Tichys Einblick
Correctiv hat seine Schuldigkeit getan

Der „Potsdam-Wannsee-Deportations“-Plot und seine Wirkung

Der „Potsdam-Wannsee-Deportations“-Plot hat seine Schuldigkeit getan, das Ganze hat durch die Kraft der staatsfinanzierten NGO nun eine Eigendynamik erreicht. Die Ampel-Regierung weiß, weshalb sie die Finanzen von NGO und zuarbeitender „Zivilgesellschaft“ verstetigen will.

IMAGO - Collage: TE

Für alle Filiationen aus dem Marxismus, wie auch die postmoderne Weltanschauung, der man in grünen und seit kürzerem auch in sozialdemokratischen Gefilden huldigt, gilt die Prämisse, dass die Macht zu erobern und auszubauen ist, um die eigene Ideologie total durchzusetzen. Deshalb geht es nicht um das Argument, um den Wettstreit der Ideen, sondern um die Erringung und den Ausbau der Herrschaft, was notwendig mit der Herrschaft über die Institutionen des Staates, der Herrschaft über jede Form von Öffentlichkeit, von den Medien bis zu den Straßen und öffentlichen Plätzen verbunden ist.

Nicht, als sich am 25. November 2023 ein paar Privatleute in Potsdam nicht am Wannsee, sondern am Lehnitzsee privat getroffen haben, nicht im Dezember eröffnete Correctiv unter williger Unterstützung vieler Medien die Kampagne, sondern, als die Proteste der Bauern die Regierung in Bedrängnis brachten, ein Bundesminister sich grundlos auf einer Fähre verbarrikadierte und vor Bürgern floh, die nur mit ihm reden wollten. Als sich immer mehr Mittelständler den Landwirten im friedlichen Protest anschlossen und die Zustimmung in der Bevölkerung auf weit über 70 Prozent kletterte. Das löste anscheinend bei den Regierenden eine massive Panik aus. In ihrer von der marxistischen Theorie des Klassenkampfes adaptierten Technik der Macht erwies es sich als vordringlich, die Deutungshoheit zurückzuerobern.

Auf Hilfsgarden, auf eine Ersatzarmee aus sogenannten NGO, die man seit Jahren finanziert, und die man zusammen mit e.V., Initiativen und Verbänden unter dem Label Zivilgesellschaft geschaffen hat, konnte man sich verlassen. Es bedurfte nur eines Anlasses – und mochte er nur allzu windig sein –, um die Straßen und öffentlichen Plätze zurückzugewinnen und in der Berichterstattung von den Protesten der Bauern, dem Niedergang der Wirtschaft, davon, dass die Ampel als Regierung auf ganzer Linie versagt, abzulenken. Dient die Klimaapokalyptik dazu, die Wirtschaft umzubauen, eine planwirtschaftliche Subventionswirtschaft zu schaffen, dient der „Kampf gegen Rechts“ dazu, jedwede Opposition niederzukämpfen bzw. im Fall der Union sie soweit einzuschüchtern, dass man sie eigentlich nicht mehr Opposition, sondern Teil der Blockpartei nennen muss.

Ein nüchterner Blick auf die Fakten, vor allem auf die Chronologie bestätigt die Darstellung hinlänglich: Am 25. November 2023 trafen sich ein paar Leute aus CDU, AfD, Werteunion, um sich einen Vortrag des Aktivisten und Autors Martin Sellner anzuhören. Verboten ist das nicht – bis jetzt jedenfalls noch nicht. Diskutiert wurde, nach allem, was bis jetzt bekannt ist, über politische und gesellschaftliche Fragen wie über das Migrationsproblem und über Briefwahlen. Auch das ist nicht verboten. Deportationspläne, wie vom Portal Correctiv insinuiert und von vielen rotgrünen Medien kolportiert, wurden nicht entwickelt. Sie entsprangen, wie man jetzt sieht, der Meinung der Correctiv-Aktivisten. Selbst, wenn sie entwickelt worden wären, was sie nicht sind, hätte das keinerlei rechtliche und politische Relevanz, da es sich um ein privates Treffen von Personen handelte, die über keinen nennenswerten staatlichen oder gesellschaftlichen Einfluss verfügen.

