonen der Erde. Und kaum jemand außerhalb eines wiederum sehr kleinen Milieus auf der anderen Seite des politischen Spektrums betrachtete diesen Zustrom als Schwungmasse, um die Verhältnisse in Deutschland selbst grundstürzend zu ändern. Es lohnt sich, jetzt noch einmal die zentralen Sätze aus Katrin Göring-Eckardts berühmter Rede vom Dezember 2015 in Halle zu hören.
Dort sagte sie nicht nur: „Und ja, unser Land wird sich ändern, und zwar drastisch, und ich sag euch eins: Ich freu mich drauf.“ Sondern auch den eigenartigen Satz, sie sehe das so, „weil ich schon einmal eine friedliche Revolution erlebt habe. Die hier könnte die sein, die das Land besser macht.“ Im Gegensatz zu der anderen? Und überhaupt: eine Migration, deren Verlauf nur die Migranten selbst bestimmen, als Revolution zur Verbesserung der eigenen Gesellschaft? Ein paar Sätze weiter rief Göring-Eckardt damals zur Bekräftigung in den Saal: „Für dieses neue Land, dieses bessere Land, dafür kämpfen wir.“
Einem kleinen Zirkel, dessen Mitglieder nie etwas mit der alten Bundesrepublik anfangen konnten, erschien Merkels Migrationsentscheidung damals als fantastischer Aufbruch in einen immerwährenden Karneval der Kulturen, bei dem es nicht nur wenig deutsch zugehen sollte, sondern auch wenig westlich. Die Vision hieß seinerzeit „Regenbogengesellschaft“, definiert als „ein bisschen Kirchentag, ein bisschen Antifa“, wie es Cordt Schnibben 2015 in seinem programmatischen Text „Abschwellender Bocksgesang“ schrieb.
Im Vorspann dieses Textes hieß es: „Es geht nicht nur um Flüchtlinge, es geht darum, in welchem Land wir leben wollen.“ Genauer gesagt: Es ging ihm und seinen Gesinnungskameraden nie um die Flüchtlinge selbst, sondern ihre Wirkung auf die von ihm abgelehnte deutsche Mehrheitsgesellschaft, in Schnibbens Worten, „die Ängstlichen, Zyniker und trüben Tassen“. Bei jemandem mit seiner Biografie überrascht diese Logik nicht: Kind eines bis 1945 und darüber hinaus fanatisch nationalsozialistischen Elternpaars, Eintritt in die DKP, einjähriges Studium der Gesellschaftswissenschaften am Franz-Mehring-Institut in Ostberlin, Karriere bei Zeit und Spiegel, heute einer der Leute im Hintergrund bei Correctiv.
Diese wie gesagt winzige, allerdings mit einem privilegierten Öffentlichkeitszugang ausgestattete Kaste von Leuten, die 2015 einer großen Umwälzung Deutschlands durch junge Männer aus Syrien, Afghanistan und Nordafrika entgegenfieberte, fühlte sich seinerzeit als überlegene Avantgarde. Sie bildete den heißen Kern, alle anderen – Unternehmen, die vom Fachkräftewunder erzählten, ein Medienunternehmen, das „Refugees welcome“-Sticker ausgab, opportunistische Politiker, die sie sich ansteckten –, die gruppierten sich um diesen Kern und redeten sich ein, diese Allianz stünde repräsentativ für das ganze Land. Dass sie das nicht tat, konnte schon 2015 eigentlich jeder an den Schimpftiraden Schnibbens gegen die trüben Tassen ablesen, und an dem touretteartigen Verdammungstext eines Autors der Süddeutschen, der 2015 Folgendes zu Papier brachte:
„Ihr heimatliebenden Zustandsbewahrer, emphatielosen Wüteriche, wunderlichen Nicht-Neger, aufrechten Stehpinkler, verkrampften Gutmenschen-Schlechtfinder. Ihr deutschen Kosten-Nutzen-Denker. Ihr besorgten Patrioten. Ihr IchbinkeinNaziaber-Sager, Ihr IchkenneauchnetteTürken-Kartoffeln, ihr unkorrekten Pegidisten, ihr nationalen Oberlehrer. Es ist 2015. Und ihr kommt aus euren Löchern ans Licht gekrochen.“
Eine Zeitung, die 2015 jeden, der den Zustrom nicht ansatzlos bejubelte, als Wüterich und Lochbewohner betrachtete, kann gar nicht anders, als sich 2024 noch dümmer zu stellen als unbedingt nötig: „Und wieder ein Messer.“ Der entscheidende Punkt liegt darin, dass sich die 2015-Vision der Katrin Göring-Eckardt verwirklicht hat, und zwar so sehr, dass auch das schmale Bündnis Merkel-Göring-Eckardt-Schnibben-Süddeutsche nicht daran vorbeikommt: Deutschland hat sich verändert, und zwar drastisch.
