Auf der Pressekonferenz des 16.07.2020, die dem EZB-Rat folgte, hatte die Präsidentin der EZB wenig zu verkünden und noch weniger zu erzählen. So berichtete sie den digital anwesenden Journalisten, die allesamt durch höchst zahme Fragen auffielen, dass der EZB-Rat die gegenwärtige Zins- und Aufkaufpolitik fortsetze. Dabei war nicht nur das neue rosafarbene Kostüm auffällig, sondern die Ängstlichkeit der französischen Präsidentin, mit der sie sich an den vorgelegten Text des Einführungsreferates hielt. Diesmal wollte sie spontanen Äußerungen und ihrer Kontrolle durch ein kritisches Publikum offenbar nicht auf den Leim gehen.
Also hielt sie sich in peinlicher Abhängigkeit an das, was der EZB-Apparat ihr aufgeschrieben hatte. So entstand wirklich der Eindruck, dass sie nichts weiter tat, als den vorgefertigten Text den versammelten Journalisten vorzulesen. Welch ein Unterschied zu dem souveränen, unerschütterlichen Draghi!
Einzig in der Frage nach der Beachtung des Kapitalschlüssels bei der Durchführung der Aufkaufprogramme, der sich nach Wirtschaftskraft und Bevölkerungsgröße der Euro-Länder richtet, legte sie Wert auf die Feststellung, dass Flexibilität ein Kennzeichen des PEP-Programms sei und dies vom PSPP unterscheide. Ob und wann die Abweichungen vom Kapitalschlüssel wieder kompensiert werden könnten und sollten, ließ sie bewusst offen. Alles schien bestens vorbereitet. Dazu gehörte auch, dass nicht nur Anleihen von Italien sondern auch von Deutschland überproportional erworben wurden.
Die Begründung der anhaltenden Aufkaufpolitik mit einem Volumen, das alle bisherigen Rekorde sprengt, fiel im Übrigen sehr dürftig aus. Lagarde repetierte das, was sie in den vorangegangenen Konferenzen bereits heruntergespult hatte. Es ginge um die Belebung der völlig unangemessenen Inflation sowie um die Entstörung der Transmissionskanäle der Geldpolitik. Wer vermag solchen Allgemeinplätze, die seit Jahren aus dem Munde der EZB-Oberen zu hören sind, ohne dass sich die Inflation signifikant ändert, noch Glauben zu schenken?
Es ist ein Symptom des Verfalls der EZB, dass an ihrer Spitze eine Dame steht, die außer wechselnden Aufmachungen nichts zu bieten hat. Sie ist eigentlich noch weniger als eine Vorleserin. Bestenfalls eine Märchentante. Denn von Ökonomie im allgemeinen und Geldpolitik hat Madame Lagarde offenbar keinen Schimmer.