Woher Correctiv und Greenpeace Kenntnis von diesem Privattreffen bekamen, bleibt völlig im Dunkeln. Denn nicht nur Correctiv-, sondern auch Greenpeace-Aktivisten, die sich eigentlich mit diesen Dingen nicht beschäftigen, inszenierten „investigativen Journalismus“ mit „versteckten Kameras“. Es stellt sich die Frage, wer über die Technik verfügt, um das private Treffen abhören zu können, denn Correctiv behauptetet, sich mindestens auf Wortprotokolle zu stützen (widerspricht sich da aber auch schon mal selbst i.P. Tonaufzeichnungen, mal ja, mal nein), auf deren Grundlage auch die „szenische Lesung“ des Berliner Ensembles entstanden sein soll. Thomas Haldenwang  prahlte Ende Januar vor ausgewählten Journalisten über die Teilnehmer des Treffens: „Wir kennen sie alle.“ Offensichtlich hatte der Verfassungsschutz schon im Vorfeld Kenntnis.

TE fragte das Bundesamt für Verfassungsschutz:
Frage 1: Besaß das Bundesamt für Verfassungsschutz im Vorfeld Kenntnis vom Stattfinden des Treffens?
Frage 2: Woher besaß das Bundesamt für Verfassungsschutz Kenntnis von diesem Treffen?
Frage 3: Weshalb interessierte sich das Bundesamt für ein Treffen von Privatleuten, für ein privates Treffen?
Frage 4: Welche Gefahr sah das Bundesamt für die innere Sicherheit in Deutschland in dem Treffen?

Und erhielt die Antwort:
„Wir bitten um Verständnis, dass sich das BfV zu derartigen Sachverhalten grundsätzlich nicht äußert.“

Geäußert hat sich stattdessen am 17. Februar 24 der Focus: „Österreichs Geheimdienst DSN informierte bereits im Spätherbst vergangenen Jahres das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) über die Zusammenkunft der Rechtsextremen.“ Also besaß das Bundesamt doch Kenntnisse. Und es kommt noch dicker. Denn Haldenwangs Bundesamt hat die zuständige Landesbehörde in Brandenburg nicht informiert. „Die haben uns wie Provinzheinis behandelt“, schimpfte ein hochrangiger Beamter laut Focus.

Hat Haldenwangs Bundesamt stattdessen Greenpeace und Correctiv sozusagen in diesem Fall als so etwas wie einen verlängerten Arm des Verfassungsschutzes informiert oder zumindest „neugierig gemacht“?

Daher stellte TE dem Bundesamt für Verfassungsschutz weitere Fragen:
Frage 5: Hat das Bundesamt Greenpeace oder/und Correctiv über dieses Treffen informiert? Wenn ja, wann?
Frage 6: Hat das Bundesamt Correctiv oder/und Greenpeace unterstützt, Material zur Verfügung gestellt, logistische Unterstützung gewährt?
Frage 7: Hat das Bundesamt in irgendeiner Weise und zu irgendeinem Thema mit Correctiv zusammengearbeitet oder war es in Kontakt mit Correctiv?
Frage 8: Stand oder steht das Bundesamt für Verfassungsschutz in Kontakt mit einer anderen zivilgesellschaftlichen Organisation im Zusammenhang mit dem Potsdamer Treffen?

Das Bundesamt antwortete zirkelschlüssig:
„Eine derartige ‚Zusammenarbeit‘ ist nicht erfolgt. Im Übrigen ist eine derartige ‚Zusammenarbeit‘ rechtlich nicht vorgesehen.“

Weil eine „derartige ‚Zusammenarbeit‘“, wonach in Frage 7 gefragt wird, nicht vorgesehen ist, hat sie auch nicht stattgefunden? Aber es wurde ja nicht nur nach einer derartigen „Zusammenarbeit“ gefragt, sondern auch, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz Greenpeace oder Correctiv Informationen über das private Treffen durchgestochen hat.