Die wirkungsvollste Änderung betrifft den öffentlichen Raum. Jeder, der in den frühen Neunzigern als Tourist nach New York kam, erhielt von Einheimischen Ratschläge, nicht jenseits der soundsovielten Straße herumzulaufen (die Angaben schwankten je nach Ratgeber). Reisende in San Francisco sollten bestimmte Ecken des Dolores Park meiden; irgendwann gab es entsprechende Tipps auch für Berlin. Kein zurechnungsfähiger weiblicher Mensch und auch sonst niemand spaziert heute nachts durch den Görlitzer Park oder an den Wochenenden in der Gegend rund um die Warschauer Brücke. Mit Warnungen dieser Art kann jeder noch leben. Das Besondere an der deutschen Gegenwartslage besteht darin, dass die Aufteilung in Unsicherheitszonen und den Rest keinen Sinn mehr ergibt.
Tödlich kann ein Spaziergang im abendlichen Dresden ausgehen, wo der gerade aus dem Gefängnis entlassene syrische Islamist Abdullah al Haj Hasan am 4. Oktober 2020 den Spaziergänger Thomas Lips erstach und dessen Lebensgefährten schwer verletzte, tödlich die Fahrt im norddeutschen Regionalexpress, wo der gerade aus der Haft entlassene Palästinenser Ibrahim A. am 25. Januar 2020 zwei Menschen erstach und drei weiteren schwere Wunden zufügte. Tödlich kann der Bummel in der Innenstadt von Würzburg sein, wo der Somalier Abdirahman Jibril A. am Nachmittag des 25. Juni 2021 drei Frauen mit dem Messer tötete und auf fünf weitere Menschen einstach. Für einen Polizisten tödlich und für mehrere andere Personen mit schweren Verwundungen endete der Angriff des Afghanen Sulaiman Ataee auf dem Marktplatz von Mannheim am 31. Mai 2024. Eine ukrainischen Frau, die am 10. Juni 2024 am frühen Nachmittag in der Sonne am Frankfurter Mainufer saß, kostete der Aufenthalt auf der Parkbank fast das Leben – ein 19-jähriger Afghane stach ihr mehrfach ohne erkennbaren Anlass mit einem Cuttermesser in den Hals.
Dazu kommen Taten, die anders als in Solingen, Mannheim und Dresden keine klar terroristischen Züge tragen. Beispielsweise der Messerangriff eines Syrers auf ein vierjähriges Mädchen in Wangen am 4. April 2024, die Tötung eines jungen Mannes im Kurpark von Bad Oeynhausen am 23. Juni 2024 durch einen 18-jährigen syrischen Asylbewerber mit umfangreicher Polizeiakte, die Tötung eines Familienvaters auf dem Bahnhof von Uelzen am 13. Juli 2024 durch den 18-jährigen Marokkaner (NDR: „Tödlicher Treppensturz“). Wie alle anderen aufgeführten Täter besaß auch dieser Migrant keinen Asylstatus, durfte aber trotzdem in Deutschland bleiben.
