Tichys Einblick
Brief an die Kulturbeauftragte

Claudia Roth persönlich ist keine Antisemitin, aber …

TE-Hauptstadtkorrespondent Mario Thurnes hat 2010 in Mainz zusammen mit Claudia Roth das jüdische Neujahrsfest Rosch Haschana gefeiert. Heute sagt er ihr: Wer als Kulturbeauftragte Antisemiten applaudiert, muss zurücktreten.

IMAGO / Future Image

Liebe Claudia. Ich sag mal Du, wir waren ja schließlich mal in der gleichen Partei und haben uns da geduzt. Aber keine Angst, das wird jetzt nicht so ein Wagner-Text nur mit Pro und Contra. Denn eins werde ich bis zum Ende meines Lebens verteidigen: die Behauptung, dass Du keine Antisemitin bist, Claudia. Als Mensch nicht.

Die antisemitischen Ausfälle der Claudia Roth

Als Politikerin hast Du jetzt aber derart oft antisemitische Ausfälle gehabt, dass es nicht mehr geht. Als Politkerin wäre es allmählich besser, Du wärst Antisemitin. Denn so wie Du in Kassel und in Berlin versagt hast, bist Du entweder Antisemitin oder … Das darf man in der Faeserrepublik Deutschland nicht schreiben. Da gilt es als staatswohlgefährdend, die Grünen zu kritisieren. Aber dass das nicht gut ist, was Du in Kassel an antisemitischer Hetze zugelassen hast, und zu welcher Hetze Du in Berlin applaudiert hast, das weißt Du doch selber. Also tritt zurück. Da steckt was Gutes in Dir. Ich weiß es. Das Gute muss Dich zum Rücktritt bewegen.

Wir haben 2010 in Mainz zusammen Rosch Haschana gefeiert. Ihr wart mit der Bundestagsfraktion zur Klausur im wahlkämpfenden Rheinland-Pfalz und habt abends im besoffenen Kopf beschlossen, am nächsten Morgen die neu gebaute Synagoge zu besuchen. Als ob das so einfach wäre, in deutsche Synagogen reinzukommen. Das war es schon sechs Jahre vor dem Breitscheidplatz nicht. Aber Grüne und Sinn für Realitäten … Geschenkt. Wie welcher Gott auch immer es wollte, fiel das Ganze obendrein noch auf Rosch Haschana, das jüdische Neujahrsfest, und die Vorsitzende der Gemeinde, Stella Schindler-Siegreich saß bereits im Festgottesdienst, als ich anrief, um die Besichtigung klar zu machen.

Um 11 Uhr standen wir draußen vor der Synagoge. Der Gottesdienst lief noch. Wir standen mit der Presse da – darunter die Bild samt Kameramann – und einer hochrangigen Vertretung der Grünen. Ich war der einzige, dem klar war, dass es nicht nur nicht sicher ist, ob wir reindürfen. Es wäre durchaus möglich und angemessen gewesen, wenn die Gemeinde die Polizei gerufen und damit einen Skandal aus der obersten Liga verursacht hätte.

Du hast das gespürt, Claudia. Du bist ein empathischer Mensch. Du hast eine Rede improvisiert und Dich darüber gefreut, vor diesem – tatsächlich – beeindruckenden Bau zu stehen. Du hast vorgebaut und gesagt, es wäre gar nicht schlimm, wenn wir draußen bleiben müssten. Renate Künast zog eine Schnute und meckerte, warum wir nicht einfach reingehen – Künast und Empathie. Künast und Weitsicht. Geschenkt.

Schindler-Siegreich kam raus und begrüßte Politiker und Presse: „Es freut mich, dass die Grünen MEINER Einladung gefolgt sind.“ Fünf Minuten vorher hatte sie davon noch nichts gewusst. Der Hausmeister – Stammgast in meiner Stammkneipe – hatte sie auf die Situation eingestimmt. Einmal mit Profis zusammenarbeiten. Einem Eins-A-PR-Termin stand nichts mehr im Weg.

Drinnen haben wir dann zusammen gegessen und Rosch Haschana gefeiert. Dazu gehört das gemeinsame Singen von Liedern. Cem Özdemir hat den Streber gespielt und mit seinem Wissen über den jüdischen Glauben angegeben. Aber Du, Claudia, hast mitgesungen und mitgewippt. Da warst Du ganz bei Dir. Wieder die alte Managerin von Rio I. Musik lügt nicht. Du hast Rosch Haschana mit jeder Spore Deines Körpers geliebt und gefeiert. Das war ehrlich. Das war nicht gestellt. Du bist keine Antisemitin.

Aber Du bist Politikerin. Und Du hast zweimal versagt. Bitterlich. Auf ganzer Linie. Wenn Du jetzt im Amt bleibst, muss man Dich Antisemitin nennen, muss Dir Vorsatz unterstellen. Schon, um Dich vor dem Vorwurf zu schützen, … zu sein. Thomas Haldenwang (CDU) mag uns eine Liste schicken, welche Adjektive im Zusammenhang mit Grünen noch zulässig sind. Als Menschen würde ich Dich immer verteidigen, Claudia. Aber politisch bist Du erledigt. Tritt zurück. Besser gestern als heute.

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