Wenn man mit „Linken“ diskutiert, hat man oft den Eindruck, dass deren Unternehmerbild spätestens in den Anfängen der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts hängen geblieben ist. Einem Bild von ausbeuterischen Kapitalisten, die ihre elenden Lohnabhängigen am ausgestreckten Arm gerade nicht verhungern lassen. Mit Ebenezer Scrooge schuf Charles Dickens in A Christmas Carol von 1843 den bis heute prägenden Prototypen des menschenverachtenden Unternehmers dazu.
Tatsächlich war das schon damals nicht so simpel. Als eines von unzähligen, unbesungenen Gegenbeispielen mag der Deutsche Ferdinand Thun herhalten, der sich als amerikanischer Textilmaschinen- und Textilfabrikant auf dem Betriebsgelände um die ärztliche Versorgung, Bildung, Erholung und Altersvorsorge seiner Mitarbeiter kümmerte – was die Gewerkschaften nicht von gewaltsamen Streiks zur Erzwingung der gewerkschaftlichen Organisation des Werks abhielt, die mit Verletzten und einem Toten einhergingen, obwohl eigentlich zwischen Betriebsführung und Belegschaft Vertrauen herrschte.
Nicht von ungefähr liegen in der Hochzeit der Industrialisierung um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert zugleich auch die Wurzeln von Unternehmer-Initiativen wie den Rotary oder den Lions. Das 19. Jahrhundert gilt als die Blütezeit privater wohltätiger Stiftungen. Nachdem die sich entwickelnden Nationalstaaten noch zu schwach waren, um die drängenden sozialen Fragen zu bewältigen, haben die genauso kapitalistischen wie aufgeklärten Bürger die Verantwortung übernommen.
Das alles und vieles mehr stört „Linke“ nicht, das immer selbe schematische Vorurteil vom kapitalistischen Ausbeuter zu bedienen. „Linke“ und Lehrer. Ob Letztere eher den Lehrerberuf ergreifen, weil sie „Linke“ sind und verbohrte Ansichten über Unternehmer, Kapitalismus und Marktwirtschaft haben, oder ob sie in ihrer Laufbahn dahingehend erzogen werden, sei dahingestellt. Jedenfalls verharrt in der Lehrerausbildung „die Behandlung des Unternehmertums oft in biografisch-anekdotischen oder auch herabsetzenden Darstellungen mit einer Betonung der negativen sozialen Nebenwirkungen von Marktwirtschaft und Unternehmertum“. So die zusammenfassende Beurteilung der ökonomischen Bildung von Lehrern durch Prof. Hans Jürgen Schlösser, Dr. Michael Schuhen und Prof. Dr. Nils Goldschmidt von der Universität Siegen, die im Auftrag des Verbandes Die Familienunternehmer e.V. „Marktwirtschaft und Unternehmertum in deutschen Schulbüchern“ untersucht haben.
Das spiegelt sich dann auch in den Schulbüchern wider. In der Studie wurden u. a. aktuelle Bücher allgemeinbildender Schulen der Fächer Erdkunde/Geographie, Geschichte sowie Politik/Wirtschaft, Sozialkunde und Sozialwissenschaften untersucht. Unternehmer spielen da meistens entweder keine Rolle oder kommen nur am Rande vor – z.B. als technische Erfinder – oder werden haltlos pauschal abgekanzelt: „Die Mehrzahl der Unternehmer kümmerte sich nicht um die Lebensbedingungen ihrer Arbeiter. Nur einige wenige waren daran interessiert die Lage der Arbeiter zu verbessern.“ denk|mal Geschichte 2 über die Zeit der Industrialisierung
Wenn Soziale Marktwirtschaft nicht gleich mit Sozialstaat verwechselt wird, dominiert wenigstens in der Sozialkunde eine „skeptische bis ablehnende Haltung zur Marktwirtschaft“. In der Geografie sind marktwirtschaftliche Verteilungswirkungen nur von Belang, wenn sie Ungerechtigkeiten erzeugen. Der herrschende global und historisch einmalige Wohlstand scheint ansonsten vom Himmel gefallen zu sein. Wenigstens darf er offensichtlich in keinem Fall etwas mit unternehmerischer Verantwortung, Freiheit, Eigentum und Wettbewerb zu tun haben.
Eine tragische Melange, wenn das in den Schulen dann auch noch verknüpft wird mit Deutschlektüren vom Stalin-Friedenspreisträger Bertolt Brecht, vom nach eigener Aussage „verhinderten Kommunisten“ Heinrich Böll („Denn ich halte den Kommunismus immer noch für eine Hoffnung, für eine Möglichkeit des Menschen, sich diese Erde »Untertan zu machen«, ihr Ordnung zu geben …“, DIE ZEIT, 11.8.1967), vom real existierenden Soziallisten Ingo Schulze oder von anderen weniger offenkundig aber nichtsdestoweniger überzeugt antikapitalistischen Autoren.
Nachgerade systematisch werden unsere Kinder schulisch als Bürger eines Schlaraffenlands der Umverteilung erzogen. Kein Wunder, dass die Marktwirtschaft inzwischen massenhaft in Misskredit kommt. Es braucht schon starken familiären Rückhalt, dass jemand am Ende seiner Schullaufbahn auch nur den Hauch einer Ahnung hat, worauf unser Wohlfahrtsstaat baut – auf individuelle Innovationskraft, Risikofreude sowie Leistungswille, Eigenverantwortungsbewusstsein und persönliche Haftungsbereitschaft.
Das hat äußerst weitreichende politische Implikationen. Wenn der unternehmerische Bürger nicht als Triebfeder einer gedeihlichen gesellschaftlichen Entwicklung erkannt wird, schwindet auch die Bedeutung der wirtschaftlichen Freiheit. Individuelle Freiheit wird dann schnell als Egoismus umgedeutet. Ein allseits regulierender Staat erscheint dann als logische Konsequenz.
Die Tragweite der ökonomischen Bildung sollte also nicht unterschätzt werden. Der Forderung des Familienunternehmerverbandes nach der flächendeckenden Einführung eines Schulfachs Wirtschaft ist daher eigentlich richtig. Bleibt allerdings die Frage, wie man die Lehrer dafür ausbildet beziehungsweise wie die Linkslastigkeit der Lehrerschaft generell überwunden werden kann.