Hat das Bundesamt für Verfassungsschutz die Potsdamer Behörde deshalb nicht informiert, weil sie nicht Gefahr laufen wollte, dass eigene Ermittlungen der Brandenburger die Arbeit der Hobbyschlapphüte von Correctiv und Greenpeace gestört hätten? Wie hätten die Kölner den Potsdamern die Detektivspiele der Correctiv- und Greenpeace-Aktivisten, die noch dazu illegal waren, erklären sollen?

Denn eins steht fest: Rechtlich, aus Gründen des Verfassungsschutzes besaß das private Treffen in Potsdam keine Relevanz. Interessant war es nur aufgrund der medialen Verwertung. Diese Rechnung ging in manipulativer Weise auf. Greenpeace behauptete auf Anfrage von TE, dass die Umwelt-NGO durch Einladungsschreiben, die ihnen zugespielt worden wären, Kenntnis erhalten hatte. Doch wollte Greenpeace TE keinen Einblick in die „geheimnisvollen“ Einladungen zum grundstürzenden „Geheimtreffen von Potsdam“ gewähren. Auch soll ein Rechercheur von Correctiv vor lauter Nervosität schon, bevor die Einladungsschreiben verschickt worden waren, sich im Landhaus Adlon eingebucht haben.

Correctiv behauptete, sie wären von Insidern aus dem Kreis der Privatleute heraus informiert worden, woher auch die Wortprotokolle stammten. TE hatte noch eine letzte Frage dem Bundesamt für Verfassungsschutz gestellt:
Frage 10: Die Süddeutsche Zeitung schrieb in einem Artikel am 19.02.2024: „Auch deshalb, weil zusätzlich zu den V-Leuten noch mehrere Hundert hauptamtlicher Verfassungsschutzmitarbeiter im Einsatz sind, die in sozialen Netzwerken mit gefälschten Accounts als Rechtsextreme posieren.“ Stimmt die Aussage der Süddeutschen?

Vielsagend lautet die Antwort des Verfassungsschutzes darauf:
„Das BfV nimmt zu Angelegenheiten, die etwaige nachrichtendienstliche Tätigkeiten betreffen, grundsätzlich nicht öffentlich Stellung. Damit ist keine Aussage darüber getroffen, ob die Sachverhalte zutreffend sind oder nicht. Das BfV berichtet zu entsprechenden Themen insbesondere der Bundesregierung und den zuständigen, geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestages.“

Wenn die Aussage nicht zutrifft, warum dementiert das Bundesamt diese Aussage nicht, wie sie es klar und deutlich in der Antwort auf Frage 7 getan hat? Wenn die Aussage der Süddeutschen Zeitung zutrifft, denn das Bundesamt äußert sich nicht darüber,„ob die Sachverhalte zutreffend sind oder nicht“, dann stellt sich die Frage, ob der „Informant“, wenn es ihn denn gibt, nicht ein V-Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutzes war, das ja seit Ende September laut Focus Kenntnis über das Treffen besaß.

Es stellt sich die beunruhigende Frage, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz selbst die Belege produziert, die das Bundesamt benötigt, um in den politischen Wettbewerb, in die demokratische Willensbildung einzugreifen?

Auch aus diesem Grund bat TE die Landesämter für Verfassungsschutz von Sachsen und Thüringen, die „Gutachten“ offenzulegen, auf deren Grundlage die Einschätzung des Thüringer und des Sächsischen Landesverbandes der AfD als „gesichert rechtsextrem“ beruhen. Beide Landesämter verweigerten der Öffentlichkeit die Möglichkeit, sich selbst einen Eindruck zu verschaffen, wie zutreffend, wie unparteiisch die Eischätzung der Landesämter ist. Das aber ist geboten, wenn der Chef eines der beiden Landesämter dem Beirat der Amadeu Antonio Stiftung angehört und der Chef des Bundesamtes, Thomas Haldenwang, öffentlich erklärt, dass er die Aufgabe des Verfassungsschutzes darin sieht, in den demokratischen Wettbewerb einzugreifen und die Wahlergebnisse der AfD zu reduzieren. Mit dieser Aussage kann das Bundesamt natürlich nicht mehr als überparteilich angesehen werden.

