Für manche Menschen war Corona der entscheidende Karriere-Helfer. Für Karl Lauterbach zum Beispiel. Ohne die Pandemie wäre der Mann mit der gehäckselten Syntax und dem näselnden Singsang immer noch das, was er tatsächlich ist: ein schrulliger Möchtegern-Politiker. Ein Kauz.
Doch weil Markus Lanz in ihm während der Pandemie einen Quotenbringer entdeckte, durfte Lauterbach sich im ZDF-Studio häuslich einrichten und seinen Hauptwohnsitz dorthin verlegen. Und weil die Parteistrategen der Berliner Blase die Medienwirklichkeit mit der richtigen Welt verwechseln, spülte die Corona-Bekanntheit Lauterbach schließlich bis an die Spitze des Gesundheitsministeriums.
Dort erkennt man jetzt, dass dem Mann sowohl medizinisch als auch politisch eine echte und brauchbare Expertise fehlt. Aber der Schaden ist nun schon angerichtet, und er wird täglich größer.
Für Melanie Brinkmann lief es nicht ganz so gut. Offiziell Virologin, tatsächlich aber „No-Covid“-Aktivistin, war sie einst das inoffizielle Sprachrohr von Angela Merkels Corona-Beraterstab (der bekanntlich nur dazu da war, für die angstgetriebene Politik der hypochondrisch veranlagten Kanzlerin stets die pseudo-wissenschaftlichen Argumente beizusteuern).
Brinkmann war die treibende Kraft hinter der radikalen Selbstermächtigung und den Grenzüberschreitungen der Anti-Virus-Maßnahmen. Aber ihr fehlt Lauterbachs psychedelische Rhetorik. So ist sie heute weitgehend vergessen und fristet ihr Dasein wieder als unscheinbare Wissenschaftlerin ohne bemerkenswerte Leistungen.
Alena Buyx dagegen strebt, wie Lauterbach, ganz offenkundig nach Höherem. Und sie ist dabei nicht zimperlich.
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Die Medizinerin ist Vorsitzende des Deutschen Ethikrats. Der berät die Bundesregierung, wenig überraschend, in ethischen Fragen. Buyx tat sich in den drei Jahren der Pandemie dadurch hervor, dass sie auch noch die absurdesten Regierungsmaßnahmen „aus ethischer Sicht“ zu rechtfertigen wusste.
„Die massive Bedrohung von Leben und Gesundheit vieler Menschen, die durch einen möglichen exponentiellen Anstieg von Infektionszahlen, von schweren Krankheitsverläufen und – daraus resultierend – der Überlastung des Gesundheitssystems gegeben ist, rechtfertigt prinzipiell die derzeitigen, sehr weit gehenden Maßnahmen.“
Das ließ Buyx ihren Ethikrat im Februar 2021 in die Welt blasen. Sie hat es nie zurückgenommen oder sich gar dafür entschuldigt.
Die sogenannte 2G-Regel – also Hausverbot für alle Menschen, die nicht geimpft oder genesen waren – erklärte sie im Oktober 2021 für „sinnvoll und wichtig“. Sie hat es nie zurückgenommen oder sich gar dafür entschuldigt.
Im Dezember 2021 empfahl ihr Ethikrat eine „Ausweitung der gesetzlichen Impfpflicht“. Auch diese Empfehlung hat Buyx nie zurückgenommen oder sich gar dafür entschuldigt. Stattdessen erklärt sie heute, der Rechtsstaat und die parlamentarisch-demokratische Kontrolle hätten doch „im Großen und Ganzen gut und belastbar funktioniert“.
Nun hat sich inzwischen der gesellschaftliche Wind bei der Beurteilung der staatlichen Zwangsmaßnahmen, der Impfung und der Pandemie insgesamt bekanntlich gedreht. Für die Sturmgeschütze der freiheitsfeindlichen (und, wie wir ja wissen, obendrein nutzlosen) Zwangsmaßnahmen des autoritären Staates stellt sich da natürlich die Frage, wie sie halbwegs unbeschadet aus der Nummer wieder herauskommen.
Buyx wählt jetzt einen durchaus originellen Ansatz: Sie versucht, kalt lächelnd die Geschichte zu ihren Gunsten umzuschreiben.
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In einer Interview-Offensive startet Buyx einen Generalangriff auf die Wahrheit.
