Wie die beiden da zu Tisch saßen unterm aufgespannten Pavillon im Park von Schloss Meseberg in Brandenburg, konnten Erinnerungen wach werden an die Bilder des Thekengesprächs, als „Giuseppi“ Conte damals die Kanzlerin um Rat fragte, am Rande des Weltwirtschaftsgipfels in Davos (TE berichtete).
Dort startete der smarte wie aalglatte Conte seine Charme-Offensive, und die Kanzlerin fühlte sich durchaus geschmeichelt, so gefragt zu sein, und lehnte Contes Einladung zum „Caffé“ (Espresso) natürlich nicht ab. So standen sie ganz unkompliziert am Tresen einer Bar.
Beide, die Deutsche und der Italiener, führten ungezwungen, aber nicht ganz unbeobachtet einen politischen Smalltalk zur Lage vor den nächsten Wahlen in Italien, wo Conte einst noch mit der Lega und den Fünfsternen regierte, und zur Europa-Wahl generell.
Den Ton konnte man damals schwach vom Handy-Video entnehmen, aber auch Lippenleser hatten keine Mühe herauszudechiffrieren, wie devot, sich aber zugleich krampfhaft locker gebend, Giuseppe Conte die Kanzlerin um Rat fragte, was man denn tun könne, die „Rechtspopulisten“ um Matteo Salvini doch irgendwie klein zu halten.
Im Park von Schloss Meseberg unterhielten sich die phlegmatische Deutsche und der italienische Premier erst ein Stündchen nur für sich, ehe sie gemeinsam vor die Presse traten.
Die Bundeskanzlerin, ganz die EU-Anführerin, zu der sie viele erklären, lobte zwar gleich zu Beginn die Italiener in tutti für ihre eiserne Disziplin, die Massenquarantäne und den Lockdown (weit härter als in Deutschland) durchgezogen zu haben, aber nur, um danach gleich klarzustellen, dass die Bundesrepublik als Hauptgeldgeber in der EU auch die Kontrolle innehaben würde, damit die Coronahilfen auch richtig eingesetzt würden.
Und Giuseppe Conte, dem das Wasser, auch wenn er sich das nicht anmerken lassen möchte, in Italien bis zum Halse steht, knickte beim Besuch in Deutschland dann auch ein. In Italien warten immer noch Millionen von Bürgern auf einen italienischen „Wumms“, denn bis dato mussten die meisten mit Miniüberweisungen eher darben, etliche Betriebe stehen vor der Insolvenz, oder stecken bereits mittendrin.
Und nun möchte Premier Conte für die möglichen Euro-Milliarden auch fast alle Zugeständnisse an die EU um Merkel und Ursula von der Leyen machen.
Dass Italien von der Pandemie ohne eigenes Verschulden getroffen wurde, sei allen klar, und die Konditionen für den Erhalt der Aufbauhilfen aus dem Recovery-Fund müssten auch umsetzbar sein, unterstrich Conte. Das Gespräch mit Angela Merkel sei diffizil aber stets auf Augenhöhe gewesen, wie auch die Tageszeitung Il Fatto Quotidiano vermeldete.
Angela Merkel wiederum hob die Idee des Zusammenhalts in Europa hervor, von dem aber während der ärgsten Wochen in der Pandemie nichts zu spüren war.
Dass die Kanzlerin Conte aber vor der Mini-PK die Richtung vorgegeben habe, wurde schnell deutlich sichtbar, meint Il Giornale. Premier Giuseppe Conte schließe seine Europatournee eher enttäuschend bis nichtssagend ab. Es sei eine Tour, bei der der Ministerpräsident eher davon profitierte, wenig erreichen zu können, denn außer Streicheleinheiten (für sein Ego), gab es nicht die erhofften finanzielen Segnungen. Nein, hart gehen die Beobachter mit Conte ins Gericht, seine Reise diente nur dazu, das Bündnis mit Merkel zu stärken.
Die Bilder aus Meseberg würden quasi eine vollständige Übereinstimmung zwischen den beiden Führern zeigen. Conte als Leader der Südeuropäer gebe sich der deutschen Regierung gegenüber sehr unkritisch.
Jedes Wort von Contes, so resümmiert Il Giornale, diente dazu, öffentlich die Loyalität gegenüber dem deutschen (oder deutsch-französischen) Projekt und die Notwendigkeit der Freundschaft mit der Kanzlerin sowie der deutschen EU-Führung zu demonstrieren. Diese Pressekonferenz glich eher einer Kapitulation.
Das Treffen ergab keine konkreten Antworten auf den europäischen Plan für Italien. Auch Merkel scheute sich, einen Hilfe- oder Zeitplan vorzugeben. Stattdessen gab Giuseppe Conte zu Protokoll, dass es doch selbstverständlich sei, für die zu erhaltenden Hilfen auch Rechenschaft abzugeben.
Das war dann die ganze devote Nummer des Premiers, ganz nach dem Geschmack der EU, mögliche Zauderer und Kritiker doch noch umzustimmen. Die italienische Opposition dagegen sagt ganz klar Nein zu einem Finanzierungsdiktat der EU, als Coronahilfe deklariert.
Nicht nur die regierungskritische italienische Presse konnte dem Auftritt des Premiers wenig abgewinnen. Selbst die linksliberale La Repubblica erwähnte dann schon lieber im Vorspann die Briefübergabe Contes für die betroffenen Familien des Thyssen-Krupp-Unglücks vor über zwölf Jahren. Wenigstens einen Erfolg brauchte der Premier schließlich auf seiner Reise.