Als Correctiv aus Potsdam abreiste, hatte das Aktivistenportal nichts, aber auch gar nichts in der Hand. Die Enttäuschung dürfte groß gewesen sein. Die AfD stieg weiter in den Umfragen, die Proteste der Bauern erfreuten sich großer Sympathie, die Wirtschaftsdaten wurden immer desaströser – und die Regierung hatte nichts zu bieten – außer vielleicht einen Verschwörungsplot. Bei Correctiv arbeitet auch Jean Peters, ein Aktivist, dessen ausgeprägtes Gespür für Demokratie bei dem doch eher terroristischen Peng-Kollektiv ein ausgiebiges Betätigungsfeld wie Tortenwürfe auf Beatrix von Storch fand.

Peters Verhältnis zur Wahrheit ist ein rein funktionales. So beschrieb er seine Tätigkeiten selbst, bevor auch dieser Eintrag geändert wurde (aber in der Wayback Machine festgehalten ist): „Ich entwickele Aktionen und erfinde Geschichten, mit denen ich in das politische und ökonomische Geschehen interveniere. Besonders wichtig dabei: Mit der passenden Medienstrategie Aufmerksamkeit erregen, den gesellschaftlichen Diskurs anregen und so zum Wandel beitragen.“

Der maßgeblich involvierte Peters erfindet also Geschichten. Correctiv auch? Diesen Satz hat Peters, seit die Correctiv-Räuberpistole sich als Fake erweist, durch folgenden ersetzt: „Ich arbeite mittlerweile als investigativer Journalist bei Correctiv, dem größten gemeinwohlorientierten Medienhaus in Deutschland. Früher habe ich Aktionen entwickelt, mit denen ich in das politische und ökonomische Geschehen intervenierte.“ Besser ist es nicht geworden, intervenieren heißt manipulieren.

Correctiv entging einer Niederlage vor Gericht nur dadurch, indem das Aktivisten-Haus Texte im Nachhinein intransparent veränderte und ihr eigener Anwalt erklärte, dass Correctiv keine Tatsachen, sondern nur Meinungsäußerungen publiziert, nur Interpretationen von dem, was Correctiv glaubte, von den Teilnehmern des privaten Treffens gehört zu haben.

Höchst bedenklich ist, dass aufgrund dieser „Meinungsäußerung“ politischer Aktivisten, die viele Medien, darunter auch die Öffentlich-Rechtlichen als Tatsachen verkaufen, dass aufgrund dieser „Meinungsäußerung“ politischer Aktivisten, Hunderttausende auf die Straße gehen und für die Aberkennung von Bürgerrechten, für die Einschränkung von Freiheit und Demokratie plädieren und die Regierung diese Aufmärsche als Rechtfertigung heranzieht, die Grundrechte einzuschränken, im „Kampf gegen Rechts“, wie sie es schon einmal tat, im Kampf gegen die Pandemie, und wie sie es tut im Kampf gegen den Klimawandel.

In einem Rechtsstaat müssten die Bundesinnenministerin und der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutzes zurücktreten, weil sie einer Zeitungsente auf den Leim gegangen sind. Sie müssten noch nicht einmal an deren Verfertigung einen Anteil haben.

Der Anlass der Aufmärsche für die Einschränkung der Demokratie hat sich als Fake erwiesen. Das aber soll de facto keine Rolle spielen. Die ganze Geschichte wirkt wie eine Geheimdienstintrige. Der „Potsdam-Wannsee-Deportations“-Fake hat seine Schuldigkeit getan, das Ganze hat durch die Kraft der staatsfinanzierten NGO nun eine Eigendynamik erreicht. Die Ampel-Regierung weiß, weshalb sie die Finanzen von NGO und zuarbeitender „Zivilgesellschaft“ verstetigen will.

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