Tichys Einblick
Traumländer sind totalitär

Das Interesse der Klimaretter am Klima ist taktisch

Klima-Rettung? Je stärker sich diese Grüne Bewegung selbstermächtigt, umso deutlicher wird, hinter all den Phrasen steht der Wille, aus unserer Gesellschaft ein Traumland zu machen. Traumländer aber sind totalitär, denn Demokratie, Recht und Freiheit werden den Träumen einiger zuliebe geopfert.

Guillermo Gutierrez/SOPA Images/LightRocket via Getty Images

Ein Blick auf die Statements der Klima-Oberretter von Fridays für Future, von Ende Gelände oder von Extinction Rebellion zeigt, dass die Klima-Apokalyptik für jene nur der Hebel zum Gesellschaftsumbau oder zum Systemwechsel darstellt. Sie sagen Klima-Rettung, meinen aber den Sturz des Kapitalismus und den Aufbau des Sozialismus, einer grünen Kommandowirtschaft, in der die Kritiker an diesem Gesellschaftsmodell als Klimaleugner, Neokolonialisten, Homophobe, Islamophobe, alte weiße Männer, Antifeministen, Heterodominate, Rechte, Nazis – und was einem je nach Neigung noch so alles einfällt – wahlweise oder tutti quanti diffamiert werden und die man einzuschüchtern versucht. Die Beliebigkeit der Beschimpfung belegt, dass es nicht um Inhalte, sondern um Macht geht.

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In dem Gemeinschaftsinterview in der taz mit Nike Mahlhaus von Ende Gelände verhehlte Luisa M. Neubauer nicht, dass die Klima-Apokalyptik letztlich nur eine Mobilisierungsideologie für den Sturz unserer Gesellschaftsordnung darstellt, dass es in Wahrheit um etwas ganz anderes geht, denn: „Menschen, die sich mit der Klimafrage beschäftigen, stellen irgendwann auch die kapitalistische Wirtschaftsweise infrage.“ Die Klimafrage wird also traktiert, um „die kapitalistische Wirtschaftsweise“ in Frage zu stellen. Und Nike Mahlhaus von Ende Gelände verkündete im engen Schulterschluss mit Neubauer: „Kapitalismus gab es nicht schon immer, und genauso kann er auch enden.“ Ähnliches gilt auch für die Zivilisation, für den Wohlstand – für die Menschheit könnte man den Zynismus fortsetzen.

Worum es eigentlich geht und wofür die Bewegung Fridays for future, die sich von Ende Gelände nur in der Öffentlichkeit unterscheidet, in Wahrheit antritt, macht die grüne Nachwuchspolitikerin Neubauer im gleichen Interview deutlich: „Die Klimakrise ist die Kumulation von multiplen Krisen auf der Welt. Sie ist größer als die Frage unserer steigenden Emissionen.“ Wo Klimakrise draufsteht, ist Klimakrise nicht drin, sondern „die multiplen Krisen auf der Welt“. Alles und nichts, ein Zylinder, aus dem der Klimaretter den Gesellschaftsumbau zaubert. Die steigenden Emissionen, wogegen man doch vorgibt anzutreten, sind also zweitrangig, mithin unwichtig. Man reibt sich schon die Augen: Die Finanzkrise als Treiber der Klimakrise, die Flüchtlingskrise als Verursacher der Klimakrise?

Die Emissionen werden nur als Mittel zum Zweck des Gesellschaftsumbaus angeführt, denn Neubauer lässt selbstsicher die Katze aus dem Sack: „Es geht um unsere imperiale Lebensweise, die neokoloniale Entwicklungszusammenarbeit. Die Klimakrise ist auch eine Krise, die von Männern verursacht wurde.“ Um unsere Lebensweise geht es, um unser Leben. Es mag sein, dass Luisa M. Neubauer ein Problem mit ihrer „imperialen Lebensweise“ hat, aber wo leben die 2,5 Millionen Kinder, die von Kinderarmut betroffen sind, denn imperial? Für die Existenz der Kohlekumpel und ihrer Familien hat sie allenfalls ein Schulterzucken übrig. Das kann man asozial oder egozentrisch nennen oder einen verheerenden Mangel an sozialer Empathie diagnostizieren.

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„Wir fangen da an, wo Fridays for Future aufhört“, sagt Tino Pfaff von Extinction Rebellion, ein fünfunddreißigjähriger Langzeitstudent, für den die Regierung nicht mehr handlungsfähig ist. Deshalb nimmt er sich das Recht heraus, Gesetze zu übertreten, denn: „Regelübertritte sind letztendlich nötig, um die Regierung und die Bevölkerung darauf aufmerksam zu machen, dass wir in eine Klimakatastrophe schlittern.“ Er weiß es also besser als die Regierung und die Bevölkerung, die sich von Tino Pfaff zu belehren und zu kujonieren zu lassen haben. Wenn die demokratischen Institutionen zu schwerfällig sind, dann müssen sie eben der neuen grünen Bewegung FridaysforfutureEndegeländeExtinctionRebellion weichen, wenn die Demokratie nicht die Forderungen dieser Bewegung erfüllt, dann muss die Demokratie eingeschränkt oder suspendiert werden, schließlich geht es um die Klima-Rettung.

Aber geht es denn wirklich um die Klima-Rettung? Je stärker sich diese Grüne Bewegung selbstermächtigt, um so deutlicher wird, dass hinter all den Phrasen der Wille steht, aus unserer Gesellschaft ein Traumland zu machen. Traumländer aber sind totalitär, denn sie beruhen darauf, dass die Demokratie den Träumen einiger zuliebe geopfert wird.

Selten in der Geschichte war so viel Marketing und so wenig Inhalt in einer gesellschaftlichen Bewegung – darin liegt vielleicht das Neue im 21. Jahrhundert. Gesellschaftsveränderung als Marketing.

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