Tichys Einblick
Dänische Studie

Der Wohlfahrtsmagnet: Einwanderung in die Sozialsysteme?

Während die Zahl der Nicht-EU-Einwanderer in Dänemark 2016 deutlich zurückging, schnellte sie in Norwegen, Schweden und Finnland steil nach oben. Eine Studie dänischer Forscher unterstreicht eindrucksvoll, dass das Sozialsystem eines Landes einen erheblichen Pull-Faktor darstellt.

IMAGO / Ritzau Scanpix

Dänemark gilt immer wieder in Umfragen als das glücklichste Land der Welt, nach fast allen Maßstäben liegt unser nördlicher Nachbar weit vorn. Dennoch zeigen sich negative Auswirkungen der Masseneinwanderung. Mittlerweile sind fast 13% der Einwohner Dänemarks außerhalb der Landesgrenzen geboren worden.

Seit der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen durch die Tageszeitung Jyllands-Posten und den damit verbundenen Ausschreitungen ist klar, dass auch die Dänen einem Integrationsproblem entgegensehen. Mittlerweile hat der Terror das Land erreicht und die Regierung debattiert, die sog. „Ghettos“ durch Umsiedlungsprogramme aufzulösen.

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In der Debatte um die Migration in westliche Staaten wird erbittert eine Debatte darüber geführt, ob man verfolgten Menschen helfen solle, oder ob lediglich die soziale Hängematte locke. Wie so oft in den letzten Jahren kochen die Emotionen schnell hoch. Daher empfiehlt sich ein Blick auf statistisches Datenmaterial, um eine objektive Perspektive einnehmen zu können.

Die drei dänischen Forscher Ole Agersnap, Amalie Jensen, and Henrik Kleven untersuchten in einem Beitrag für das Fachmagazin die sog. Wohlfahrts-Magnet-Hypothese. Das Sozialsystem in Dänemark gilt, wie in den übrigen nordischen Staaten, als überaus großzügig, Lockt es Einwanderer ins Land oder nicht? Um die These zu überprüfen, untersuchten die Forscher, wie sich die Richtlinien über die Höhe der Sozialhilfe auswirkten.

2002 ließ die Mitte-Rechts-Regierung des Landes die Transferzahlungen für Nicht-EU-Bürger um 50% kürzen. EU-Bürger erhielten hingegen weiterhin volle Bezüge. Diese Politik wurde 2012 durch die Sozialdemokraten aufgehoben und 2015 erneut durch eine Mitte-Rechts-Regierung in Kraft gesetzt.

Tatsächlich zeigt sich, dass die Einschnitte im Sozialsystem tatsächlich die Einwanderung aus Nicht-EU-Staaten begrenzten. Die Werte aus den EU-Mitgliedsländern hingegen blieben im wesentlichen konstant. Der Einbruch ab 2002 dauerte etwa vier Jahre an und verharrte dann auf gleichbleibendem Niveau, der Anstieg ab 2012 dauerte ebenfalls vier Jahre um sich dann wieder einzupendeln. Ab 2015 war ein erneuter Rückgang zu betrachten. Ob wieder die Vier-Jahres-Regel greift, kann noch nicht abschließenden beantwortet werden, da das Datenmaterial nur bis 2017 reicht.

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Ist der Rückgang der Nicht-EU-Einwanderer womöglich darauf zurückzuführen, dass weniger Flüchtlinge aus Syrien in den Norden strömten? In diesem Fall wäre ein schwächerer Push-Faktor und eben kein schwächerer Pull-Faktor die Ursache.

Doch auch diese Vermutung lässt sich widerlegen. Ein Flüchtling könnte sich leicht dazu entscheiden, in eines der anderen nordischen Länder einzuwandern, schließlich bilden sie einen homogenen Kulturraum. Und tatsächlich: Während die Zahl der Nicht-EU-Einwanderer in Dänemark 2016 deutlich zurückging, schnellte sie in Norwegen, Schweden und Finnland steil nach oben.

Auch untersuchten die Forscher ob sich innerhalb der Einwanderer andere Muster abzeichneten. Und tatsächlich: Bei Einwanderern mit einem Arbeits- oder Studentenvisum ließ sich kein Effekt der Sozialkürzungen feststellen. Bei Asylbewerbern oder dem Familiennachzug hingegen schon.

Die Studie der dänischen Forscher unterstreicht eindrucksvoll, dass das Sozialsystem eines Landes einen erheblichen Pull-Faktor darstellt.


von Lukas Mihr

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