Wer dachte, dass der Gipfel der kognitiven Dissonanz in Deutschland damit erreicht sei, dass ein ehemaliger Manager von Goldman Sachs als Mitglied der Arbeiterpartei SPD Finanzminister wird, hat sich getäuscht: Den Vogel schießt nun stattdessen Jeannette Gusko ab, Co-Geschäftsführerin des Medienportals „Correctiv“. Die geht nun ins Wahlkampfteam von Robert Habeck.
Freilich beeilt sich das Portal, das „unabhängigen, überparteilichen Journalismus“ als Kern seiner Arbeit versteht, uns darüber zu informieren, dass Gusko als Geschäftsführerin keinerlei redaktionellen Einfluss auf Correctiv gehabt habe. Sicherlich ebenso wenig Einfluss wie die Millionen an Fördergeldern, die das Medium vom deutschen Staat erhalten hat. Na, dann ist ja alles gut.
So etwas kann passieren, wenn Aktivismus und Journalismus miteinander verwechselt werden. Dennoch ist die Selbstdarstellung als „unabhängig“ keinesfalls unehrlich: Menschen wie Gusko sind, wie man an der Entscheidung, Correctiv zu verlassen, ablesen kann, Überzeugungstäter. Sie würden auch ohne einen Cent vom Staat genauso unreflektiert die Agenda vorantreiben, an die sie aus ganzem Herzen glauben, und dies aufrichtig als Berichterstattung empfinden. An Authentizität fehlt es solchen Akteuren nicht. Zudem ist Gusko lediglich Ausdruck eines Systems: Ihr Wechsel demonstriert bloß besonders augenfällig die Verflechtungen von Politik, Journalismus und NGO-Aktivismus, die die Meinungsbildung in Deutschland nonchalant in gewünschte Bahnen lenken, während man trotz maximaler Intransparenz schamlos den Nimbus von Unparteilichkeit und Ausgewogenheit vor sich herträgt.
Umso besser also für uns alle, wenn Jeannette Gusko sich ehrlich macht. Und wer weiß, vielleicht ist eine aufrechte Streiterin gegen Desinformation im Team Habeck genau richtig: Dieser meint schließlich nicht nur, dass Bäche womöglich aufwärts fließen könnten, er ist auch allen Ernstes der Auffassung, nach seinem Totalausfall als Wirtschaftsminister nun Kanzler werden zu können.
Das schreit nach einem Correctiv.