Tichys Einblick
Cum-ex ohne Ende

Stolpert Scholz über das Mobiltelefon seines SPD-Genossen Kahrs?

Das Landeskriminalamt beschlagnahmt wegen der Bankenaffäre das Handy des früheren SPD-Strippenziehers Johannes Kahrs. Vor vier Jahren hatten die Ermittler bei Kahrs 200.000 Euro in bar gefunden. Was bedeutet das für Olaf Scholz und Cum-Ex?

Olaf Scholz, damals noch Bundesfinanzminister, mit Manuela Schwesig und Johannes Kahrs am 6. Juni 2019.

picture alliance/dpa | Christoph Soeder

Wie erst jetzt bekannt wurde, hat das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen im Juni 2024 im Rahmen der Cum-Ex-Ermittlungen das Mobiltelefon des ehemaligen Hamburger SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs beschlagnahmt.

Man kann nur hoffen, dass die Auswertung der Telefondaten des Herrn Kahrs endlich mehr Licht in die verworrenen und von höchster Stelle vertuschten Cum-Ex-/Cum-Cum- und Warburg-Bank-Affären bringen. Durch diese Skandale wurde der deutsche Fiskus, also der deutsche Steuerzahler, um 30 bis 40 Milliarden Euro betrogen. Und der Hamburger Warburg-Bank waren – offenbar nur „peanuts“ – 2016 von der Hamburger Steuerverwaltung entgegen den Vorschriften 47 Millionen Steuerschulden erlassen worden. Die Warburg-Bank hatte zwischen 2007 und 2011 durch Cum-Ex-Geschäfte massive Steuerschäden verursacht.

Finanzsenator, dem die Steuerbehörden in Hamburg unterstehen, war von 2011 bis 2018 Peter Tschentscher (SPD), ehe er 2018 Erster Bürgermeister Hamburgs wurde. Erster Hamburger Bürgermeister war damals Olaf Scholz, der sich an die durch Tagebucheinträge ausgewiesenen Gespräche mit dem Chef der Warburg-Bank, Christian Olearius, bekanntermaßen nicht erinnern kann. Ein Untersuchungsausschuss dazu kam im Bundestag bislang nicht zustande. Die CDU/CSU-Fraktion hatte ihn formgerecht beantragt, die „Ampel“ blockierte ihn mit fadenscheinigen Gründen („Ist Hamburger Landessache!“), und das Bundesverfassungsgericht lässt sich Zeit mit der dagegen gerichteten Klage der CDU/CSU. BRD: Bananen-Republik Deutschland eben! TE hat regelmäßig darüber berichtet, zuletzt hier und hier.

Cum-Ex-Affäre
Kahrs – Scholz – Tschentscher: Droht der SPD die Kernschmelze?
Nun also kommt, wenn es denn mit rechten Dingen zugeht, Bewegung in die Affären. Im Zentrum steht erneut Hamburgs vormaliger oberster SPD-Strippenzieher und Olaf-Scholz-Genosse Johannes Kahrs. Kahrs, von 1998 bis 2020 SPD-Bundestagsabgeordneter, geriet bereits 2016 ins Visier der Ermittler, als bekannt wurde, dass er hinter den Kulissen versuchte, auf Entscheidungen der Finanzbehörden Einfluss zu nehmen. Dokumente und Tagebucheinträge zeigen, dass Kahrs in engem Kontakt mit Warburg-Chef Olearius stand. Diese Aufzeichnungen legen nahe, dass Kahrs aktiv versuchte, die Rückforderungen der Finanzbehörden abzuwenden. Welcher Typ Politiker Kahrs war und ist, hatte der mittlerweile verstorbene TE-Mann Tomas Spahn am 8. August 2022 sehr anschaulich dargestellt.

Kahrs ist übrigens im Mai 2020 als Bundestagsabgeordneter zurückgetreten. Offizieller Grund: Er wurde von seiner Fraktion nicht für die Wahl zum Wehrbeauftragten des Bundestages nominiert; die Wahl fiel – von Koalitionspartner CDU/CSU mitgetragen – auf SPD-Frau Eva Högl, die damit den renommierten Vorgänger Bartels (SPD), der gerne eine zweite Amtszeit gehabt hätte, ablöste. Hinter den Kulissen wurde freilich gemunkelt, dass sich Kahrs wegen seiner Verstrickungen in die Bank- und Spendenaffären damit aus der Schusslinie bringen wollte.

Damals, 2020, war vielleicht schon im Busch, dass 200.000 Euro (manche Quellen nennen 210.000) in Kahrs Schließfach gefunden werden könnten. 200.000 wurden denn auch 2022 in unterschiedlich großen Scheinen in einem Schließfach gefunden. Fachleute und Ermittler gingen damals schon davon aus, dass diese Geldsumme im Zusammenhang mit den Verstrickungen von Kahrs in die Cum-Ex-Affäre stehen könnte, nämlich als Gegenleistung für seinen mutmaßlichen Einsatz, die Bank vor einer Steuerrückzahlung in Millionenhöhe zu bewahren. Kanzler Scholz ließ seinen Regierungssprecher Steffen Hebestreit damals erklären, dass er, Scholz, nichts von den 200.000 Euro gewusst habe.

Dass Kahrs gerne Spenden in die Hand nahm, war übrigens bereits 2016 bekannt geworden. Am 23. Dezember 2016 hatte Kahrs fast 30.000 Euro von der Warburg-Gruppe als Spende für die SPD bekommen. Und die Gegenleistung? Man kann ja bis 3 zählen.

Fazit: Die Beschlagnahmung des Mobiltelefons des Herrn Kahrs bzw. die Auswertung der Daten könnte des Kanzlers Olaf Scholz Karriere abrupt beenden. Könnte? Müssten, wenn es denn rechtstaatlich, also ohne Ansehen der Person, zugeht. Die Ermittler erhoffen sich jedenfalls, durch die Untersuchung des Geräts neue belastende Details zu finden, insbesondere in Bezug auf die Kommunikation mit Spitzenpolitikern, darunter Olaf Scholz.

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