Es gibt mittlerweile eine Rangfolge der gefährlichsten Bahnhöfe Deutschlands (Hamburg, Hannover, Frankfurt). Das bedeutet allerdings nicht, dass es nicht auch jeden beliebigen Reisenden zu jeder Stunde an jedem Krähwinkelbahnhof treffen kann. Aus der Statistik lassen sich zwar besonders gefährliche Plätze herausfiltern, aber keine garantiert harmlosen Orte für Normalbürger in Deutschland. Metropole oder ruhige Kleinstadt, Festwiese oder Kurpark, Stadtzentrum oder Zugabteil, nachts oder tagsüber – überall und immer kann eine Zufallsbegegnung dazu führen, dass jemand nicht mehr nach Hause zurückkehrt. Es gibt kein Muster, an dem man sein Verhalten so ausrichten könnte, dass man unbehelligt bleibt. Es gibt keine friedlichen Zonen, kein Grundgefühl der Sicherheit.
In einem Land, in dem Mitglieder des tonangebenden Milieus ständig vor einem ‚Generalverdacht‘ warnen, herrscht eine Generalunsicherheit. Jeder in diesem tonangebenden Milieu und außerhalb erst recht kennt diesen Zustand. Wobei die einen die Verantwortung dafür tragen, während die anderen ihn nur erleiden. Jeder weiß, dass unsere Art zu leben nicht mehr existiert, nämlich ein Leben in einem einigermaßen zivilisierten Land, in dem es weder Sperrklötze rund um Volksfeste noch Ausweiskontrollen in Berliner Schwimmbädern gab, und in dem es sich bei mitgeführten Messern in aller Regel um Andenken aus der Schweiz handelte.
Der Aufruf eines mit Limousine und Personenschützern ausgestatteten Hendrik Wüst, das imaginäre Wir sollte sich seine Art zu leben nicht nehmen lassen, gehört zu dem zwanghaften Lügen, das mittlerweile die gesamte politisch-mediale Zone durchdringt. Nach dem Totschlag in Bad Oeynhausen erklärte Innenministerin Nancy Faeser, die deutsche Gesellschaft habe sich um den Täter nicht genug gekümmert, er habe „außer der Flüchtlingsunterkunft nichts anderes gekannt“. Nichts davon stimmt. Der Totschläger lebte in einer regulären Wohnung, er erhielt einen Sprachkurs und, obwohl nicht politisch verfolgt, einen Aufenthaltsstatus. Genau hier, in dem kontrafaktischen Geplapper einer Ministerin, in deren Zuständigkeitsbereich die innere Sicherheit fällt, zeigt sich das Phänomen des zwanghaften Lügens: Es fließt seinen Urhebern nach dem Muster der Pseudologia fantastica ganz locker von den Lippen.
Jemand, der bleiben darf, obwohl der Asylartikel des Grundgesetzes für ihn gar nicht gedacht ist, der hier Geld und eine Wohnung bekommt, schlägt jemanden aus nichtigstem Anlass tot? Dann muss der Grund in der mangelnden Anstrengung der Gesellschaft liegen. Denn ein kollektives Eliteversagen in der Migrationspolitik kommt als Ursache von vornherein nicht in Frage. An die Seite von Faeser, die dazu aufruft, sich von dem Anschlag in Solingen nicht beeindrucken zu lassen, an die Seite von Olaf Scholz, der ein schärferes Waffenrecht und im Übrigen nicht ein Viertel und nicht neunzig Prozent, sondern die ganze Härte des Gesetzes für den Täter fordert, tritt die SPD-Vorsitzende Saskia Esken mit der Aussage, aus dem Messermassaker könnten wir „nicht viel lernen“. Schließlich sei der Zustecher von Solingen nicht polizeibekannt gewesen. Sondern nur ausreisepflichtig; eigentlich sollte er 2023 nach Bulgarien abgeschoben werden, wo er die EU zuerst betrat, dann tauchte er vorübergehend unter, solange die Überstellungsfrist von 18 Monaten lief, danach wieder auf – und durfte unbehelligt weiter in Solingen wohnen.