Im ZDF beklagt sie allen Ernstes die fehlende Aufarbeitung der Corona-Zeit. Dabei hat sie die selbst mit großem Aufwand und aus durchsichtigem Eigennutz hintertrieben – zum Beispiel in der Hauspostille der Corona-Fanatiker, der „Zeit“, mit dem perfiden Argument: „Eine von Wut getriebene Suche nach Schuldigen hilft überhaupt nicht.“
Dann ist sich Buyx nicht zu schade, in gewohnt selbstgefälligem Allwissenden-Tonfall eine geradezu skandalöse Täter-Opfer-Umkehr vorzunehmen. Die Aufarbeitung „wäre so wichtig gewesen, gerade mit Blick auf die Jungen. Da gab es eine unerwiderte Solidarität“.
Wir erinnern uns: Hunderttausende alte Menschen wurden endlos lange in ihren Pflege- und Wohnheimen isoliert. Über viele Monate durften sie keinen Besuch empfangen, waren vom sozialen Leben komplett abgeschnitten. Tausende Alte starben einsam und ohne jeden Beistand, weil in ihrer letzten Lebensstunde von den Krankenhäusern noch nicht einmal die engsten Angehörigen vorgelassen wurden.
All das geschah maßgeblich auf Betreiben von Buyx und ihren gewissenlosen Gesinnungsgenossen. Und ausgerechnet diese Frau erdreistet sich jetzt, über eine angeblich „unerwiderte Solidarität“ der Jungen zu fantasieren.
In der Disziplin Geschichtsklitterung schafft es die Münchener Professorin auf ein ansehnliches Niveau. „Wir vom Ethikrat haben immer betont: Sieh‘ den Menschen, lehne Andersdenkende nicht sofort ab.“
So war es laut Buyx.
Tatsächlich war es so:
„Wer partout das Impfen verweigern will, der sollte, bitte schön, auch ständig ein Dokument bei sich tragen mit der Aufschrift: Ich will nicht geimpft werden. Ich will den Schutz vor der Krankheit anderen überlassen. Ich will, wenn ich krank werde, mein Intensivbett und mein Beatmungsgerät anderen überlassen.“
Das forderte im Dezember 2020 in einem Brandbrief der Humangenetiker Wolfram Henn. Der Mann war damals Mitglied des Ethikrats.
Seine Vorsitzende Buyx hat ihm nicht widersprochen.
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Das moderne Deutschland zeichnet sich auch dadurch aus, dass man für Linientreue wieder Orden bekommt.
2021 erhielt Buyx den Deutschen Nationalpreis „für ihren Einsatz für den gesellschaftlichen Zusammenhalt während der Coronakrise“ (kein Witz). Markus Söder verlieh ihr vor kurzem den Bayerischen Verdienstorden. Dafür revanchiert sich die 45-Jährige mit Sätzen wie: „Bei aller Kritik muss man redlich bleiben.“ Oder auch: „Dieses Gerede von einer gespaltenen Gesellschaft halte ich für Quatsch.“
Alena Buyx hält Bigotterie durchaus für ein ethisches Konzept. Das zeigt eine lustige Begebenheit aus ihrem Privatleben. Die wäre hier normalerweise natürlich tabu, aber die Dame selbst hat die Sache gegenüber den Medien ausgiebig thematisiert.
Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar war 2022 für unser juste milieu ja nicht wegen des Sports, sondern wegen der Menschenrechtslage im Gastgeberland ein beliebtes Thema. Da musste die selbsternannte moralische Leitfigur Buyx natürlich Orientierungshilfe leisten.
„Meine Söhne werden sich ausgewählte WM-Spiele anschauen. Und wir haben entschieden: Sie machen dann immer eine Spende für jedes Spiel. Für welche Menschenrechtsorganisation, bestimmen sie.“
Falls Ihnen das Prinzip bekannt vorkommt: Genauso funktionierte einst der Ablasshandel der Katholischen Kirche. Man durfte sündigen – solange man für die Sünden dann zahlte. Je größer die Sünde, desto größer die Geldsumme, die man nach der Beichte zum Ausgleich und für die göttliche Vergebung in die Kirchenkasse fließen lassen musste.
Und genau diese Praxis schlägt nun die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates den Deutschen als moralisches Verhalten und als geeignetes Instrument zur Kindeserziehung vor.
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