Während Justizministerin Christine Lambrecht ein härteres Durchgreifen fordert, erklärt ein Stuttgarter Polizist, warum Eskalation seiner Ansicht nach falsch ist. Am Donnerstag sagte der Leiter der Schutzpolizei Carsten Höfler bei einer Sondersitzung des Stuttgarter Gemeinderats, die sich mit der Corona-Demo vom Ostersamstag beschäftigte: “Wir hatten Tausende Menschen aus der bürgerlichen Mitte, die völlig friedlich dort stehen. Und dann sollen wir diese Menschen notfalls und mit unmittelbarem Zwang – also mit Pfefferspray, Schlagstock und Wasserwerfern – vom Cannstatter-Wasen-Gelände heruntertreiben. Das ist unverhältnismäßig.”
Er habe vollständiges Verständnis für das Spannungsfeld zwischen Versammlungsfreiheit und Infektionsrisiko, sagte Höfler weiter. Aber polizeiliches Eingreifen hätte das Infektionsrisiko bloß erhöht. “Mit dem Wissen, dass wir das Infektionsrisiko verschlechtern, sollen wir womöglich viele Verletzte produzieren, um nachher zu sagen: “Wir haben gehandelt”. Das steht außer Verhältnis”, sagte Höfler.
Derweil ruft Bundesjustizministerin Christine Lambrecht die Polizei auf, härter auf Corona-Demos durchzugreifen. Die Polizei müsse “glasklar eine rote Linie” ziehen, wenn es zu strafbaren Handlungen oder massiven Verstößen gegen den Infektionsschutz komme, sagte die SPD-Politikerin am Freitag. Das berichtete n-tv unter Berufung auf die Funke Mediengruppe. “Neben der strafrechtlichen Verfolgung gehört dazu auch, dass Demonstrationen als letzte Konsequenz durch die Polizei aufgelöst werden müssen”, sagte sie. Das Verhalten einiger Demonstranten sei “absolut nicht hinnehmbar”.
Am heutigen Samstag versammeln sich Maßnahmen-Kritiker erneut in Stuttgart. Die Organisatoren ziehen derzeit vor das Bundesverfassungsgericht, um ein Verbot der Versammlung zu kippen, wie Querdenken Stuttgart mitteilte. Man habe die Schriftsätze am Samstagmorgen eingereicht, heißt es. Laut Medienberichten haben Gerichte Demonstrationen in Kempten und Dresden ebenfalls untersagt. Initiator des Protests ist das Bündnis “Es reicht”, das am Samstag zu Demos in 16 Städten aufgerufen hat.