Der Mörder von Dresden kam frisch aus dem Gefängnis, wo er wegen Aktivitäten für den IS saß, der Mörder von Brokstedt ebenfalls gerade aus der Haft wegen Gewalttaten, zu dem angeblich schlecht behandelten Totschläger von Bad Oeynhausen existierte schon vor der Tat eine lange Polizeiakte. Der Iraker, der 2018 zusammen mit anderen Asylbewerbern in Chemnitz einen Mann erstach und zwei andere schwer verletzte, hatte schon vorher eine Messerstraftat begangen, sein Asylantrag lehnte die Behörde ab, sogar seinen Duldungsstatus besaß er zum Zeitpunkt, als er tödlich zustach, nicht mehr. Seit Jahren wiederholt sich das immergleiche Muster. Auch in der medialen Reaktion.
Nach dem Massaker in Solingen holte die ARD sofort einen Fernsehexperten vor die Kamera, der über traumatisierte Flüchtlinge dozierte, während er Normalbürger in diesem Land offenbar für erfreulich robust und traumaresistent hält. Der Evangelische Pressedienst wiederum klingelte den Universalexperten Andreas Zick aus Bielefeld an, der schon nach den linksextremen Ausschreitungen zu G20 in Hamburg meinte: „Ideologie spielt kaum eine Rolle“. Nach Solingen warnte der Narrativspender erwartungsgemäß vor der „Instrumentalisierung des Anschlags“ – also dem bekanntermaßen Schlimmsten, was überhaupt passieren kann – und gleichzeitig vor einer Zunahme von „fremdenfeindlicher Gewalt“.
Auch diese Phrase von einer unterstellten „Fremdenfeindlichkeit“ gehört zum Reich der zwanghaften Lüge: Erstens stellt es noch keine Feindlichkeit dar, ein Problem zu diagnostizieren. Und zweitens haben weder Alteingesessene noch gut integrierte Zugewanderte ein Problem mit Chinesen, Japanern, Vietnamesen, Brasilianern, Spaniern oder Dänen, die in Deutschland leben. Es gibt auch eine große Zahl von Menschen, die aus muslimischen Ländern stammen und gerade deshalb hier leben – so jedenfalls ihre ursprüngliche Absicht –, um sich fanatischer Religionsausübung und Alltagsgewalt nicht auszusetzen.
Auf der medialen Seite verkörpert kaum jemand den Typus des Zwangslügners so perfekt wie Gabor Halasz, Korrespondent im ARD-Hauptstadtstudio, der sofort nach dem vorerst letzten Mehrfachmord im immergleichen Schema weiß, dass eine restriktivere Einreisekontrolle und eine Abschiebung abgelehnter und vor allem krimineller Migranten „entweder nur sehr schwer oder gar nicht umsetzbar ist“. Er weiß es schon, bevor es die politischen Verantwortlichen überhaupt versuchen – wobei: Sie versuchen es unter anderem auch deshalb nicht, weil sie sich der Unterstützung solcher öffentlich-rechtlichen Unterstützungsjournalisten sehr sicher sein können.
Stattdessen schlägt der ARD-Mann vor: „Wir nehmen uns Zeit. Setzen uns zusammen. Und gehen wirklich an die Ursachen des Islamismus ran.“ Wobei er an anderer Stelle feststellt, dass der Islamismus „nicht automatisch“ etwas mit dem Islam zu tun hat. Nicht, dass das Narrativ noch in die verkehrte Richtung läuft, den Falschen Wasser auf die Mühlen etc. etc.
