Tichys Einblick
Corona-Update 14. Dezember 2021

Die Omikron-Welle erreicht Deutschland – und könnte alles verändern

Omikron dürfte bald auch in Deutschland vorherrschend sein. Schlecht muss das nicht unbedingt sein, die Fälle sind bisher ausgesprochen harmlos. Die Impfstrategie der Bundesregierung wird sich allerdings nicht länger halten lassen.

IMAGO / NurPhoto

In den nächstren Tagen bereits könnte sowohl in Dänemark als auch in Großbritannien die Omikron-Variante über 50 Prozent der Corona-Neuinfektionen ausmachen. Eine neue Welle an Infektionen dürfte also wohl auch in Deutschland in den nächsten Wochen zu erwarten sein – wie gefährlich die allerdings sein wird, ist fraglich.

Die Wirkung der zugelassenen Impfungen lässt bei dieser Variante deutlich nach: Eine Laboruntersuchung der Virologin Sandra Ciesek ergab, dass die Immunantwort um das 37-Fache im Vergleich zu Delta reduziert ist. Sechs Monate nach der Zweitimpfung ist die Neutralisation auf null Prozent gesunken. Das ließ zunächst noch keine Schlüsse auf die Wirkung der Impfstoffe gegen schwere Verläufe zu.

 

Eine Studie von Wissenschaftlern der Ludwigs-Maximilians-Universität München ergab, dass die Omikron-Variante „die Immunantworten bis zu einem gewissen Grad“ umgehe. Sowohl bei doppelt als auch bei dreifach Geimpften kam es zu symptomatischen Verläufen – das klinische Erscheinungsbild war „leicht bis mittelschwer“. Die Autoren schreiben: „Diese Serie beweist, dass selbst drei Dosen mRNA-Impfstoffe möglicherweise nicht ausreichen, um Infektionen und symptomatische Erkrankungen mit der Omicron-Variante zu verhindern.“

Der Schutz vor einem symptomatischen Verlauf soll ersten britischen Daten zufolge bei lediglich 35 Prozent liegen. Gleichzeitig scheint die Variante mildere Verläufe zu erzeugen. In Südafrika ist trotz einer Rekordzahl an Neuinfektionen bisher kaum eine Zunahme der Hospitalisierungen oder Todeszahlen zu verzeichnen. In ganz Südafrika gibt es im 7-Tage-Mittel aktuell nur 25 Corona-Tote – nicht einmal ein Zehntel der Zahl, die Südafrika bei vergangenen Wellen bei ähnlich hohen Infektionszahlen zu verzeichnen hatte. Möglich, dass Tote hier noch folgen, doch der Eindruck wird von Medizinern vor Ort verstärkt.

Etwa aus Gauteng, der am stärksten betroffenen Provinz in Südafrika – hier berichten Mediziner, dass deutlich mildere Symptome auftreten würden als bei den letzten Wellen. Dr. Angelique Coetzee, Vorsitzende der South African Medical Association und die erste Ärztin, die die Behörden vor der Variante warnte, sagte zu den bisher von ihr behandelten Fällen gegenüber der BBC: „Bis jetzt haben wir sehr milde Fälle gesehen. Ich weiß nicht, warum alle in Aufregung sind.“ Sie sprach auch an anderer Stelle von „sehr, sehr milden Fällen“.

Omikron wird nicht das Ende dieser Entwicklung sein

Biontech entwickelt gerade einen neuen speziellen Omikron-mRNA-Impfstoff – dieser kann aber frühestens Ende März ausgeliefert werden.

Das zeigt: Der jetzige Impfschutz reicht in keinem Fall aus, um eine Omikron-Welle zu verhindern. Auch Doppelt-Geimpfte können sich nun genauso infizieren und das Virus genauso weitergeben wie Ungeimpfte. Eine Booster-Impfung, die eventuell einen höheren Schutz bietet, haben aktuell nur gut 20 Prozent der Deutschen erhalten.

Doch die neue Bundesregierung beschäftigt sich vor allem damit, die Impfpflicht nicht nur für einzelne Berufe, sondern für die ganze Bevölkerung auf den Weg zu bringen. Dabei ist jetzt schon klar, dass die kaum etwas bringen kann. Denn im März wird man es aller Voraussicht nach praktisch nur noch mit Omikron zu tun haben, und hier wirkt die zweite Impfung kaum noch gegen die Verbreitung des Virus, die dritte Impfung eventuell und dann möglicherweise erst die vierte wirklich – und wie lange?

Es tritt genau der Effekt ein, den zahlreiche Wissenschafter (unter anderem  hier auf TE) genauso vorhergesehen haben, so auch Christian Drosten: Neue Varianten verändern alles. Sie werden jeden Impfschutz immer wieder umgehen. Omikron wird nicht das Ende dieser Entwicklung sein. Genau deshalb ist die Impfstrategie der Bundesregierung so sinnlos: Die Impfung mag zwischenzeitlich vor einem schweren Verlauf schützen, aber kann keine neue Welle aufhalten.

Spätestens Omikron sollte zum Umdenken anregen: Denn wenn man stur auf dem bisherigen Kurs bleibt, wird man in eine Endlosschleife mit regelmäßigen Impfungen kommen, das Problem langfristig aber dennoch nicht lösen können.

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