Dabei befinden sich Halasz und sein Milieu an dieser Stelle gar nicht weit von einem wichtigen Realitätspunkt entfernt. Sie scheinen es zu spüren und zucken instinktiv zurück. Nicht irgendeine Einwanderung verändert seit 2015 die Gesellschaft drastisch. Sondern die Migration aus dem islamischen Krisengürtel. Eine alternde, schon weitgehend abgerüstete, permissive und individualistische Gesellschaft trifft auf junge testosterongeladene Männer, sehr viele davon aus zerrütteten Ländern und Zonen permanenter Kriege.
Es kommen Männer, die nie eine zivile Ordnung erlebten, dafür aber eine simplizistische Überlegenheitsideologie in ihren Köpfen mitschleppen. Und diejenigen, die aus Weltgegenden stammen, in denen Gewalt als selbstverständliches Mittel und ein unbewaffneter Mann als lächerliche Erscheinung gilt, treffen eben nicht zu Hunderten oder Tausenden ein, sondern zu Hunderttausenden, zu Millionen. Selbst eine Gesellschaft, die sehr viel stabiler und selbstbewusster wäre als die deutsche, würde sich nach einer derart extremen Veränderung nicht mehr wiedererkennen.
In der Welt, aus der diese jungen Männer stammen, gehören der Gebrauch von Waffen und die Anwendung von Gewalt zum Selbstverständnis. Sie stellt in der Regel nicht das letzte, sondern das erste Mittel dar. Vor allem dann, wenn sie sich mit einem ganz bestimmten Verständnis der Religion als Überlegenheits- und gleichzeitig Todesideologie verbindet. Fast gleichzeitig mit dem Attentat in Solingen fand im französischen La Grande-Motte ein Anschlag auf die dortige Synagoge statt. Und unmittelbar nach Solingen eine Islamistenkundgebung mit IS-ähnlichen Fahnen vor einer Kirche in Nürnberg. Diese Art systematischer Landnahme ereignet sich auch anderswo im Westen, beispielsweise in London, wo es 500 Moscheen gibt, was Muslime aber nicht davon abhält, demonstrativ direkt vor der Westminster Abbey zu beten.
An den Schulen in NRW und in anderen westdeutschen Bundesländern können sogenannte Scharia-Polizisten Mädchen ziemlich ungehindert vom Staat dazu anhalten, sich züchtig zu kleiden und andere islamische Vorschriften zu befolgen.
Das Faeser-Steinmeier-Halasz-Konsortium, das es erklärtermaßen für unmöglich hält, Grenzen zu kontrollieren und Migranten ohne Aufenthaltsberechtigung abzuschieben, behauptet gleichzeitig, diese von ihm geprägte schwache und in Selbstvorwürfen ertränkte Gesellschaft könnte die Gewalt- und Sittenvorstellungen aus Hunderttausenden jungen Muslimen im Westen irgendwie heraustherapieren.
Schlangenölverkäufer wirken im Vergleich zu diesen Gestalten seriös. Zwangslügner belügen in erster Linie sich selbst. Und es drängt sich der Gedanke auf, dass sie als einzige ihre Zwangslügen noch glauben. Das müssen Gescheiterte auch, um weitermachen zu können. Gerade dann, wenn sie über ihr Scheitern genau Bescheid wissen. Sie wissen, dass sie die Gesellschaft drastisch zum Schlechten verändert haben. Und dass sich diese Auswirkungen nur dann wenigstens mildern ließen, wenn sie, diese Funktionselite, komplett abtreten würde.
Am 29. November wird die Stadt Solingen den Preis „Die schärfste Klinge“ an die Journalistin Dunja Hayali vom ZDF verleihen, und zwar für „Toleranz, Vielfalt, Mut, Haltung“.
Nach den Landtagswahlen im Osten werden diese Begriffshülsen klappern wie nie zuvor. Es geht also weiter und weiter und weiter.